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Briten haben sich entschieden

Brexit - Die wichtigsten Fakten

Heute entscheiden die Briten darüber, ob ihr Land weiterhin Mitglied der Europäischen Union bleiben soll. Was bedeutet das eigentlich?

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Briten haben sich entschieden

Brexit - Die wichtigsten Fakten

Helle Aufregung in Europa und aller Welt: Großbritannien hat sich für den Ausstieg aus der Europäischen Union entschieden. Am Ende eines nächtlichen Wahlkrimis steht ein Sieg für die «Leave»-Kampagne.

Alles redet vom "Brexit - nichts wird mehr sein wie früher, wenn die Briten Europa verlassen..." So oder so ähnlich lesen wir das im Moment im Internet, in den Zeitungen. Unser RPR1.- Info-Kollege Jens Baumgart hat die wichtigsten Fakten zusammengetragen. 

Worüber wurde da eigentlich genau abgestimmt? 

Die Regierung in London muss jetzt zunächst einmal dem Europäischen Rat diese Entscheidung mitteilen, den Austritt offiziell beantragen. Und dann startet eine Frist von zwei Jahren in denen verhandelt werden soll, wie genau dieser Austritt abläuft, wie man in Zukunft weiter zusammenarbeitet. Also es ist nicht so, dass schon morgen früh Großbritannien aus der EU rausfliegt – das dauert alles ein bisschen länger.

Was versprechen sie sich vom "Brexit“?

Das sind zusammengefasst drei Punkte: Zunächst einmal, ganz allgemein, mehr Eigenständigkeit. Großbritannien, als ehemalige Weltmacht, hat immer schon ein bisschen Bauchschmerzen gehabt, was die EU angeht. Da reden einfach zu viele andere rein, zum Beispiel auch die Deutschen. Zweiter wichtiger Punkt: das Geld. Viele konservative Politiker in London sagen: „Wir zahlen mehr als wir rausholen“.  Stichwort Griechenland. Ob diese Rechnung so stimmt ist eine andere Frage. Der dritte Kritikpunkt: die offenen Grenzen, es gibt auf der Insel viel Zuwanderung aus anderen EU-Staaten und auch das finden viele Briten nicht gut.

Jetzt hören wir immer wieder: Wenn der Brexit kommt, ist das ne „Katastrophe“.  Warum eigentlich? Was wäre so schlimm daran – für uns in Rheinland-Pfalz?

Was das wirtschaftliche angeht, müssen wir erst einmal alles abwarten. Wie gesagt: Es gibt eine Übergangsfrist von zwei Jahren, in denen das alles neu ausgehandelt wird. Viel dramatischer ist meiner Meinung nach das politische Signal. Da sagt ein großes Land: Wir haben keine Lust mehr auf Europa, auf dieses Europa, das über Jahrzehnte mühevoll aufgebaut worden ist von Mitterrand, von Kohl und vielen anderen. Und dann käme dieser Brexit auch zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, denn im Moment sind sowieso alle ein bisschen zerstritten wegen der Flüchtlingskrise. Da fragt man sich: Wer ist der nächste, der keine Lust mehr hat? Wir wissen: Auch in anderen Ländern werden die europakritischen Stimmen lauter. Insofern ist das heute eine extrem wichtige Abstimmung.

Malu Dreyer zum Ausstieg der Briten aus der EU

Frau Dreyer, welche Folgen hätte der Brexit für die Firmen von der Südpfalz bis nach Köln?

Natürlich profitieren unsere Unternehmen auch von der Freizügigkeit, die innerhalb Europas herrscht. Das macht den wirtschaftlichen Handel und das Exportieren sehr viel einfacher. Deshalb wird man dann in einer Übergangszeit von zwei Jahren miteinander sprechen müssen, mit den Mitgliedsstaaten und dem – dann eben nicht mehr – Mitgliedsstaat Großbritannien, wie in Zukunft Handelsverhältnisse ausgestaltet werden können, ohne, dass die Unternehmen zu sehr leiden. Klar ist aber auch: Ein „ja“ oder ein „nein“ zum Ausstieg ist dann am Ende eben die Entscheidung. Sicherlich wird es schwieriger werden und es wird wieder Handelshemmnisse geben, die wir mit großem, großem Aufwand in den vergangenen Jahrzehnten abgeschafft haben.

Welche Branchen werden denn da ganz besonders betroffen?

Wir sind, gemessen an bundesdurchschnittlichen Beziehungen im wirtschaftlichen Bereich, unterdurchschnittlich hier in Rheinland-Pfalz mit Großbritannien verbunden. Aber natürlich, über die Branchen hinweg gibt es Handelsbeziehungen. Und insofern kann man das im Moment nicht festlegen auf eine Branche. Man müsste mit der Wirtschaft insgesamt erörtern: Wie geht es weiter?

Wäre Europa nach einem Brexit gescheitert?

So weit möchte ich nicht gehen. Aber klar ist schon, dass Europa dann swieder vor einer ganz, ganz neuen Situation stehe würde. Das ist sehr ernstzunehmen, den Großbritannien ist einer der ganz wichtzigen Partner in der Europäischen Union und die Mitgliedsstaaten müssten sehr schnell einen Weg finden, wie man sich im Sinne eines solidarischen, eines gemeinsamen Europas auf den Weg macht.  

Was für ein Signal ginge von einem Brexit aus?

Das wäre ganz sicher ein ganz großer Verlust fpr Europa, für den europäschen Gedanken und natürlich müssen wir dann auch im ganz normalen Leben miteinander und in unseren wirtschaftlichen Beziehungen negative Folgen befürchten. 

So reagiert die Öffentlichkeit im Netz nach der Entscheidung


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"Ich glaube, ich habe mir noch nie Magie mehr gewünscht..."

"Harry Potter"-Autorin J.K. Rowling


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"Die EU zu verlassen ist eine sehr traurige Entscheidung, die dem britischen Wohlstand und der europäischen Stabilität großen Schaden zufügen wird."

Richard Branson, britischer Unternehmer


"Nun, Millenials. Wir sind wirklich, wirklich am Arsch."

Sängerin Lily Allen


"Ich kann einfach nicht verstehen was in Großbritannien passiert. Es tut mir leid für die britische Jugend. Ich glaube, euch hat man heute hängen lassen."

Moderator James Corden

Brexit: Eine Entscheidung mit weitreichenden Konsequenzen


Politik

Mit einer Entscheidung für einen Austritt aus der EU, wird dadurch wohl auch die Einheit des Vereinigten Königreichs gefährdet, sagt der CDU-Europaabgeordnete David McAllister. "Wenn es eine knappe Mehrheit für den Austritt gäbe und die europafreundlichen Schotten dagegen stimmen, würde das in Schottland erneut die Debatte um die Unabhängigkeit auslösen", so der gebürtige Halbschotte in einem Gespräch mit der Osnabrücker Zeitung. Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon hatte bereits angekündigt, dass ein Brexit eine neue Abstimmung über die Unabhängigkeit Schottlands nach sich ziehen werde.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble warnt davor, dass ein EU-Austritt nach britischem Vorbild Schule machen könnte und so weitere EU-Mitgliedstaaten austreten. Dabei seien ihmzufolge eine weitere Integration in der EU und ein starkes Europa der einzige Weg, um die künftigen globalen Herausforderungen zu meistern.

Wirtschaft

Wirtschaftlich besonders schwer wären die Niederlande von einem Brexit betroffen: Als wichtigster Handelspartner kommen laut Wirtschaftsinstitut CPB Kosten in Höhe von bis zu zehn Milliarden Euro auf das Land zu. 20 Prozent niedriger fiele der Schaden aus, wenn Großbritannien mit den Niederlanden ein Freihandelsabkommen beschließen würde.

Auch für deutsche Unternehmen gehört Großbritannien zu den wichtigsten Exportmärkten. Ein EU-Austritt der Insel würde sich so auch auf dem deutschen Aktienmarkt bemerkbar machen.

Wie Donald Tusk in einem Interview mit der Bild-Zeitung sagt, würde die Neuordnung der Beziehungen zwischen Großbritannien und der Europäischen Union rund sieben Jahre dauern.

Gesellschaft

Als Volk mit traditioneller Wett-Tradition, geben die Briten auch in diesem Fall ihre Prognosen ab: Wenige Tage vor der Entscheidung sprachen die Quoten für einen Verbleib Großbritanniens in der EU. Ausschlaggebend wird jedoch die Wahlbeteiligung heute sein, denn die Umfragen sagen ein Kopf-an-Kopf-Rennen voraus..

Prominente machen die Bevölkerung mobil, versuchen sie zum Wählen zu motivieren. Darunter etwa die Band Coldplay und die Schauspielerin Emma Watson.

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Viele sprechen sich klar gegen einen Brexit aus. Ex-Fußball-Profi David Beckham erklärt unter anderem in einem langen Post auf Facebook: "Wir leben in einer dynamischen und verbundenen Welt, in der wir zusammen als Volk stark sind". "Baut Brücken, keine Mauern", postete Pop-Star Elton John etwa auf Instagram. 

Doch auch Befürworter des Brexit erheben klar ihre Stimmen: Michael Caine, zweifacher Oscar-Preisträger, kündigte bereits an, heute für den Brexit zu stimmen. Ihm will es auch Autor Julian Fellows gleich tun.

Kirche

Die großen Kirchen des Landes sprechen sich klar gegen einen Brexit aus. Jeder müsse für sich eine Entscheidung treffen - er selbst werde am 23. Juni jedoch für einen Verbleib stimmen, da ein Austritt dem Land wirtschaftlich schaden würde, sagt etwa Erzbischof Justin Welby, das Oberhaupt der anglikanischen Kirche von England. Ein Austritt würde das Land vor "komplexere Probleme stellen als ein Verbleib in der EU", warnt etwa der ranghöchste katholische Bischof der Insel, Kardinal Vincent Nichols von Westminster.

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Quelle: dpa, handelsblatt.de