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"Rassentrennung" in Essener Bus

Asylanten müssen hinten sitzen!

Zwei Tage lang sorgt ein denkwürdiges Sozial-Experiment in der Linie 160 für Aufregung. Mit schönem Ergebnis.

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Kein Sitzplatz für Ausländer in Essener Bus!

Es ist Nachmittag in Essen-Berghausen, der Bus der Linie 160 ist wie meist gerammelt voll. Alles völlig normal bis zu diesem Moment: Ein deutscher Mann fordert zwei schwarze Businsassen auf, den Platz freizugeben.

Der Grund: ein Aufkleber an der Scheibe des EVAG-Busses der besagt, dass diese Plätze nur für Besitzer eines Deutschen Personalausweises bestimmt sind.  Als die beiden Männer sich weigern hieß es: „Das ist hier ab jetzt Vorschrift!“
Asylanten sitzen im Bus ab sofort nur noch hinten, und zwar ganz hinten.

Interessant wird es, wenn man sich die Reaktionen der anderen Fahrgäste ansieht. Viele Frauen, die das Szenario live miterlebt haben, reagieren sofort. Eine Dame läuft direkt zum Fahrer „Was soll das denn?“ Andere sind komplett verwirrt, sagen aber nichts. Wieder andere sind fassungslos „Ist das hier versteckte Kamera, oder was?“

Ja! Zwei Tage lang hatte der WDR für ein Sozialexperiment, dass in seiner Anmutung sehr an die Rassentrennung in den USA erinnerte, die erst durch das Aufstreben der farbigen Bürgerrechtlerin Rosa Parks in den 1950er Jahren ein Ende fand.
Rosa hatte sich geweigert einen Sitzplatz für einen Weißen zu räumen und wurde deswegen 1955 in Alabama verhaftet.

Ein gewagtes Experiment mit schönem Ergebnis

Der Bus in Essen hatte einen Regisseur, sechs Schauspieler und jede Menge versteckte Kameras an Bord. Der Mann, der die afrikanischen Fahrgäste auffordert, den Sitz zu wechseln – alles nur eine Inszenierung.  Das gewagte Projekt, das Aufschluss darüber geben sollte, wie zivilcouragiert wir im Alltag sind, wurde wissenschaftlich begleitet von einem Institut für Konfliktforschung in Bielefeld.
Hintergrund ist eine neue Wissenssendung, die im August ausgestrahlt werden soll und sich mit dem Verhalten von „Unbeteiligten“ in unterschiedlichen Situationen beschäftigt.

Das Ergebnis des umstrittenen, aber wichtigen Experimentes ist beruhigend: bei  jedem inszenierten Durchgang haben zwar nicht alle, aber viele Menschen unterschiedlichen Alters aktiv in das Geschehen eingegriffen.  Eine wissenschaftliche Mitarbeiterin des Projektes ergänzt, dass es wissenschaftlich belegt ist, dass meist Frauen in solchen Situationen reagieren und couragiert Partei ergreifen für diskriminierte Minderheiten.  Bei dem WDR-Experiment hat sich das bestätigt.

Aber auch ein älterer Herr, der in diesem Bus saß, hat seine Meinung lautstark durch den ganzen Bus gerufen. Und zwar nicht das, was manch einer erwartet hätte. „„Ich bin Jahrgang 1935 und ich will nicht, dass das Braune System wiederkommt!“

Nein, das wollen wir nicht! Und finden es schön, dass zumindest die Essener ganz klar „nein“ sagen zu öffentlicher Diskriminierung.