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Bund und Länder ziehen Zügel wieder an

Die neuen Corona-Regeln im Überblick

„Vorsicht statt Leichtsinn“: Der Corona-Anstieg alarmiert nicht nur die Kanzlerin. Bund und Länder wollen einen erneuten Lockdown unbedingt verhindern. Das sind die neuen Regeln, auf die sie sich gestern geeinigt haben.

Steigende Infektionszahlen bereiten Sorgen

Bund und Länder ziehen angesichts anhaltend hoher Corona-Zahlen unmittelbar vor den Herbstferien die Zügel wieder an. Bund und Länder appellierten an die Bürger, nun besonders vorsichtig zu sein, auch weil in Herbst und Winter eine Grippesaison drohe. Merkel nannte die steigenden Infektionszahlen einen Grund zur Beunruhigung. Ein erneuter Shutdown müsse unbedingt verhindert werden - also ein weitgehendes Herunterfahren des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens wie im Frühjahr. Deshalb werde man regional und lokal zielgenau auf Ausbrüche reagieren.

Kinder und Wirtschaft haben Vorrang

Merkel erläuterte grundsätzlich, Deutschland sei gut durch den Sommer gekommen. Nun stehe aber mit dem Herbst und Winter eine „schwierigere Zeit“ bevor. Man könne sich dem aber entgegenstellen mit den richtigen Maßnahmen. Diese könnten nur durchgesetzt werden, wenn es die Bereitschaft der Bürger gebe, die Regeln zu befolgen. Vorrang habe es, die Wirtschaft so weit es gehe am Laufen zu halten und dass Kinder in Schulen und Kitas gehen könnten.

Folgende Beschlüsse wurden gefasst:

PRIVATE FEIERN:

Die vergangenen Wochen hätten gezeigt, dass gerade Feierlichkeiten im Familien- oder Freundeskreis Infektionen verbreiten könnten, heißt es im Beschlusspapier. Alle Bürger werden gebeten, in jedem Einzelfall kritisch abzuwägen, ob, wie und in welchem Umfang private Feiern notwendig und vertretbar seien.

Bei steigenden Infektionszahlen sollen Obergrenzen für die Teilnehmerzahl festgelegt werden. Das Ganze passiere dann in zwei Stufen: Wenn es in einem Landkreis binnen sieben Tagen mehr als 35 Neuinfektionen pro 100 000 Menschen gibt, sollen in öffentlichen oder angemieteten Räumen wie Gaststätten höchstens 50 Personen gemeinsam feiern dürfen. Für Partys in Privaträumen wird eine maximale Teilnehmerzahl von 25 Menschen „dringlich empfohlen“ - aber nicht verpflichtend festgeschrieben, wie es der Bund ursprünglich wollte.

Wenn es in einem Landkreis binnen sieben Tagen mehr als 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner gibt, sollen höchstens noch 25 Menschen in öffentlichen oder angemieteten Räumen feiern dürfen. Für Feiern in Privaträumen wird eine Obergrenze von zehn Teilnehmern „dringlich empfohlen“.

BUSSGELD BEI FALSCHANGABEN IN RESTAURANTS:

Viele haben die Corona-Besucherlisten in Restaurants bisher nicht ganz ernstgenommen - damit soll nun Schluss sein: Wer falsche persönliche Angaben beim Restaurantbesuch macht, dem soll ein Bußgeld von mindestens 50 Euro drohen.

In Schleswig-Holstein soll das sogar bis zu 1000 Euro kosten. Gastwirten, die falsche Angaben auf ihren Kontaktlisten dulden, drohte bereits zuvor ein Bußgeld in Höhe von mindestens 500 Euro. Merkel forderte Gaststättenbetreiber auf, besser zu kontrollieren: „Im Zweifelsfalle, also bei Donald Duck, ist die Sache ja nicht schwierig (...), aber im Zweifelsfalle muss man sich eben dann auch noch mal den Ausweis zeigen lassen oder Fahrerlaubnis oder was auch immer.“ Die Daten sind wichtig, denn sie werden zur Nachverfolgung möglicher Kontakte zu Infizierten gesammelt. Söder sagte, die Öffnung der Gastronomie basiere auf Vertrauen – wenn dieses missbraucht würde, wackle das gesamte System.

Einig waren sich alle: Wo die Infektionszahlen ansteigen, sollen regional «“zeitlich eingegrenzte Ausschankverbote für Alkohol“ erlassen werden - um Ansteckungen in der Gastronomie einzudämmen.

CORONA-AMPEL IN RLP:

Die rheinland-pfälzische Landesregierung hat einen dreistufigen Warn- und Aktionsplan zur Bekämpfung der Corona-Pandemie erarbeitet, der am Dienstag in Kraft getreten ist. Er sieht auf Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte die drei Warnstufen Gelb, Orange und Rot mit jeweils speziellen Regelungen und Einschränkungen vor, die bei Bedarf schrittweise gesteigert oder zurückgenommen werden können. Damit wollen Land und Kommunen regional flexibel auf mögliche Änderungen der Lage reagieren, gegebenenfalls sogar bezogen auf einzelne Gemeinden.

REISEN IN RISIKOGEBIETE:

Bund und Länder appellieren angesichts der beginnenden Herbstferien an Bürgerinnen und Bürger, Reisen in Risikogebiete zu unterlassen. In vielen europäischen Ländern sowie weltweit gibt es hohe Infektionszahlen, es gelten Reisewarnungen. Es soll aber Sonderregelungen etwa für notwendige Geschäftsreisen geben. Merkel sagte, derzeit sei Italien als Reiseland noch sicher, weil man dort „sehr vorsichtig“ sei.

FIEBERAMBULANZEN FÜR DIE HERBST- UND WINTERZEIT:

Angesichts steigender Corona-Infektionszahlen und der gleichzeitig zu erwartenden Grippewelle in der Herbst- und Winterzeit sollen die Möglichkeiten des Einsatzes von Fieber-Ambulanzen, Schwerpunktsprechstunden und Schwerpunktpraxen genutzt werden. Zugleich sollten sich gerade auch Risikogruppen vorsorglich gegen die saisonale Grippe impfen lassen.

AHA-FORMEL ERGÄNZT:

Gerade in der kalten Jahreszeit werden zu der gültigen „AHA“-Formel für Abstand halten, Hygiene und Alltagsmasken zwei weitere Buchstaben hinzugefügt: „C“ wie Corona-Warn-App und „L“ wie Lüften. „Regelmäßiges Stoßlüften in allen privaten und öffentlichen Räumen kann die Gefahr der Ansteckung erheblich verringern“.

Alle Maßnahmen und Erläuterungen im RPR1.Corona-Kompass

Quelle: dpa