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Zwischen Fürsorge, Angst und Kontrollzwang

Überwachung auf Schritt und Tritt: GPS-Tracker für Kinder sinnvoll?

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser! Das denken sich offenbar so manche Eltern und wollen lieber wissen, wo sich ihre Kinder aufhalten, wenn sie nicht zu Hause sind. Dank Smartwatch oder Smartphone und GPS-Tracking kein Problem mehr. Doch wie sinnvoll ist die Überwachung und ist es überhaupt erlaubt?

Fürsorge oder schon Kontrollzwang?

Besorgte Eltern greifen gerne zur Überwachungs-App, vor allem wenn das Kind eigentlich schon längst zu Hause sein sollte oder seinen Heimweg von der Schule täglich alleine bestreitet. Mit einem GPS-Tracker, der zum Beispiel in Kinderuhren oder Smartphones steckt, steht der Überwachung nichts mehr im Wege. Die Angst und der dauerhafte Kontrollzwang könnten dem Vertrauen jedoch schaden und die Kinder in ihrer Entwicklung hemmen. Zudem birgt die moderne Technik auch Gefahren. 

Wie funktioniert ein GPS-Tracker für Kinder?

Das Wort "GPS" steht für "Global Positioning System", also ein globales Navigationssatellitensystem. Die Signale der Satelliten ermöglichen es, Standorte exakt zu bestimmen. Die Technik steckt in Smartphones und Smartwatches - auch in Modellen für Kinder. GPS-Uhren enthalten einen Sender und per dazugehöriger App kann dieser lokalisiert und so der genaue Standort angezeigt werden. Eltern können damit sehen, wo sich ihre Kinder gerade befinden. Auch Gadgets wie Anhänger für den Schulranzen oder Schlüsselbund senden diese Daten an das Handy der Eltern, wodurch sie den aktuellen Aufenthaltsort abrufen können. Daneben können auch GPS-Apps zum Orten der Kinder verwendet werden. Hier lässt sich nicht nur der Standort feststellen, sie besitzen meist auch einen Alarmknopf sowie eine "Geo-Fencing"-Funktion. Damit können Eltern einen Bewegungsradius angeben. Betritt oder verlässt das Kind den markierten Bereich, bekommen die Eltern eine Mitteilung aufs Handy.

Risiken und Gefahren durch die Überwachung

Klar ist, dass die GPS-Funktionen die elterliche Kontrolle erhöhen. Doch was auf den ersten Blick nach Sicherheit klingt, birgt durchaus auch Gefahren und Risiken, vor allem in Hinblick auf Datenschutz. Die Daten, die durch den Tracker erzeugt werden, werden teilweise auf weltweit verteilten Servern gespeichert. Auch sind die Datenschutzhinweise der Anbieter oft unzureichend und schlichtweg unverständlich. Eltern haben oftmals keinen Überblick darüber, was genau mit diesen Daten passiert und wo sich diese befinden, erklären die IT-Experten des Portals "Dr.Datenschutz". 

Nicht nur Eltern könnten den Standort ihrer Kinder übermittelt bekommen, sondern auch Dritte. Eine Studie eines norwegischen Verbraucherverbandes hat laut "AOK Gesundheitsmagazin" herausgefunden, dass Fremde die Kontrolle über GPS-Tracker erlangen können und so Zugriff auf den Standort des Kindes erhalten oder diesen sogar manipulieren können. Zudem wurde aufgedeckt, dass die SOS-Funktion, die eigentlich Alarm schlagen soll, wenn das Kind einen vorher definierten Bewegungskreis verlässt, bei manchen Anbietern unzuverlässig ist. Bei einigen Trackern konnten Nutzerdaten sowie Benutzerkonto nicht mehr gelöscht werden. 

Übrigens: Geräte, die über ein eingebautes Mikrophon eine Abhörfunktion (oft als Babyphone oder Monitorfunktion bezeichnet) anbieten, sind von der Bundesnetzagentur verboten und rechtswidrig. Durch heimliches Abhören greifen diese Geräte nicht nur ungerechtfertigt in die Rechte des Kindes ein, sondern auch in die Rechte Dritter, wenn sich diese in der Nähe aufhalten und dadurch abgehört werden können. Dient die Technik nur der Ortung besteht kein Problem, da Eltern rein technisch gesehen, ihr eigenes Gerät tracken. 

Schadet die Nachverfolgung den Kindern?

Durch das GPS-Tracking können Eltern ihrer Fürsorge- und Aufsichtspflicht umfassender nachkommen und vorhandene Ängste können beruhigt werden. Dank des Trackers ist man stets darüber informiert, wo sich der Nachwuchs gerade aufhält und ob er von der täglichen Routine abweicht. Somit kann im Notfall schneller eingegriffen werden. Das alles kann zur Beruhigung beitragen. Die GPS-Überwachung bietet also auch ein Mehr an Sicherheit, aber auch an Kontrolle. Dennoch kann die Technik allein, auch nicht die totale Sicherheit garantieren. Die Tracker können zum Beispiel am Schulranzen einfach abgenommen werden, der Akku kann sich entladen oder das Gerät geht schlichtweg kaputt. An Orten mit schlechter Netzabdeckung kann auch ein Tracker kein Signal aussenden. Es besteht daher die Gefahr, dass sich Eltern in trügerische Sicherheit wägen. 

Vertrauen und Selbstkontrolle statt Kontrollzwang

Während sich die Hersteller solcher GPS-Tracker und Apps über die Nachfrage freuen, stehen Pädagogen der Überwachung skeptisch gegenüber. Durch den Einsatz von GPS-Trackern behindern überbesorgte Eltern ihre Kinder in ihrer Autonomie. Vielmehr sei es wichtig, gemeinsam sinnvolle Absprachen zu treffen, die das Unterwegssein der Kinder sinnvoll und verlässlich regeln. Vertrauen und Zutrauen sind wichtige Bausteine in der kinderlichen Entwicklung, denn eine vertrauensvolle Vorbereitung auf mögliche unsichere Situationen, ist besser als jede Technik, die auch mal versagen kann. Trauen Eltern ihren Kindern etwas zu und schenken ihnen Vertrauen, stärken sie damit ihre Persönlichkeit und ihre Selbstständigkeit - das ist der beste Schutz. Permanente Kontrolle wie das Tracken schwächen das Gefühl für Eigenverantwortung. Ein Kind, das ständig überwacht wird, kann kein Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen aufbauen. 

Regeln für mehr Vertrauen und Selbstständigkeit:

  • Kinder Zutrauen und Vertrauen schenken
  • angemessene Freiräume geben
  • klare Absprachen treffen: genaue Uhrzeiten und Orte festlegen
  • kein heimliches Tracking: Kein Kind darf ohne sein Wissen per GPS überwacht werden.
  • Tracking nur, wenn es um die Sicherheit des Kindes geht (in gefährlichen Situationen), keine allumfassende und ständige Überwachung

Ist die Überwachung legal?

Grundsätzlich gilt, wer sein Kind per GPS-Tracking überwachen möchte, begeht keine Straftat, wenn das Kind minderjährig ist. GPS-Tracker verstoßen laut Bundesnetzagentur nicht gegen das Telekommunikationsgesetz, wenn diese ausschließlich zur Ortung verwendet werden. Aus juristischer Sicht jedoch, besteht hier eine Grauzone, da auch das Kind ein Recht auf informationelle Selbstbestimmung hat - egal wie jung es ist, heißt es laut dem Internetportal "leben & erziehen". Während die Überwachung von volljährigen Menschen gesetzlich verboten, ist dies bei Kindern jedoch nicht der Fall. Rechtlich gesehen würden Eltern, die eine GPS-Tracking-App nutzen, nur ihr eigenes Gerät überwachen, da sie es erworben haben und es somit ihnen gehört. Die Zustimmung des Kindes ist in diesem Falle nicht erforderlich.

Aus pädagogischer Sicht muss die kindliche Privatsphäre beachtet werden, denn hinter der virtuellen Überwachung steckt oftmals eine Urangst bei den Eltern sowie ein mangelndes Vertrauen dem Kind gegenüber. Kinder, denen kein Vertrauen entgegengebracht werden, spüren dies, was zu großer Verunsicherung führen kann. Zudem sollte, egal wie alt ein Kind ist, die Privatsphäre beachtet werden. Eltern sollten ihren Nachwuchs miteinbeziehen und die Beweggründe sowie Vorteile des Tracking besprechen. 

Quelle: AOK Gesundheitsmagazin, Dr. Datenschutz, leben & erziehen