Warum viele bestattete Tote inzwischen nicht mehr verwesen
Zahlreiche Friedhöfe kämpfen inzwischen mit einem Problem, dass vielen gar kein Begriff ist: Die sogenannten „Wachsleichen“.
Zahlreiche Friedhöfe kämpfen inzwischen mit einem Problem, dass vielen gar kein Begriff ist: Die sogenannten „Wachsleichen“.
Nicht selten machen Mitarbeiter von Friedhöfen grausige Funde: Sie wollen neue Gräber ausheben und stoßen auf nicht vollständig verweste Tote! Tatsächlich handelt es sich dabei um ein Phänomen, das inzwischen immer häufiger auftritt. Viele Leichen auf Deutschlands 32.000 traditionellen Friedhöfen zersetzen sich während der 15- bis 35-jährigen Ruhezeit nicht mehr richtig, wie die Welt berichtet.
Experten sprechen bei dem Phänomen von sogenannten „Wachsleichen“. „Es gibt kaum noch einen Friedhof in Deutschland, der nicht zumindest mit Teilflächen davon betroffen ist“, so Tade Spranger, Biorechtsexperte aus Bonn gegenüber der Zeitung.
Doch wie kommt es überhaupt zur „Nicht-Verwesung“? Der frühere Bestatter und Publizist Peter Wilhelm erklärt im Welt-Interview den Vorgang: Die Hautfette des Verstorbenen würden sich in Leichenlipide (Leichenwachs) umwandeln, die sich wiederum im Gewebe einlagern. „Es entsteht eine weiße, krümelige, an Wachs erinnernde Substanz auf der Haut der Leiche, die die weitere Verwesung unter Umständen vollständig verhindert.“
Zu feuchte und lehmige Böden sind unter anderem ein Grund für das Phänomen. „Sie konservieren Leichen so, dass noch nach Jahren die Gesichtszüge zu erkennen sind“, sagt Spranger. Darüber hinaus führen auch vom Verwesen ermüdete Erde, Kunstfaserkleidung und Antibiotika sowie undurchlässige moderne Särge zur zunehmenden Zahl von Wachsleichen, heißt es im Welt-Artikel.
Oft würden laut Biorechtsexperten Spranger nach dem Fund einer Wachsleiche „betroffene Grabstätten (…) schlicht wieder zugemacht – mit der Folge, dass eine echte Problemlösung vertagt wird“. Denn eines sei klar: Die Sanierungen von Friedhofsflächen und die Behandlungen von Wachsleichen kosten Geld.
Manche Friedhöfe haben bereits auf das Problem reagiert und die Ruhefrist von 20 auf 25 beziehungsweise 30 Jahre erhöht. Einige haben Bodenplatten an Gräbern verboten, damit die „Durchlüftung“ besser ist.
Experten fordern zudem eine Neuregelung der Grabestiefe, sodass die Särge nicht mehr ausschließlich rund 2 Meter tief gelagert werden. Wegen Seuchengefahr habe man früher auf den Leitsatz „Je tiefer, desto besser“ gesetzt, so Michael Albrecht vom Verband der Friedhofsverwalter Deutschlands in Hannover gegenüber Welt. Er fordert nun ein Umdenken – hin zum „flacher beerdigen“.
Auch Angehörige könnten laut dem Welt-Artikel einfache Tipps beachten: Iris Zimmermann vom Kieler Uni-Institut für Pflanzenernährung und Bodenkunde rät, den aufgeschütteten Grabboden nicht festzutreten. Es sei sinnvoll, tief wurzelnde Sträucher und Stauden zu pflanzen, weil sie dem Boden mehr Wasser entzögen. Zu viel Gießen würde zudem das Auftreten von Wachsleichen begünstigen und sollte nicht praktiziert werden.
Quelle: Welt