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Mitten in saarländischem Gewerbegebiet

Löwen überwintern in Gittergehege: Tierschützer schlagen Alarm

In einem Gewerbegebiet im saarländischen Blieskastel hat ein Dompteur mehrere Löwen in einem Container mit Gittergehege untergebracht. Tierschützer sind entsetzt und auch die zuständigen Behörden beschäftigt der Fall.

Löwen werden zur Attraktion im Gewerbegebiet

Ist es artgerecht, wenn mehrere Löwen im Winter in einem Container mit Freilauf in einem Gewerbegebiet untergebracht sind? Um diese Frage drehen sich derzeit Diskussionen von Tierschützern und Behörden im Saarland.

Auf einem freien Gelände unmittelbar neben einer  Straße in Blieskastel ist ein Gittergehege an einen Sattelschlepper mit Containern aufgebaut. Darin befinden sich fünf afrikanische Löwen. Sie gehören zu einem Raubtier-Dompteur, der hier seine Winterpause überbrückt bis er im März mit den Wildkatzen wieder auf Tour sein wird.

Die Löwen sind inzwischen zur echten Attraktion geworden. Immer wieder halten Autofahrer an, oder es kommen Passanten vorbei, um die Tiere aus der Nähe zu bestaunen und zu fotografieren.

„Die ganze Misere der Wildtierhaltung in Wanderzirkussen“

„Ich mag Katzen, deshalb bin ich hier“, sagt ein Saarländer. Doch als er sich einen der Löwen etwas genauer ansieht, wird er nachdenklich. „Sieht nicht gut aus“, meint er beim Blick auf mehrere Wunden an dessen Kopf. „Fragt sich auch, ob das hier so die richtige Umgebung für die ist.“

Die Tierschutzorganisation „Pro Wildlife“  hat darauf eine klare Antwort: „Was wir sahen, war noch schlimmer als befürchtet“, berichtet Biologin Sandra Altherr. Der Fall zeige „die ganze Misere der Wildtierhaltung in Wanderzirkussen“. Denn gerade jetzt in den kalten Wintermonaten sei die Unterbringung von afrikanischen Raubkatzen alles andere als artgerecht.

Tierschützer zeigen sich entsetzt

Bei dem Besuch der Tierschützer aus München in Blieskastel herrschten Temperaturen um den Gefrierpunkt. Keiner der fünf Löwen sei in der ohnehin nur sehr kleinen Außenanlage zu sehen gewesen. „Stattdessen waren alle Tiere in der linken Hälfte eines Sattelanhängers untergebracht.  Oder besser gesagt: eingepfercht. Im Dunkeln. Zum Nichtstun verdammt“, kritisiert Altherr.

Marcel Frank, Junior-Chef beim Circus Carl Althoff, widerspricht den Vorwürfen von „Pro Wildlife“ jedoch klar. Tatsache sei, dass die Löwen  schon in Europa aufgewachsen und an die Temperaturen gewöhnt seien. Zudem hätten die Tiere einen beheizten Fußboden und Deckenlampen mit Rotlicht und könnten selbst entscheiden, ob sie in das Gehege wollen oder nicht. Für den italienischen Dompteur habe sich der Zirkus ganz bewusst entschieden, weil er einen besonderen Umgang mit den Löwen habe. Auch beim Publikum sei das Raubtier-Programm bisher gut angekommen, deshalb habe man den Dompteur nun erneut verpflichtet. „Und es hätte sich nicht gelohnt, dass er für die sechs Wochen Pause zurück nach Italien fährt“, so Frank.

„Nicht mehr zeitgemäß und icht tierschutzkonform“

Bereits beim Saarbrücker Weihnachtscircus hatte das Landesamt für Verbraucherschutz (LAV) die Tiere kontrolliert. Nach einer Anzeige stattete es im Januar auch dem Gehege in Blieskastel unangemeldet einen Besuch ab. „Die Löwen zeigten sich in einem guten Ernährungs-und Pflegezustand“, berichtete Damian Müller, Sprecher des Ministeriums für Umwelt- und Verbraucherschutz. Laut LAV wird mit ihnen offensichtlich regelmäßig gearbeitet. Die Haltung der Zirkustiere sei nicht zu beanstanden.

Allerdings betont Müller, dass die saarländische Landesregierung, allen voran Umweltminister Reinhold Jost (SPD), die Haltung von Wildtieren in Zirkusbetrieben grundsätzlich „als nicht mehr zeitgemäß und als nicht tierschutzkonform“ ansehe.

Die Tierschutzorganisation Pro Wildlife lässt bei dem Fall in Blieskastel nicht locker: Sie sammelt jetzt Unterschriften für eine Petition, um ein Wildtierverbot in Zirkussen zu erreichen. Denn der Fall aus dem Saarland, so betont Sandra Altherr, „zeigt wieder einmal: Die bestehenden Regelungen für Zirkusse sind unzureichend und werden zudem von den Veterinärbehörden oft nicht umgesetzt.“

Quelle: dpa