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Schnupfennase und Verspannungen

Kann man von Zugluft krank werden?

Lüften, lüften, lüften - das kennen wir alle, denn im Kampf gegen das Coronavirus steht es auf der Tagesordnung. Doch viele reagieren empfindlicher auf den Durchzug als andere und sind besorgt davon krank zu werden. Birgt die Zugluft tatsächlich ein Krankheitsrisiko?

Windchill-Effekt führt zu Schnupfennase 

Während es viele genießen am offenen Fenster zu sitzen und die frische Luft zu atmen, empfinden es andere wiederum als sehr unangenehm und befürchten sogar davon eine Schnupfennase zu bekommen. Doch so viel sei bereits verraten, die Zugluft allein macht uns nicht krank! Dennoch hat der Luftstrom, der durch den Raum zieht, Auswirkungen auf unseren Körper. Auf und unter unserer Haut geschehen Dinge, die im Endeffekt dann doch zu einer Schnupfnase oder gar zu einem steifen Nacken führen können. Man spricht hier vom sogenannten Windchill-Effekt. Das ist der Unterschied zwischen der gemessenen und der gefühlten Temperatur, der sich aus der Windgeschwindigkeit ergibt. Zu Deutsch: Windkühle oder Windfrösteln. 

Schweiß verstärkt Windfrösteln

Steht man nun in einer windgeschützten Ecke, bildet sich laut HNO-Arzt und Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Thomas Deitmer, eine kleine Wärmeschicht um den Körper. Diese Wärmeschicht hat den gleichen Effekt wie ein Neoprenanzug, sie schützt ihn vor dem Auskühlen.

Steht man nun aber an einer ungeschützten Stelle des Raums und somit im Wind, dann wird die warme Luft, die sich um den Körper befindet, ständig ausgewechselt. Das hat zur Folge, dass man zu frieren beginnt. Der Effekt verstärkt sich noch, wenn die Haut feucht ist, zum Beispiel durch Schweiß. Man spricht hier von der sogenannten Verdunstungskälte. Kühlt die Körperoberfläche nun aus, werden tiefer gelegene Körperregionen schlechter durchblutet. Dies hat auch Auswirkungen auf die Rachenschleimhaut, erklärt der HNO-Arzt. 

Kühlungseffekt mit Folgen

Besonders im Sommer ist die Verdunstungskälte ein Problem. Man schwitzt und stellt sich dann vor den Ventilator oder vor die Klimaanlage oder kurbelt im Auto die Fenster herunter. Die kühle Luft wird über die warme und oft feuchte Haut geblasen. Was sich zwar im ersten Moment gut anfühlt, kann aber zu Verspannungen im Nacken führen, weiß Michael Deeg vom Deutschen Berufsverband der HNO-Ärzte. Unser Körper versucht stets die Temperaturunterschiede auszugleichen und genau hier liegt auch das Problem. "Auf unserer Hautoberfläche gibt es Rezeptoren, die unsere Hauttemperatur messen", erklärt der Facharzt. "Das Problem gerade bei geringem Luftzug ist, dass auch der Temperaturunterschied sehr gering ist und die Thermorezeptoren das nicht genügend wahrnehmen." Es tritt zwar ein Kühlungseffekt ein, doch der Körper reagiert nicht darauf. Die Folge: Die Blutgefäße im Nackenbereich ziehen sich zusammen und die Muskeln darunter verspannen sich. 

Zugluft lässt Schleimhäute austrocknen

Die Schleimhäute in Nase und Rachen können durch die Zugluft austrocknen und büßen dadurch einen Teil ihrer Infektions- und Immunabwehr ein. Erkältungsviren haben dann leichtes Spiel. Wer jedoch gesund ist, wird nicht zwangsläufig krank. Kleiner Tipp: Vor dem Lüften einen Schal um den Hals binden und eine Mütze tragen. 

Gut geschützt zu jeder Jahreszeit

Damit uns die Zugluft nicht zusetzt, sollte man in der wärmeren Jahreszeit darauf achten, dass Ventilatoren oder Klimageräte nur kurze Zeit laufen und man ausreichend Abstand dazu hat. Nach dem Schwimmen am besten die nassen Badesachen ausziehen, damit die Verdunstungskälte den Körper nicht auskühlt. Im Auto gilt, auch wenn man schwitzt, Fenster möglichst geschlossen halten und die Lüftung nicht direkt auf den Körper stellen. 

Und in der kälteren Jahreszeit? Gegen Stoßlüften ist nichts einzuwenden, wenn man eine gesunde Immunabwehr besitzt. Im Gegenteil, der Austausch von verbrauchter Luft ist unverzichtbar. Schnell eine Jacke überwerfen, so steht dem Lüften nichts im Wege.  

Quelle: dpa, T-Online