Eingehender Anruf auf Smartphone
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Eingehender Anruf auf Smartphone
Grenze zwischen Arbeit und Freizeit

Muss ich nach der Arbeit auch noch erreichbar sein?

Eine ständige Erreichbarkeit, egal ob per Handy oder Mail, erhöht für Angestellte die Belastung. Doch müssen wir wirklich rund um die Uhr erreichbar sein?

Ständige Erreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeiten

Mal eben schnell die E-Mail vom Kollegen beantworten oder den Anruf vom Chef entgegennehmen: die ständige Erreichbarkeit schafft zwar Flexibilität für Arbeitnehmer, kann aber auch schnell zur Belastung werden. Immer mehr Beschäftigte geben laut T-online an, auch außerhalb ihrer regulären Arbeitszeit für Kunden, Kollegen und Vorgesetzten erreichbar zu sein. Aber: Muss man überhaupt - auch in der Freizeit oder im Urlaub - für Kollegen und den Chef rund um die Uhr erreichbar sein? Darf der Chef das überhaupt verlangen?

Nach Feierabend: Du musst nicht ans Telefon gehen!

Wann Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eingesetzt werden dürfen, ist im Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) geregelt. Hiernach darf maximal acht Stunden am Tag gearbeitet werden, außer am Sonntag und damit höchstens 48 Stunden pro Woche. Im Höchstfall darf auf zehn Arbeitsstunden pro Tag erhöht werden, wenn im halbjährlichen Durchschnitt oder von 24 Wochen nicht mehr als acht Stunden pro Tag gearbeitet wurde. 

Laut Gesetz soll ebenfalls eine Ruhezeit von mindestens elf Stunden nach Arbeitsende eingehalten werden. Während dieser Ruhezeit muss man "nichts ans Handy" gehen, wenn die Kollegen oder der Chef anruft. Jedoch kann das bei bestimmten Berufsgruppe anders geregelt sein, wie etwa bei Krankenschwestern, Gastronomen oder Pflegepersonal. Ein Blick in den Arbeitsvertrag hilft, herauszufinden, ob dort etwas zur Erreichbarkeit nach Feierabend vereinbart wurde.

Grundsätzlich gilt also: Niemand ist zu einer Rund-um-die-Uhr-Erreichbarkeit verpflichtet!

Anrufe nach Feierabend sowie im Urlaub müssen nicht angenommen werden, so Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin gegenüber impulse.de. Eine entsprechende Klausel im Arbeitsvertrag, die das von Mitarbeitern fordert, sei unwirksam, erklärt der Anwalt.

Eine Ausnahme: Führungskräfte und Bereitschaftsdienst

Die Frage der Erreichbarkeit nach Feierabend hängt aber davon ab, welche Position man im Unternehmen innehat. Von Angestellte mit einem hohen Verantwortungsbereich könne man durchaus auch nach Dienstschluss eine Erreichbarkeit erwarten. Des Weiteren ist die Sachlage auch bei Bereitschaftsdiensten klar: Hier ist die Erreichbarkeit Pflicht. Diese Dienste werden aber auch vergütet und gelten als Arbeitszeit, sagt Bredereck.

Gerichtsurteil für Ruhepause

Während der Freizeit müssen Nachrichten vom Chef auf dem Handy oder E-Mails nicht gelesen oder darauf reagiert werden - auch nicht, wenn man als Springer eingeteilt ist. Das hat ein Urteil des Landesarbeitsgerichtes Schleswig-Holstein ergeben, nachdem ein Notfallsanitäter geklagt hatte.  

Der Fall vor Gericht

Wie die "Zeit" berichtet, habe es bei der Arbeitsstelle eines Notfallsanitäters kurzfristige Dienstplanänderungen gegeben. Der Angestellte war jedoch in zwei Fällen telefonisch und per SMS sowie per Mail nicht erreichbar. Er sei zu seinen regulär geplanten Terminen erschienen und habe für „unentschuldigtes Fehlen“ eine Ermahnung und schließlich eine Abmahnung erhalten.

Der Notfallsanitäter zog vor Gericht, scheiterte jedoch am Arbeitsgericht. Er ging in Berufung und das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein gab ihm schließlich recht. Der Arbeitnehmer muss in seiner Freizeit keine E-Mails oder geschäftliche Nachrichten lesen und der Arbeitgeber müsse laut Urteil damit rechnen, dass seine Nachrichten erst mit Beginn des Dienstes zur Kenntnis genommen werden. 

Erreichbarkeit im Urlaub?

Auch hier gilt grundsätzlich, dass der Arbeitgeber nicht von seinen Mitarbeitern im Urlaub erwarten darf, erreichbar zu sein. Der Urlaub soll schließlich zur Erholung genutzt werden. Laut Bundesarbeitsgericht darf der Arbeitgeber nur bei „zwingenden Notwendigkeiten, welche einen anderen Ausweg nicht zulassen“ anrufen (Az. 9 AZR – 405/99). Personelle Engpässe im Betrieb sind zum Beispiel kein triftiger Grund, es müsse schon um eine Art Existenzbedrohung gehen, die nur durch den Arbeitnehmer abgewendet werden könne. 

Quelle: Zeit, Merkur, T-Online