Rettungskräfte sind nach einem russischen Raketenangriff in der Region Kiew an einem beschädigten Gebäude im Einsatz.
Uncredited/Ukrainian Emergency Service/AP
Rettungskräfte sind nach einem russischen Raketenangriff in der Region Kiew an einem beschädigten Gebäude im Einsatz.
Russische Invasion

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Fast jede Nacht beschießt Russland die Ukraine mit Drohnen und Raketen. Oft ist die Stromversorgung das Ziel. Nach neuen Treffern ruft ein Minister in Kiew zum Energiesparen auf. Die News im Überblick.

Russland hat nach Kiewer Angaben das Energiesystem der Ukraine erneut massiv aus der Luft beschossen. In der Nacht seien Anlagen zur Stromerzeugung oder Stromverteilung in sechs Regionen angegriffen worden, teilte Energieminister Herman Haluschtschenko auf Facebook mit.

Er nannte die Regionen Poltawa, Kirowohrad, Lwiw, Iwano-Frankiwsk, Winnyzja und den ukrainisch kontrollierten Teil des Gebietes Saporischschja. Das gleichnamige Atomkraftwerk Saporischschja liegt im russisch besetzten Teil außerhalb der Zielgebiete des Bombardements.

Techniker arbeiteten bereits daran, die Schäden zu beheben, schrieb der Minister. «Der Feind möchte uns die Fähigkeit nehmen, Strom in ausreichender Menge zu erzeugen und zu übertragen.» Haluschtschenko rief die Bevölkerung zum Stromsparen auf, das sei ein «Beitrag zum Sieg».

Der große private Stromproduzent DTEK berichtete von Treffern auf drei seiner Kraftwerke, ohne die Orte zu nennen. «Die Anlagen wurden schwer beschädigt», teilte das Unternehmen auf Telegram mit. Es sei binnen anderthalb Monaten der fünfte derartig massive russische Angriff gewesen.

Der nächtliche Luftalarm in weiten Teilen der Ukraine begann, als 21 russische Kampfdrohnen im Anflug waren. Außerdem kamen nach Zählung der ukrainischen Luftwaffe 45 Raketen und Marschflugkörper verschiedener Typen zum Einsatz. Auch Kiew war demnach ein Ziel. Später hieß es von der Militärkommandantur, alle Flugkörper seien vor der Hauptstadt abgefangen worden. Im Vorort Browary geriet ein nicht näher bezeichnetes Objekt der zivilen Infrastruktur in Brand, wie Bürgermeister Ihor Saposchko mitteilte. Ein Mann und eine Frau seien verletzt worden.

Hyperschallrakete Kinschal abgefeuert

Auf den Westen der Ukraine wurde nach Luftwaffenangaben eine Hyperschallrakete Kinschal abgefeuert. Dort wurde nach örtlichen Angaben ein Objekt der Gasversorgung bei der Stadt Stryj beschädigt. Insgesamt sei es gelungen, 39 Raketen und 20 Drohnen abzufangen, teilte die Luftwaffe mit.

Russland beschießt in seinem seit mehr als zwei Jahren währenden Angriffskrieg fast jede Nacht Ziele im ukrainischen Hinterland. Dabei versucht Moskau, nicht nur militärische Ziele zu treffen, sondern auch das Energiesystem der Ukraine auszuschalten. Auch rein zivile Ziele werden immer wieder getroffen.

Selenskyj wirbt für Friedensgipfel im Juni

Die ukrainische Führung wirbt für eine breite Unterstützung des nahenden Friedensgipfels in der Schweiz. Der für den 15. und 16. Juni in der Nähe von Luzern geplante Gipfel «kann und soll den Wert internationaler Zusammenarbeit demonstrieren», sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache.

Bei der Konferenz sollen früheren Angaben zufolge bis zu 80 Staaten vertreten sein und Friedensperspektiven für die Ukraine diskutieren. «Während Moskau den Begriff «Multipolarität» nur heuchlerisch verwendet, um seine Versuche, das Leben anderer Nationen zu kontrollieren, zu verstecken, schaffen wir ein Instrument echter Multipolarität», sagte Selenskyj.

Russlands Präsident Wladimir Putin, der gestern in Moskau den Eid für seine fünfte Amtszeit abgelegt hatte, wirbt immer wieder für die Errichtung einer sogenannten multipolaren Weltordnung anstelle einer angeblichen US-amerikanischen Vorherrschaft. Kritiker weisen jedoch darauf hin, dass Putin offensichtlich keine echte Multipolarität anstrebt, sondern die Unterdrückung von Nachbarstaaten.

London: Russland verbessert Marschflugkörper

Russland hat seine luftgestützten Marschflugkörper im Einsatz gegen die Ukraine nach britischer Einschätzung verbessert. Die Durchschlagskraft sei erhöht worden, indem die Ch-101 (Nato-Code AS-23 Kodiak) auch mit einem zweiten Sprengkopf ausgestattet werde, teilte das britische Verteidigungsministerium mit. Zwar habe diese Modifikation die Reichweite wahrscheinlich um die Hälfte reduziert. Allerdings sei nicht die volle Reichweite nötig, um Ziele in der gesamten Ukraine zu treffen.

«Der zweite Sprengkopf ist für eine erhöhte Splitterwirkung am Ziel ausgelegt», hieß es in London. Dies mache das System wahrscheinlich effektiver. Russland versuche seit Kriegsbeginn, seine Systeme und Taktiken zu modifizieren. Ziele seien, die Überlebenschancen der Marschflugkörper zu erhöhen, da viele Raketen von ukrainischen Flugabwehrsystemen abgefangen worden seien, sowie eine größere Wirkung zu erzielen. Zudem würden ältere Raketen eingesetzt, da modernere System erschöpft seien.

Auch Belarus übt Einsatz taktischer Atomwaffen

Nach der russischen Ankündigung von Manövern der Atomstreitkräfte testet auch der verbündete Nachbar Belarus die Einsatzfähigkeit seiner nuklear bewaffneten Truppen. Staatschef Alexander Lukaschenko habe ein unangekündigtes Manöver mit Soldaten und Trägerwaffen befohlen, sagte der belarussische Verteidigungsminister Viktor Chrenin in Minsk. Belarus ist zwar nicht selbst Atommacht, auf seinem Territorium sind aber seit Ende vergangenen Jahres taktische Atomwaffen aus Russland stationiert.

Pentagon nennt Details zu in Russland inhaftiertem US-Soldaten

Das Pentagon hat derweil neue Details zu dem in Russland festgenommenen US-Soldaten veröffentlicht. Eine Sprecherin der U.S. Army teilte mit, der Soldat habe seinen Dienst in Südkorea am 10. April beendet. Anstatt aber in die Vereinigten Staaten zurückzukehren, sei er «aus persönlichen Gründen» über China in die russische Hafenstadt Wladiwostok am Pazifik gereist. Er habe für seine Reise keine offizielle Genehmigung durch das US-Verteidigungsministerium beantragt.

Am Freitag habe das russische Innenministerium die US-Botschaft in Moskau darüber informiert, dass der US-Soldat am Tag zuvor «wegen Diebstahls von persönlichem Eigentum» festgenommen worden sei. Er befinde sich nun in Untersuchungshaft. Die Inhaftierung von US-Bürgern in Russland zieht in den meisten Fällen komplizierte Verhandlungen zwischen Moskau und Washington über eine Freilassung oder einen Austausch von Gefangenen nach sich.

Polens Grenzschutz nimmt russischen Soldaten an Grenze zu Belarus fest

Polnische Grenzschützer haben im Grenzgebiet zu Belarus einen desertierten russischen Soldaten festgenommen. Der 41-Jährige habe gemeinsam mit einer Gruppe von Migranten die belarussisch-polnische Grenze unerlaubt überquert und sei auf polnischem Gebiet gefasst worden, teilte eine Sprecherin der Behörde mit. Die Grenzer fanden bei ihm Papiere der russischen Armee, aus denen hervorgeht, dass er zuletzt in der Ukraine im Einsatz war. Wie der Radiosender Rmf.fm berichtete, soll der Soldat unbewaffnet gewesen sein und sich in Zivilkleidung unter die Migranten gemischt haben. Er blieb zunächst im Gewahrsam des Grenzschutzes und wurde verhört.

Litauen offen für Ausbildungseinsätze von Soldaten in Ukraine

Litauen steht einem Einsatz von Bodentruppen in der Ukraine im Rahmen von Ausbildungseinsätzen für ukrainische Soldaten weiterhin offen gegenüber. Ministerpräsidentin Ingrida Simonyte bekräftigte am Mittwoch, dass die Regierung des baltischen EU- und Nato-Landes bereit sei, Soldaten zu Trainingsmissionen in das von Russland angegriffene Land zu entsenden. Sie habe dazu eine parlamentarische Erlaubnis, Kiew habe danach jedoch noch nicht gefragt, sagte Simonyte der «Financial Times».

Litauen gehört zu den entschlossensten Unterstützern der Ukraine, die sich seit mehr als zwei Jahren gegen einen russischen Angriffskrieg verteidigt. Der Baltenstaat hatte sich zuvor bereits aufgeschlossen zu den Gedankenspielen von Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron über den Einsatz von westlichen Bodentruppen in der Ukraine geäußert. Andere westliche Staaten - darunter Deutschland - weisen den Vorstoß dagegen zurück.

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