Bayern-Trainer Thomas Tuchel zeigt sich auch selbstkritisch.
Daniel Löb/dpa
Bayern-Trainer Thomas Tuchel zeigt sich auch selbstkritisch.
Bundesliga

Starke Bayern-Antwort Pflicht: Tuchels «Gretchenfrage»

Ein Fußball-Meister Bayer Leverkusen ist auch in München keine Illusion mehr. Thomas Tuchel muss gegen Union Berlin Antworten liefern auf den Bremen-Flop. Was braucht es dafür? Goretzka? Müller?

Auf die Antwort seines Star-Ensembles auf den krassen Aussetzer gegen Werder Bremen ist auch Thomas Tuchel gespannt. Jedenfalls will der Trainer am Mittwoch (20.30 Uhr/Sky) in der Allianz Arena wieder Fußballer im Trikot des FC Bayern erleben, die im Bundesliga-Nachholspiel gegen den Abstiegskandidaten Union Berlin «Leidenschaft, Biss, Gier, Zweikampfverhalten, Hunger, Verbissenheit, Enthusiasmus» ausleben.

«Das bleiben die Grundtugenden und die Basis für jedes gute Fußballspiel. Die müssen ganz klar zu erkennen sein», sagte Tuchel und mahnte: «Der Schalter wird nicht einfach umgelegt.»

Er muss jedoch dringend umgelegt werden, sonst wird es auch für Tuchel stürmisch im Münchner Winter. Schöner Fußball. Erfolgreicher Fußball. Und Titel. Das sind die Maßstäbe, an denen die Bayern-Bosse noch jeden Trainer gemessen und schließlich bewertet haben.

Vernichtendes Urteil

«Langweiliger Fußball» - dieses vernichtende Urteil von Vorstandschef Jan-Christian Dreesen nach dem 0:1 gegen Bremen hat auch Tuchel vernommen. «Dass Jan seine Meinung sagt, mit der er auch noch recht hat, ist auch kein Problem», befand Tuchel.

Dauerhaft wollen die Bayern-Entscheider nicht die Rücklichter von Bayer Leverkusen in der Bundesliga sehen. Der Abstand von aktuell sieben Punkten soll bis zum direkten Duell am 10. Februar in der BayArena verringert werden. «Wir kennen den Ernst der Lage. Wir wissen auch, dass Leverkusen gerade einen Lauf hat. Wir können nicht so wie gegen Bremen die Punkte herschenken», sagte Kapitän Manuel Neuer.

Mit welchen Maßnahmen er als Trainer dazu beitragen will, dass gegen Union wieder die gewohnte Sieges-Normalität in einem Heimspiel herrscht, mochte Tuchel nicht verraten. Andere Ansprache vorm Spiel? Antwort: «Die passt sich immer an die Situation an.»

Tuchel mit Selbstkritik

Anderes Personal? Antwort: «Das ist die Gretchenfrage: Ist jetzt der Moment, wo die Spieler es nochmal beweisen dürfen, dass sie es besser können? Oder ist schon der Moment da, wo ein paar Wechsel passieren?» Eine Prise Selbstkritik verbreitete Tuchel: «Ich bin der Erste, der sich selber hinterfragt, wenn so wenig von dem, für das ich als Trainer stehen will, auf dem Platz ist.»

Tuchel vermisste beim lausigen Bremen-Flop «Wettkampf-Härte» und «Wettkampf-Mentalität». Auch Bayern-Boss Dreesen richtete den Anklage-Fokus größtenteils auf die Mannschaft. «Wir haben nicht die Einstellung gezeigt, die man zeigen muss», sagte er.

Das konstant starke Auftreten der Leverkusener verschärft die Lage. Es ist längst kein hypothetisches Szenario mehr, dass der ungeschlagene Tabellenführer die Münchner Endlos-Titelschleife beendet. «Wir können uns überhaupt keinen Patzer mehr erlauben», sagte Nationalspieler Joshua Kimmich alarmiert. Er sprach auch die Einstellung an: «Es darf uns nicht passieren, dass ein Gegner hungriger ist als wir.»

Tuchel könnte personell reagieren, etwa mit Routinier Müller, mit Youngster Mathys Tel und auch mit Leon Goretzka. Mit diesem eingewechselten Trio kam gegen Bremen etwas mehr Leben ins Bayern-Spiel. Tuchel setzte auch gegen Werder auf Raphael Guerreiro im Mittelfeld, Goretzka saß wieder draußen. «Das war keine Entscheidung gegen Leon», versicherte Tuchel.

Union wird kompakt stehen

Gegen die Unioner, die wie die Bremer mit einem tiefen Fünfer-Block verteidigen dürften, könnte Goretzkas Körperlichkeit, Kopfballstärke und Dynamik in der Zentrale jedoch mehr wert sein als Guerreros feiner linker Fuß. «Leon ist wieder komplett im Konkurrenzkampf im Mittelfeld», sagte Tuchel. Auf neues Personal wartet er nach der Verpflichtung des noch nicht eingesetzten Defensivakteurs Eric Dier auch am Dienstag weiter. Vor einem Bayern-Abschied steht derweil der Technische Direktor Marco Neppe (37), für den in der umgebauten sportlichen Führung beim Rekordmeister keine Verwendung mehr besteht.

Übrigens: Antworten konnten Harry Kane und Kollegen in dieser Saison bislang stets auf ihre Aussetzer: Nach dem krachenden 0:3 im Supercup gegen RB Leipzig gab es ein glattes 4:0 zum Ligastart in Bremen. Auf das blamable Pokal-Aus beim Drittligisten 1. FC Saarbrücken folgte eine starke 4:0-Reaktion im Liga-Topspiel beim Rivalen Borussia Dortmund. Und das desaströse 1:5 in Frankfurt konterten die Bayern professionell mit einem 1:0 in der Champions League auswärts gegen Manchester United.

Von Klaus Bergmann und Martin Moravec, dpa
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