DFB-Sportdirektor Völler (l) und Bundestrainer Nagelsmann können sich auf attraktive, aber machbare Gruppengegner freuen.
Christian Charisius/dpa
DFB-Sportdirektor Völler (l) und Bundestrainer Nagelsmann können sich auf attraktive, aber machbare Gruppengegner freuen.
Fußball

Schottland, Ungarn, Schweiz: Nagelsmann im EM-Losglück

Diese lange Autofahrt hat sich für Julian Nagelsmann gelohnt. Der Bundestrainer bekommt mit Schottland, Ungarn und der Schweiz eine leichte EM-Gruppe.

Einzug in die K.o.-Runde muss Pflichtaufgabe sein

Als Maskottchen Albert den schwarz-rot-goldenen Ball mit dem Germany-Los auf die Bühne der Elbphilharmonie brachte, lächelte Julian Nagelsmann schon.

Spätestens mit den kurz darauf zugeordneten EM-Gruppengegnern Schottland, Ungarn und der Schweiz war auch die strapaziöse Anreise nach Hamburg per Auto quer durch das winterliche Deutschland für den Bundestrainer vergessen.

Die Fußball-Nationalmannschaft hat bei der Auslosung für das Heim-Turnier im kommenden Sommer mächtig Glück gehabt. Aller aktuellen Krisenstimmung zum Trotz: Gegen diese Kontrahenten muss der Einzug in die K.o.-Runde eine Pflichtaufgabe für die DFB-Stars sein. Aber Obacht: Schon im Achtelfinale droht dem Gastgeber bei der ausgelosten Gruppenkonstellation ein Duell gegen Spanien, Italien oder wieder England.

Nagelsmann: «Keine Todesgruppe»

«Wir sind nicht in der Situation, dass wir irgendeinen Verband unterschätzen. Alle haben sich qualifiziert», äußerte sich Rudi Völler recht diplomatisch. «Aber unser Anspruch ist natürlich, eine Runde weiterzukommen», betonte der DFB-Sportdirektor. Das formulierte auch Nagelsmann nicht anders. «Das ist keine Todesgruppe, aber es gibt keine wirklich schlechten Gegner», sagte der Bundestrainer.

«Das ist eine interessante Gruppe, in der wir uns natürlich durchsetzen wollen», fügte Nagelsmann an. Im Vagen ließ der 36-Jährige noch mögliche einschneidende Maßnahmen für die Testspiele im März, mit der er die DFB-Elf wieder auf Erfolgskurs bringen wolle. Die Auslosung sei für die Verkündungen dieser Ideen «nicht der richtige Rahmen».

Stimmungskracher zum Auftakt gegen Schottland

Los geht es für Nagelsmann bei der EM mit einem Stimmungskracher. Am 14. Juni in München wird die EM mit der Partie gegen Schottland eröffnet. Tausende Fans der als friedlich, sangesfreudig und lautstark bekannten Bravehearts werden die bayerische Landeshauptstadt gemeinsam mit den schwarz-rot-goldenen Heimfans in eine Partyzone verwandeln.

Ein besseres Auftaktspiel hätte sich auch Turnierdirektor Philipp Lahm in seiner Heimatstadt kaum wünschen können. «Das wird ein Brett zum Auftakt, aber ein schönes Brett, weil wir ein emotionales Spiel erwarten», sagte Nagelsmann zum Duell mit den Schotten, die bei einem großen Turnier noch nie in die K.o.-Phase einziehen konnten.

Nagelsmanns Turnierreise geht weiter mit dem Duell am 19. Juni in Stuttgart gegen Ungarn, dem möglicherweise unbequemsten Gruppengegner. Vor gut einem Jahr verdarb der WM-Final-Kontrahent von 1954 Hansi Flick beim 0:1 in Leipzig den Einzug ins Final Four der Nations League. Bei der EM 2021 wurde das Team um Leipzigs Willi Orban in München beim 2:2 im letzten Gruppenspiel fast zum Stolperstein. Als solcher darf sich dann die Schweiz beim Gruppen-Showdown am 23. Juni in Frankfurt/Main keinesfalls entpuppen.

Italien, Spanien und Kroatien in einer Gruppe

Teil des Hamburger Losglücks: Die Niederlande und Italien blieben der DFB-Elf als frühe Gegner erspart. Titelverteidiger Italien ist aber mit Spanien und Kroatien in der ultraschweren Gruppe B und wäre somit der Achtelfinal-Gegner, wenn beide Teams auf Platz zwei in ihrer Gruppe landen.

Wird Deutschland Gruppensieger, wären England oder Dänemark aus der Gruppe C mögliche Kontrahenten - auch keine leichten Aufgaben und im Falle von England ein Déjà-vu zur EM 2021, als die Three Lions eben im Achtelfinale (0:2) in Wembley Endstation waren. Aber eines ist klar: Nagelsmann will bei aller Negativ-Stimmung nach den Testpleiten gegen die Türkei (2:3) und Österreich (0:2) ins Finale am 14. Juli im Berliner Olympiastadion.

Schwierige Lose für Österreich

Der Wunsch von Völler nach einer schnellen Revanche gegen Österreich wurde nicht erfüllt. Deren deutscher Trainer Ralf Rangnick konnte auch nicht so entspannt dreinschauen wie Nagelsmann. Mit Vize-Weltmeister Frankreich, den Niederlanden und dem Playoff-Sieger A, möglicherweise Polen mit Robert Lewandowski, erwischte Austria eine sehr schwere Gruppe.

Jetzt schon nimmt die deutsche Turnier-Vorbereitung mehr Gestalt an. Wie Völler bestätigte, geht es im März in Lyon gegen Frankreich sowie gegen die Niederlande, vermutlich in Frankfurt. Das werden dann echte EM-Prüfsteine. Die beiden Kontrahenten für die finalen Tests Anfang Juni während des EM-Trainingslagers werden nun gesucht. Sie sollen möglichst Blaupausen der Gruppengegner sein. Zu finden sind also kampfstarke Kontrahenten, gegen die Kapitän Ilkay Gündogan und seine Kollegen zuletzt vermisste Turnier-Härte demonstrieren müssen.

Schneefall in München bereitet Nagelsmann Probleme

Nagelsmann hatte wegen des starken Schneefalls große Probleme bei der Anreise. Am Münchner Flughafen waren alle Flüge gestrichen worden. Der 36-Jährige setzte sich deshalb am Morgen ins Auto und schaffte es pünktlich nach Hamburg. «Julian wollte unbedingt hier sein. Er ist ein junger Kerl und hat sich ins Auto gesetzt», sagte Völler. Noch in der Nacht sollte es für den leicht erkälteten Nagelsmann zurück nach München gehen, dann aber als Beifahrer, mit der Möglichkeit zu schlafen.

Völler und Verbandspräsident Bernd Neuendorf waren als wichtige Vertreter des EM-Gastgebers schon vor Samstag in Hamburg eingetroffen. Während der einstündigen Gala traten in dem Konzerthaus Star-Tenor Jonas Kaufmann und Star-Geiger David Garrett auf.

Gestört wurde die Zeremonie von einem merkwürdig klingenden Unterton in der Begleitmusik. Gäste im Konzertsaal und auch UEFA-Funktionär Giorgio Marchetti als Ziehungsleiter hörten zunächst ein Geräusch wie ein Babyschreien, später klang es wie das Stöhnen einer Frau. Auch die UEFA bestätigte diese Eindrücke, konnte aber zunächst keine Erklärung dafür geben. Auch im TV und im UEFA-Stream waren die Töne zu hören.

Von Arne Richter und Jan Mies, dpa
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