Rot für Blau: Infantino-Veto stoppt Zeitstrafen-Test
Bei der Sitzung der Regelhüter macht FIFA-Chef Infantino seinen Machtanspruch deutlich. Die Blaue Karte scheitert an seinem Veto. Andere Regeln könnten auch im deutschen Fußball getestet werden.
Bei der Sitzung der Regelhüter macht FIFA-Chef Infantino seinen Machtanspruch deutlich. Die Blaue Karte scheitert an seinem Veto. Andere Regeln könnten auch im deutschen Fußball getestet werden.
Nach dem präsidialen Machtwort gegen die Blaue Karte schickte Gianni Infantino seinen engen Vertrauten Mattias Grafström vor die Kameras. Der FIFA-Boss hatte schon vor der Sitzung des International Football Association Boards (Ifab) seine Meinung verkündet.
Damit war eigentlich klar: Zeitstrafen wird es im Profi-Fußball absehbar nicht geben. Wenig überraschend folgte das Regelgremium in der Nähe von Glasgow der Vorgabe Infantinos. Doch einige andere Änderungen können künftig getestet werden.
Warum wurde die Blaue Karte gestoppt?
Man kann Infantino viel vorwerfen, aber ein Gespür für brenzlige Lagen hat er. Eine plakative Änderung wie die Blaue Karte für eine Zeitstrafe war für den FIFA-Chef zu risikobehaftet. Mögliche Dauerdebatten nach strittigen Entscheidungen wie nach der holprigen Einführung des Videobeweises würden dem Profi-Business schaden, so die Befürchtung nicht nur in den höchsten Kreisen des Weltverbandes. Auch Liverpools Trainer Jürgen Klopp sah schon die nächsten Kontroversen aufziehen.
Erstaunlich war nur, dass Infantino bis kurz vor der Sitzung wartete, um das auch intern im Weltverband vorangetriebene Projekt mit seinem nächtlichen Interview vor dem Nobelhotel in Schottland zu stoppen. Im Jugend- und Amateurfußball soll die Idee weiter getestet werden, dagegen hat Infantino nichts. Der DFB wollte die Ereignisse in Loch Lomond am Sonntag nicht kommentieren.
Welche weiteren Regel-Testläufe wurden beschlossen?
Cool-Down-Phase: Wenn es auf dem Platz zu hitzig wird, können die Schiedsrichter beide Mannschaften in ihren Strafraum schicken, um dort ein paar Minuten sinnbildlich abzukühlen. In Württemberg gibt es den Feldversuch schon, er dient dem Ifab praktisch als Vorbild.
Kapitäne als Sprecher: Geht es zum Beispiel bei Rudelbildungen zu heiß her, dürfen auf ein Signal des Schiedsrichters nur noch die Kapitäne mit dem Schiedsrichter sprechen, alle anderen Spieler müssen sich vom Ort des Geschehens entfernen.
Torwart-Zeitspiel: Acht Sekunden darf der Torwart den Ball in den Händen halten. Der Schiedsrichter zeigt die Frist durch Herunterzählen an. Nach Ablauf gibt es keinen indirekten Freistoß im Strafraum mehr, sondern Ballbesitz für den Gegner. Im Gespräch sind ein Einwurf oder Eckball.
Wann und wo werden die Regeln getestet?
Ab dem 1. Juli laufen die Testphasen offiziell für ein Jahr. Dann können alle nationalen Verbände oder Organisatoren von Wettbewerben entscheiden, ob sie sich beteiligen wollen. Ausgeschlossen sind aber die jeweils höchsten beiden Spielklassen eines Landes. FIFA-Interims-Generalsekretär Grafström kündigte schon an, dass bei Olympia im Sommer getestet wird. Ob die Regeln verpflichtend werden, entscheidet dann wieder das Ifab.
Was heißt das für deutsche Fußball-Fans?
Ob die Regeln auch im deutschen Fußball ausprobiert werden, ist noch nicht bekannt. Das kann der Deutsche Fußball-Bund für die Spielklassen ab der 3. Liga abwärts entscheiden. Das Prozedere soll nun besprochen werden. Letztlich könnten auch die Landesverbände für ihre Wettbewerbe eine Entscheidung treffen.
Was wurde noch beschlossen?
Ausgeweitet wurde die Testphase für die Verkündung von Video-Entscheidungen im Stadion. Ob sie irgendwann verpflichtend wird, ist offen.
Für ein Handspiel im Strafraum gibt es neben einem Elfmeter künftig nur Gelb statt Rot, sofern das Handspiel nicht grob absichtlich zur Verhinderung einer Torchance begangen wurde.
Künftig kann es zusätzliche Auswechslungen bei dem Verdacht auf eine Gehirnerschütterung bei einem Spieler geben. Diese ist dann aber permanent für das ganze Spiel und nicht wie von den Clubs der englischen Premier League erhofft, rückgängig zu machen, wenn der Spieler doch kurzfristig wieder fit ist.
Von Arne Richter, dpa
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