Fassungslos umarmten die vier Olympiasiegerinnen ihren Edelfan Dirk Nowitzki. Die 46 Jahre alte Ikone saß bei dem historischen deutschen Basketball-Moment in Paris in der ersten Reihe und gratulierte den sensationellen Goldgewinnerinnen im 3x3. Das Quartett Svenja Brunckhorst, Sonja Greinacher, Elisa Mevius und Marie Reichert hatte zuvor Spanien in einem packenden Finale mit 17:16 besiegt und damit auch die erste deutsche Olympia-Medaille im Basketball geholt.
«Wie geil ist das bitte?»
Vor den Augen von Nowitzki und IOC-Präsident Thomas Bach hielten die Debütantinnen dem enormen Druck stand und vollendeten ihren großen Coup eindrucksvoll. «Wir machen es gerne spannend. Das zeichnet uns aus, dass wir immer ruhig bleiben», sagte Reichert. Für Brunckhorst war es das letzte Spiel ihrer Karriere. «Ich hätte mir das nicht besser erträumen können. Ein perfekter Abschluss», sagte die Berlinerin im ZDF.
Nach dem dramatischen Ende des bis zur letzten Sekunde offenen Spiels bildete das Quartett einen Jubelkreis - dann brüllten sie ihre Freude raus und posierten mit einer großen Deutschland-Fahne für die zahlreichen Fotografen im vollen Stadion am Place de la Concorde.
«Wie geil ist bitte 3x3 Basketball??? Glückwunsch ladies», schrieb der in diesem Sommer abgetretene Fußball-Star Toni Kroos bei X, vormals Twitter. Der Titel kam überraschend, schließlich hatte das Team schon die Teilnahme für einen riesigen Erfolg gehalten. «Das hatten wir überhaupt nicht auf dem Schirm. Es ist unfassbar», sagte Matchwinnerin Greinacher.
Das deutsche Team startete mit einem 3:0-Lauf ins Endspiel, musste jedoch ebenso schnell den Ausgleich hinnehmen. Die Spanierinnen steigerten sich weiter, waren offensiv konsequenter und gingen 10:6 in Führung. Doch Deutschland kämpfte sich zurück, glich aus - und jubelte letztlich dank eines Distanzwurfs von Greinacher über den Olympiasieg.
Nowitzki schwärmt von Quartett
Der 2,13 Meter große Nowitzki saß wie Spaniens König Felipe in dem stimmungsvollen Stadion am Place de la Concorde in der ersten Reihe. Er feuerte das Team, das vor knapp einer Woche als Außenseiter gestartet war, eifrig an. Nach dem packenden Halbfinal-Krimi gegen Kanada hatte Nowitzki bereits ausgelassen gejubelt und die vier Medaillengewinnerinnen abgeklatscht.
Der 46 Jahre alte Stargast sprach von «einem historischen Erfolg» und «einer unglaublichen Leistung». Auch die Wagner-Brüder Franz und Moritz sowie Teile des Nationalteams der Damen saßen im Publikum, um den Schlusspunkt des kurzweiligen Turniers zu verfolgen.
Sprung in die Weltklasse
Brunckhorst, Mevius, Reichert und die am Finalabend herausragende Greinacher spielten ein exzellentes Turnier, bei dem acht Siege aus neun Spielen gelangen. Das Quartett schaffte vor prächtiger Kulisse im Herzen von Paris endgültig den Sprung in die Weltklasse und ließ hoch gehandelte Favoriten wie die USA oder Kanada hinter sich. Olympia-Gold war der verdiente Lohn für Konstanz auf allerhöchstem Niveau.
Auch Nowitzki haben sie nun etwas voraus. Der ehemalige NBA-Meister mit den Dallas Mavericks trug zwar 2008 in Peking die deutsche Fahne, gewann aber nie eine olympische Medaille. «Das ist überwältigend. Das ist einfach ein Traum gerade», sagte Mevius, die erst nach einer schweren Verletzung von Luana Rodefeld ins Team gerückt war.
Greinacher wie Nowitzki 2005
«Für unsere Mädels ist das einmalig. Das ist ein unglaublicher Erfolg», sagte Präsident Ingo Weiss der Deutschen Presse-Agentur. Für den Verbandsboss steht der Triumph von Paris «auf einer Stufe mit unserem WM-Titel der Männer von Manila. Wir haben jetzt gezeigt, dass wir auch in dieser neuen Sparte konkurrenzfähig sind und Erfolge feiern können.»
Greinachers Siegeswurf kurz vor Ende erinnerte an Nowitzki selbst, der das EM-Halbfinale 2005 gegen Spanien in den Schlusssekunden entschied. Diesmal saß der Sportstar entspannt am Spielfeldrand und genoss grinsend den historischen Erfolg für den deutschen Basketball. Die 32 Jahre alte Greinacher glänzte nicht nur spielerisch, sondern auch als Führungsfigur. «Kurz vor Schluss hat Sanni gesagt: Wir haben noch eine Minute zu spielen für den größten Traum unseres Lebens», sagte Brunckhorst nach dem Halbfinale.
Der Schlusstag bewies eindrucksvoll, warum die 3x3-Turniere die Olympischen Spiele bereichern. Die Partien waren abwechslungsreich und packend, die Zuschauerränge im provisorisch errichteten Stadion fast immer voll. Die Sportart begeistert auch deshalb viele junge Menschen, weil die Athletinnen und Athleten nahbar sind. Es war nach 2021 erst das zweite Mal, dass die Basketball-Variante Teil des Olympia-Programms war. In Tokio waren die deutschen Teams nicht vertreten.
Von Patrick Reichardt und Lars Reinefeld, dpa
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