Bei seinem ersten Auftritt in Paris gab es Pfiffe für Beachvolleyballer Steven van de Velde.
Marcus Brandt/dpa
Bei seinem ersten Auftritt in Paris gab es Pfiffe für Beachvolleyballer Steven van de Velde.
Debatte bei Sommerspielen

Olympia nach Haftstrafe: Empörung über Beach-Volleyballer

Der Beach-Volleyballer Steven van de Velde ist ein verurteilter Straftäter. Zehn Jahre später tritt er nach längeren Debatten bei Olympia an - und kassiert Buh-Rufe. Manche Beobachter sind empört.

Steven van de Velde packte seinen Rucksack und verließ kommentarlos die Beach-Volleyball-Arena unterhalb des Eiffelturms. Vom Niederländer gab es keinen Kommentar zu dessen umstrittenem Olympia-Debüt, bei dem der Sport nur eine winzige Nebenrolle spielte. Acht Jahre, nachdem van de Velde in England wegen sexuellen Missbrauchs einer Minderjährigen zu einer Haftstrafe verurteilt worden war, holt die Vergangenheit den Athleten beim größten Sportevent der Welt mit großer Wucht ein.

Bei seiner Vorstellung im Stadion gab es Pfiffe und Buh-Rufe von den voll besetzten Rängen. Während der Partie, die van de Velde mit seinem Partner Matthew Immers gegen das italienische Duo Alex Ranghieri/Adrian Carambula verlor (20:22, 21:19, 13:15), waren dann zwar kaum noch Unmutsbekundungen zu hören. Der Großteil der Zuschauer feuerte die Italiener an, aber auch niederländische Fans machten sich bemerkbar.

Anders als van de Velde stellte sich sein Teamkollege Immers im Anschluss den Journalisten - und dies wirkte phasenweise ähnlich herausfordernd wie das Match zuvor. «Hat Steven Ihnen gegenüber je Reue gezeigt?», wurde der Sportler etwa gefragt. 

«Haben Sie vor Olympia erwogen, nicht mit Steven anzutreten?», wollte ein weiterer Reporter wissen. «Ihnen ist schon klar, dass das damals ein zwölfjähriges Mädchen war, oder?», blaffte ein anderer Journalist hörbar entrüstet. Für eine sportliche Analyse interessierte sich freilich niemand.

Keine Interviews in Paris

Eigentlich ist es bei Olympia vorgesehen, dass jeder Sportler nach dem Wettkampf in einer sogenannten Mixed Zone mit Journalisten spricht. Mehrere Dutzend Reporter hatten deshalb neben den beeindruckenden Stahltribünen auf dem Parc du Champ de Mars auf van de Velde gewartet. Der 29-Jährige aber kam nicht. 

Dies sei mit dem Sportler, dem niederländischen Olympia-Team und auch dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) abgesprochen worden, schilderte der niederländische Pressesprecher John van Vliet. Auf die Nachfrage, wie sich angesichts dessen wohl Missbrauchsopfer fühlen, ging der Sprecher nicht ein.

IOC nicht glücklich mit Situation

Dies sind die Umstände des Auftritts von Steven van de Velde bei den Sommerspielen 2024. Vor Olympia-Beginn hatte eine Petition gefordert, den Sportler auszuschließen. Das IOC sei nicht «glücklich und zufrieden» mit der Situation, sagt Sprecher Mark Adams. Allerdings habe van de Velde das Recht auf Rehabilitation. Van de Velde übernachtet nicht im olympischen Dorf - hält sich dort nur immer mal wieder wegen Besprechungen mit dem Team auf.

Er war 2016 von einem englischen Gericht wegen Vergewaltigung einer Zwölfjährigen zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Zum Tatzeitpunkt war van de Velde 19 Jahre alt. Insgesamt verbrachte er etwas mehr als ein Jahr im Gefängnis, nachdem er von Großbritannien an die Niederlande überstellt worden war. Danach sprach er in einem TV-Interview vom «größten Fehler meines Lebens». Er könne das Geschehen nicht rückgängig machen und müsse dafür die Konsequenzen tragen.

Der Fall überschattet die sportlichen Auftritte mit Partner Immers enorm. Dieser zeigte sich enttäuscht über die große - negative - Aufmerksamkeit. «Ich kenne den Typen seit drei, vier Jahren, wir haben jedes Turnier zusammen gespielt. Und erst jetzt gibt es darüber diese große Diskussion», klagte der Sportler. 

Er würde sich wünschen, die Vergangenheit abzuhaken - das ist wohl ein unrealistischer Wunsch. «Ich bin immer noch in den sozialen Medien, ich bin ja auch noch jung», erzählte Immers. «Aber ich versuche schon, ein paar Sachen auszublenden und einige Kommentare nicht zu lesen.»

Von Manuel Schwarz, dpa
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