Form wie 2019: Nils Politt (M) vom UAE Team Emirates freut sich auf Kopfsteinpflaster und Regen.
David Pintens/Belga/dpa
Form wie 2019: Nils Politt (M) vom UAE Team Emirates freut sich auf Kopfsteinpflaster und Regen.
Radsport

Nils Politt und die Hoffnung auf den Klassiker-Coup

Mit der Flandern-Rundfahrt und Paris-Roubaix kulminiert die Kopfsteinpflaster-Saison. Nach harten Jahren ist Nils Politt in der Form für die «Hölle des Nordens». Ein Rivale fehlt.

Von Wind, Regen und Kopfsteinpflaster kann Nils Politt im Prinzip nicht genug bekommen. Was nach einem seltsam anmutenden Faible klingt, ist seine große Leidenschaft für die zwei wichtigsten Radsport-Klassiker. Er freut sich auf die Flandern-Rundfahrt an diesem Sonntag und sein Lieblingsrennen Paris-Roubaix eine Woche später.

«Es ist einfach sehr, sehr schön, durch so viele Fans zu fahren, die dich so laut anbrüllen, dass du deinen sportlichen Leiter im Ohr nicht mehr verstehen kannst», sagte Politt der dpa. Es sei ein riesiges Volksfest, «wie mehrere Bundesligaspiele in Deutschland zusammen».

Nach einem bisher starken Frühjahr zählt der Kölner in beiden Rennen zum Favoritenkreis. Beim Omloop Het Nieuwsblad wurde er Zweiter, beim E3 Preis, so etwas wie die Generalprobe für die Flandern-Rundfahrt, belegte Politt Platz sieben. Nach einigen mageren Jahren ist der 30 Jahre alte Klassiker-Spezialist wieder auf dem Niveau, mit dem er bei Paris-Roubaix 2019 überraschend Zweiter wurde - vielleicht sogar ein wenig besser.

Trainingsschwerpunkt Tempo

«Ich bin sehr, sehr gut drauf und habe natürlich Erfahrung gewonnen», sagte Politt. «Ich kenne die Strecken in- und auswendig, weiß genau, wann ich vorn sein muss und wie man nach vorne kommt.» Dieses Wissen kann auf dem Kopfsteinpflaster in Belgien und Frankreich über Sieg oder Niederlage entscheiden.

Nach drei Jahren beim deutschen Vorzeige-Rennstall Bora-hansgrohe wechselte Politt zum neuen Jahr ins Team UAE von Superstar Tadej Pogacar. Dieser Wechsel hat ihm geholfen, wieder zu alter Stärke zu kommen. Seine Teamkollegen sind stärker, Politt muss nicht mehr den Einzelkämpfer geben. «Und wir haben ziemlich hart trainiert im Winter, mehr als die letzten Jahre», betonte Politt. Dabei fuhr der deutsche Zeitfahrmeister nicht unbedingt größere Umfänge, sondern legte den Schwerpunkt auf hartes Tempo-Training.

Das vorläufige Ergebnis ist nun, dass man Politt wieder auf der Liste haben muss. Über allem steht natürlich Mathieu van der Poel. Der Weltmeister gewann den E3 Preis, belegte bei Gent-Wevelgem Platz zwei. Der Sieg auf der 270,8 Kilometer langen Ronde mit ihren 17 giftigen Anstiegen führt nur über ihn. Doch gerade der zweite Platz in Wevelgem gibt der Konkurrenz Hoffnung.

Politt: «Man kann sich mit den Attacken abwechseln»

Denn Politt und Co. haben der Übermacht van der Poels Teamstärke entgegenzusetzen. Neben dem Rheinländer hat UAE in Tim Wellens und Marc Hirschi zwei weitere Optionen. Hinzu kommt das Trio des enorm starken Teams Lidl-Trek mit Wevelgem-Sieger Mads Pedersen, Veteran Jasper Stuyven und dem Letten Toms Skujins. «Man kann sich mit den Attacken abwechseln, was es für mich oder jemand anderen im Team einfacher macht», erklärte Politt.

Und dann wäre da noch Wout van Aert. Der belgische Alleskönner jagt einem Sieg bei einem der zwei großen Kopfsteinpflasterrennen fast schon verzweifelt hinterher. Im vergangenen Jahr war er bei Paris-Roubaix der augenscheinlich stärkste Fahrer, ehe er im letzten schweren Sektor einen Defekt hatte und seinen Erzrivalen van der Poel ziehen lassen musste. «Langsam fängt es an, weh zu tun», gab der geknickte van Aert zu Protokoll.

Und am Mittwoch platzte der Traum bei Quer durch Flandern auf dem belgischen Asphalt. Bei hoher Geschwindigkeit kamen van Aert und andere Favoriten zu Fall. Der 29-Jährige zog sich dabei einen Schlüsselbeinbruch sowie mehrere Rippenbrüche zu. «Es ist unklar, wie lange die Genesung dauern wird. Van Aert wird definitiv für die Flandern-Rundfahrt, Paris-Roubaix und das Amstel Gold Race ausfallen», teilte sein Team mit. Für Politt bedeutet dies, einen Konkurrenten weniger zu haben, obwohl er darüber alles andere als erfreut sein wird.

Tom Bachmann, dpa
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