Thierry Henry nimmt in Vertretung des abwesenden Lionel Messi die Trophäe entgegen.
Kirsty Wigglesworth/AP
Thierry Henry nimmt in Vertretung des abwesenden Lionel Messi die Trophäe entgegen.
FIFA-Kür

Messi und kein Ende: Zweifel am Weltfußballer

Die Wahl von Lionel Messi stellt den sportlichen Wert der Weltfußballer-Wahl infrage. Die Fans von Erling Haaland wittern einen Skandal - und der Rest der Welt?

Die Suche nach einer Antwort von Lionel Messi auf die kritische Weltfußballer-Frage führte zunächst zu einer Werbeanzeige für Saudi-Arabien. Der argentinische Weltmeister schwieg am Morgen nach seiner achten und fragwürdigsten FIFA-Kür öffentlich für mehrere Stunden.

Sein Bild im rosa Trikot von Inter Miami, dem Club, der international wenig bedeutet, vor dem «Riyadh Season Cup» stand lange als neuester Beitrag in den sozialen Medien. Und sagte das nicht schon alles über diesen Preis, der eigentlich der bedeutendste sein sollte?

Der Weltfußballer - wer soll das sein?

Messi - und nicht Erling Haaland - war in Abwesenheit in London für sein Jahr 2023 ausgezeichnet worden. Genauer für die Leistungen in der Zeit vom 19. Dezember 2022 (nach dem WM-Finale) bis zum 20. August. Der frühere Dortmunder Haaland gewann in dieser Zeit das Triple mit Manchester City, beeindruckte mit etlichen wunderschönen Toren. Messi fiel durch das Achtelfinal-Aus in der Königsklasse und seine zwischenzeitliche Suspendierung bei Paris Saint-Germain auf - und das gigantische Transferthema vor seinem Wechsel im Sommer in die USA.

«Ich finde, dass er der beste Fußballer der letzten 20 Jahre war, aber er hat mit Paris und Miami, wo er jetzt für einen Hype sorgt, keine großen Titel gewonnen», sagte Lothar Matthäus, der einzige deutsche Weltfußballer, bei Sky. Der frühere Bundesligaprofi Jan Aage Fjörtoft, als Norweger durchaus in Gefahr, parteiisch zu sein, fragte: «Wie kann Erling Haaland nicht der beste Spieler im Jahr 2023 sein?» Mit solchen Ergebnissen, meinte er, würden die Preise «am Ende wertlos».

Wer wählte wen - und warum?

Die Krux der FIFA-Wahl, die 2013 mit der Niederlage von Bayern Münchens Triple-Gewinner Franck Ribéry gegen Sieger Cristiano Ronaldo und Messi ähnlich kontrovers war, ist das Wahlsystem. Stimmberechtigt sind die Kapitäne der Nationalmannschaften, die Nationaltrainer, die Medien und Journalisten. Längst zählen nicht nur Titel und Tore. Die einfache Antwort: Messi wurde (wieder) für seine Lebensleistung gewürdigt. Solange der Argentinier spielt, haben es alle anderen schwer.

Dazu passt Messis großer Zuspruch von den Fans (613 293 Punkte im Vergleich zu 365 893 für Haaland) und Haalands große Beliebtheit bei den Fachmedien, die eher auf Ergebnisse schauen (729 Punkte im Vergleich zu 315 für Messi). In der Summe war Messi im umgerechneten FIFA-Punktesystem beim Gleichstand von 48:48 nur vorne, weil mehr Kapitäne den 36-Jährige mit ihrer Erststimme gewählt hatten. Unter anderem Harry Kane. DFB-Kapitän Ilkay Gündogan war für seinen früheren Mitspieler Haaland.

«Ich würde sagen, das ist ein Skandal», sagte der ehemalige norwegische Profi Carl-Erik Torp beim norwegischen Fernsehsender NRK - und hatte damit aber keine besonders große Mehrheit hinter sich.

Skandal? Oder egal?

Die internationalen Medien verbuchten Messis achte Kür, die den Titelsammler im Vergleich zum Dauerrivalen Ronaldo (fünf) noch deutlicher in Führung brachte, eher als Randnotiz. Das «What the Haal?» in Anlehnung an das (übersetzt) «Was zum Teufel?» der englischen Boulevard-Zeitung «The Sun» war noch die griffigste Überschrift. Haaland kommentierte die Nicht-Wahl nicht, sein Vater Alfie, der in London im Saal des Hammersmith Apollo saß, sprach öffentlich nur über die Verletzungsprobleme seines Sohns: «Es läuft viel besser, also wird er bald bereit sein.»

So blieb die Frage, was individuelle Auszeichnungen im Weltfußball tatsächlich auszeichnen. Deutsche Nationalspieler mussten sich - wie in den vergangenen Jahren - mit einer Antwort nicht großartig beschäftigen. Gündogan wurde in der Endabrechnung mit 13 Punkten als bester DFB-Profi Neunter.

Jan Mies, Philip Dethlefs und Florian Lütticke, dpa
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