Lukas Dauser gibt sich nach seiner Verletzung kämpferisch.
Uwe Anspach/dpa
Lukas Dauser gibt sich nach seiner Verletzung kämpferisch.
Turnen

Hoffen auf Kunst der Mediziner: Dauser soll in Paris starten

Lukas Dauser ist nach seiner Verletzung ratlos, aber auch kämpferisch. Der Deutsche Turner-Bund hofft auf rasche Heilung und nominiert seinen Star für Paris. Bei den Turnerinnen fällt die Wahl leicht.

Die Olympia-Träume von Lukas Dauser sind trotz eines dramatischen Wettkampfendes intakt. Ungeachtet einer Oberarmverletzung soll der Barren-Weltmeister in fünf Wochen bei den Olympischen Spielen in Paris an die Geräte gehen. Der Deutsche Turner-Bund (DTB) nominierte den Unterhachinger und setzt wie Dauser selbst alle Hoffnungen auf die Kunst der Mediziner.

«Die Ärzte und Physios haben jedoch eine leise Hoffnung, dass ich in fünf Wochen einsatzbereit bin. An diesen Strohhalm werde ich mich nun klammern», schrieb Deutschlands Sportler des Jahres bei Instagram.

«Gemeinsam mit dem Ärzte-, Physio- und Trainerteam wird Dauser alles daransetzen, rechtzeitig bis zu den Wettkämpfen in Paris in Form zu sein», hieß es vom DTB. Gemeinsam mit Dauser führt Andreas Toba aus Hannover bei seinen vierten Olympischen Spielen die DTB-Riege in Paris an. Außerdem schlug Bundestrainer Valeri Belenki dem Deutschen Olympischen Sportbund Nils Dunkel (Halle/Saale), Pascal Brendel (Wetzlar) und Qualifikationssieger Timo Eder (Ludwigsburg) zur Nominierung vor. Diese soll am 2. Juli erfolgen.

Abstieg von den Ringen und Fahrt ins Krankenhaus

Am Samstag hatte Dauser die Großsporthalle in Rüsselsheim durch einen Seitenausgang verlassen. Sein rechter Oberarm war straff bandagiert und zeugte vom Unglück des Turn-Stars. Bei der abschließenden Qualifikation für die Olympischen Spiele in Paris verletzte sich der 31-Jährige bei seiner Ringe-Übung. «Ich habe sofort gemerkt, dass etwas nicht stimmt», berichtete Dauser. Nach nur zwei von sechs Geräten musste er den Wettkampf abbrechen. Im Ergebnis einer MRT-Untersuchung steht eine Muskelverletzung im rechten Oberarm. Die genaue Diagnose gaben weder der DTB noch der Turner selbst bekannt.

«Ihn trifft es schlimmer als mich. Aber ich muss schon sagen, da hat es mich ordentlich gerüttelt», sagte der 33-jährige Toba zu dem Moment, als Dauser mitten in der Übung die Ringe losließ und ausstieg. «Es war an der langen Bizepssehne, vermute ich», sagte Bundestrainer Belenki. Der 54-Jährige hatte sich die genannte Sehne 2001 gerissen, wollte tags darauf wieder an den Start gehen, was aber nicht ging.

Dauser war Belenki zufolge niedergeschmettert. «Ich habe mit ihm gesprochen und er versteht auch die Welt nicht, wie es dazu kommen konnte», berichtete der Trainer. Offen bleibt, ob der Pariser Medaillenanwärter seine Blessur rechtzeitig auskurieren kann oder der Bundestrainer seine Riege noch einmal umstellen muss. «Ich habe natürlich auch einen Plan B, und dann müssen wir darüber diskutieren, wenn der Lukas nicht kann, wer ihn ersetzt», sagte Belenki. Dauser selbst nimmt allen Mut zusammen. «Paris, ich kämpfe weiter!»

Quali-Sieger Eder auch nicht unbeeindruckt

Zwei Wochen zuvor bei den deutschen Meisterschaften in Frankfurt/Main hatte Dauser den Mehrkampf-Titel und damit die erste Olympia-Qualifikation gewonnen. Anschließend hatte er bekanntgegeben, maximal noch drei Sechskämpfe in seinem Sportleben zu bestreiten: in Rüsselsheim sowie bei den Olympischen Spielen. Dazu wird es wahrscheinlich nicht mehr kommen. Der Unterhachinger wird selbst für den Fall, dass sich die Verletzung als weniger schwer erweist, keine Ringe-Übung turnen.

Das Verletzungs-Aus von Dauser überschattete den Erfolg von Timo Eder. Der 19-Jährige aus Ludwigsburg gewann die Qualifikation und kann sich berechtigte Olympia-Hoffnungen machen. Doch auch er blieb nicht unbeeindruckt davon, was dem Olympia-Zweiten passiert ist. «Ich war sehr erschrocken. Ich war selbst mit meinem Kopf ein bisschen woanders, weil er ein wichtiges Teil des Teams ist», sagte der Newcomer.

Eindeutige Entscheidung bei den Frauen

Wesentlich klarer als erwartet fiel hingegen die Entscheidung um den letzten Olympia-Startplatz bei den Frauen aus. Die erst 16 Jahre alte Helen Kevric steigerte sich im Mehrkampf gegenüber der ersten Qualifikation nicht nur auf 55,532 Punkte, sondern distanzierte ihre Kontrahentin Elisabeth Seitz auch am Stufenbarren. Während die 30 Jahre alte deutsche Rekordmeisterin erneut auf 14,600 Punkte kam, wurde die Übung von Ausnahmetalent Kevric mit 14,800 Zählern benotet. Dabei zeigte sie überdies eine schwierigere Übung als zuletzt.

«Erst mal bin ich stolz, dass ich die Übung heute noch mal so gezeigt habe. Aber letztendlich hat Helen gut geturnt, riesigen Respekt, weil sie krasse Nervenstärke gezeigt hat», sagte Seitz. Sie wünsche ihr alles Gute für Paris, und hoffe, dass sie dort genauso ihre Leistung abrufen könne und sich alle für Deutschland freuen könnten. «Natürlich überwiegt erst mal die Enttäuschung», gestand Seitz unter Tränen ein, nachdem ihr Traum von den vierten Olympischen Spielen geplatzt war.

Kevric fühlt sich derweil für ihr Olympia-Debüt gerüstet. «Es war schon mein Ziel, mit 16 Jahren zu den Olympischen Spielen zu fahren», sagte Kevric, «ich bin bereit, ich habe so hart trainiert und eigentlich kann ich das schon schaffen mit meinen 16 Jahren.» Begleitet nach Paris wird die deutsche Mehrkampf-Meisterin von Pauline Schäfer-Betz (Chemnitz) und Sarah Voss (Köln), die nach den vergangenen Weltmeisterschaften namentlich festgelegte Startplätze sicher hatten.

Von Martin Kloth, dpa
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