Der Mann, der nicht zündet: Sanés Turnier-Makel
Leroy Sané und die große Turnierbühne - das passt irgendwie nicht zusammen. Der Münchner kann so viel, aber auch bei der Heim-EM will ihm nichts gelingen. Kommt der große Sané-Moment noch?
Leroy Sané und die große Turnierbühne - das passt irgendwie nicht zusammen. Der Münchner kann so viel, aber auch bei der Heim-EM will ihm nichts gelingen. Kommt der große Sané-Moment noch?
Julian Nagelsmann betont immer wieder, dass er «einen sehr guten Draht» zu Leroy Sané besitzt. «Wir haben ein ganz gutes Verständnis füreinander», sagt der Bundestrainer. Ja, man darf Nagelsmann durchaus als Sané-Versteher und auch als Sané-Fan bezeichnen. Und darum wollte Nagelsmann den Bayern-Profi, der bei den Fans der Fußball-Nationalmannschaft eher polarisiert, unbedingt bei der Heim-EM dabeihaben.
Trotz einer Drei-Spiele-Sperre im Vorlauf des Turniers nach einer Roten Karte im Testspiel gegen Österreich (0:2) und trotz einer Schambein-Problematik, die Sané schon beim FC Bayern in der Rückrunde stark beeinträchtigt hatte und zu einem krassen Abfall von Form und Torquote führte. Und jetzt: Beim Heimturnier war Sané vor dem Giganten-Viertelfinale gegen Spanien am Freitag (18.00 Uhr) in Stuttgart auch noch kein Faktor.
Musiala macht, was Sané liefern soll
Nach drei effektlosen Joker-Einsätzen brachte Nagelsmann den inzwischen 28 Jahre alten Sané beim 2:0 im Achtelfinale gegen Dänemark überraschend anstelle von Florian Wirtz erstmals von Anfang an. Sané sollte liefern, was EM-Star Jamal Musiala beim 2:0 tat. «Die Intention war, dass wir - wie beim Tor von Jamal - noch ein paar mehr Situationen gewünscht hätten mit einfachen Laufwegen hinter die Kette. Leroy hat eine sehr gute Tiefe im Spiel, ein sehr gutes Tempo», schilderte Nagelsmann.
Sanés Stärken kamen jedoch in seinem schon 64. Länderspiel nicht entscheidend zum Tragen. Und das ist in seiner gesamten bisherigen Turnier-Vita der Fall. Sané ist der Mann, der bei Turnieren nicht zündet. Auf elf Einsätze kommt er seit dem EM-Debüt 2016. Es waren Einsätze ohne ein einziges Tor, ohne größeren Erinnerungswert. Auf den Turnier-Sané warten die Fans.
Die Turniere von 2016 bis heute
EM 2016: Beim Halbfinal-Aus gegen Gastgeber Frankreich kommt der 20 Jahre alte Sané in der 79. Spielminute für Bastian Schweinsteiger zu seinem einzigen EM-Kurzeinsatz. Das Spiel ist zu diesem Zeitpunkt in Marseille beim Spielstand von 0:2 schon verloren.
Confed-Cup 2017: Bundestrainer Joachim Löw verzichtet beim Confederations Cup ein Jahr vor der WM-Endrunde in Russland auf etliche etablierte Nationalspieler und gewinnt das Turnier mit einem Perspektivteam mit vielen jungen Akteuren. Sané hatte seine Teilnahme wegen einer Nasen-Operation abgesagt. Im Nachhinein quasi ein Eigentor.
WM 2018: Löw streicht Sané nach dem Trainingslager in Südtirol überraschend aus dem WM-Kader. Ein harter Schlag für Sané, der damals nicht im Traum damit gerechnet hatte.
EM 2021: In allen vier Partien bis zum frühen Achtelfinal-Aus gegen England steht Sané auf dem Platz. Aber nur einmal in der Startelf. Dreimal kommt er kurz vor Schluss. Kein Tor, keine besondere Aktion.
WM 2022: In Katar verpasst Sané den 1:2-Auftakt gegen Japan wegen Knieproblemen. In Spiel zwei gegen Spanien wird er zusammen mit Niclas Füllkrug, der prompt das 1:1 erzielt, eingewechselt. Beim Turnier-Aus gegen Costa Rica (4:2) spielt er 90 Minuten - torlos.
«Es ist ein bisschen nervig»
Bei der laufenden EM steht nach 163 Einsatzminuten auch die Null bei Toren und Vorlagen. Und doch wird Nagelsmann Sané kaum fallenlassen, auch wenn er gegen Spanien wohl wieder auf die Bank muss. «Es war das erste Spiel von Anfang seit Langem für Leroy. Es ist nicht ganz so leicht, da perfekt hereinzukommen», sagte der Bundestrainer nachsichtig nach dem Dänemark-Spiel: «Gerade in der zweiten Halbzeit hat er es deutlich besser gemacht.»
Bei der echten Europameister-Prüfung gegen die starken Spanier dürfte den vierten Offensiv-Platz neben Ilkay Gündogan, Kai Havertz und Musiala wieder Wirtz einnehmen. Und Sané? Ihm bleibt höchstens die Hoffnung, dass das Turnier noch etwas länger dauert und doch noch ein Satz wahr wird, den er vor dem Turnierstart im EM-Camp gesagt hatte: «Es ist ein bisschen nervig mit meiner Verletzung. Aber ich will, soweit es geht, einfach meine Leistung zeigen, abliefern, meinen Beitrag dazu geben, dass es so weit wie möglich geht, bestmöglich bis zum Titel.»
Von Klaus Bergmann und Arne Richter, dpa
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