Johannes Volkmann, Enkel von Helmut Kohl, aufgenommen vor Beginn des CDU-Parteitag in Berlin.
Michael Kappeler/dpa
Johannes Volkmann, Enkel von Helmut Kohl, aufgenommen vor Beginn des CDU-Parteitag in Berlin.
Kohl-Enkel

Volkmann plädiert für differenzierten Blick auf Ära Merkel

Johannes Volkmann hat einen berühmten Opa. Sechs Jahrzehnte nach dem Altkanzler wird der 27-Jährige in den CDU-Bundesvorstand gewählt. Was er erreichen will und wie er über Helmut Kohl denkt.

Kohl-Enkel Johannes Volkmann hat sich für eine ausgewogene Bewertung der Ära der früheren CDU-Chefin und Kanzlerin Angela Merkel ausgesprochen. «Wir sollten einen differenzierten Blick auf die 16 Jahre Angela Merkel haben», sagte der 27-jährige Kommunalpolitiker aus Lahnau in Hessen der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vor dem dreitägigen CDU-Parteitag in Berlin. Am Montagabend wurde der Enkel des langjährigen CDU-Chefs und Kanzlers Helmut Kohl in den Bundesvorstand gewählt. Von 959 Delegierten stimmten 672 für Volkmann.  

In den 90 Sekunden seiner Bewerbungsrede erwähnte Volkmann den Namen seines berühmten Großvaters nicht ein Mal - das dürfte vor den Delegierten auch kaum nötig gewesen sein. Vielmehr teilte er unter großem Applaus gegen die Ampel aus: Diese habe «meiner Generation nichts mehr anzubieten, außer vielleicht Cannabis», rief er. 

Im Gespräch mit der dpa sagte Volkmann, die CDU habe unter Merkel Fehler gemacht, die man klar benennen solle, etwa im Bereich der Migrations-, Energie- oder Rentenpolitik. «Dafür brauchen wir neue Antworten. Die geben wir hier auf dem Parteitag.» Gleichzeitig habe die CDU in diesen 16 Jahren Merkel aber auch viel richtig gemacht. Deutschland sei großen Krisen ausgesetzt gewesen, etwa der Eurokrise. «Da war Angela Merkel ein Stabilitätsanker der Europäischen Union, war verlässlich. Deutschland war respektiert auf der Weltbühne.» Das habe die Ampel-Regierung von Kanzler Olaf Scholz (SPD) «in wenigen Monaten kaputtgemacht».

Nach einem Studium der Volkswirtschaftslehre, Politikwissenschaften und Soziologie sowie Studienaufenthalten in China und Großbritannien arbeitet Volkmann als Büroleiter für einen hessischen Abgeordneten im Europaparlament. Er ist Vorsitzender des Kreistags des Lahn-Dill-Kreises und seit Februar 2024 Kreisvorsitzender der CDU Lahn-Dill. Helmut Kohl war 1964 in den CDU-Bundesvorstand gewählt worden, ab 1973 war er CDU-Vorsitzender. Von 1982 bis 1998 war Kohl Bundeskanzler. Er starb 2017.

Nach vorne schauen statt «Früher-war-alles-besser-Diskussionen»

Zur Forderung des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Daniel Günther (CDU), sich wieder stärker an Merkels Kurs der politischen Mitte zu orientieren, um breitere Wählerschichten zu erschließen, äußerte sich Volkmann zurückhaltend. «Wir sollten keine "Früher war alles besser"-Diskussion führen», sagte er und fügte an: «Wir müssen nach vorne schauen und schauen, welche Herausforderungen begegnen uns heute.» Da sei der Kurs von Parteichef Friedrich Merz «genau der Richtige».

Der Enkel über den Großvater: Seine politischen Werte leben weiter

Auf die Frage, ob er seinen berühmten Großvater Helmut eher als Belastung oder eher als Chance für den eigenen Lebensentwurf sehe, antwortete Volkmann: «Mein Großvater ist jetzt seit sieben Jahren tot. Das Thema spielt in meinem Alltag keine große Rolle. Aber seine politischen Werte leben natürlich weiter.» Gerade Kohls «Bekenntnis zu einem vereinten Europa und einem starken Westen sind Werte und Überzeugungen, die ich teile». Mögliche Vorhaltungen, er werde nur wegen seines Großvaters in den CDU-Vorstand gewählt, sieht Volkmann gelassen: «Die Delegierten wählen Personen, keine Verwandtschaftsverhältnisse.» Er hoffe, dass er durch seine Inhalte überzeugen könne.

Ein wesentlicher Grundsatz von Kohl sei gewesen, «dass man gegenüber Diktaturen, gegenüber Leuten, die Freiheit in Europa bedrohen, nicht nachgeben darf», sagte Volkmann. «Gegenüber Autokraten dürfen wir kein Appeasement betreiben, das ist eine zentrale Erkenntnis meines Großvaters gewesen.» Die deutsche Wiedervereinigung oder der Maastrichter Vertrag zur Schaffung der Europäischen Union seien «ein unmittelbares Ergebnis der Standfestigkeit gegenüber Diktaturen». Appeasement bezeichnet eine Politik der Zurückhaltung und Beschwichtigung gegenüber Aggressoren. 

Heute werde die Freiheit vom russischen Präsidenten Wladimir Putin bedroht, sagte Volkmann. Die Inspiration des europapolitischen Wirkens von Kohl sei es, «standhaft zu bleiben im Umgang mit Russland. Aus einer Position der eigenen Stärke den Frieden in Europa zu sichern.»

«Scholz hat nicht das Format von Helmut Schmidt»

Die Weigerung von Scholz, der Ukraine weitreichende deutsche Taurus-Marschflugkörper zur Verfügung zu stellen, kritisierte Volkmann scharf. «Scholz hat leider nicht das Format von (dem früheren SPD-Kanzler) Helmut Schmidt gezeigt. Sondern er war bei allen Entscheidungen zu zögerlich, zu langsam, hat damit auch viel Vertrauen bei unseren Partnern in Osteuropa kaputtgemacht.» Es erschließe sich nicht, warum Frankreich und Großbritannien der Ukraine weitreichende Raketen liefern könnten, aber Deutschland bei einer Taurus-Lieferung in den Konflikt hineingezogen würde. «Es wirkt mehr wie eine Entschuldigung - und seine eigenen Koalitionspartner glauben die ja nicht mal.»

Volkmann: CDU muss zum Anwalt junger Leute werden

Zur Frage, warum er in die Bundespolitik gehen wolle, sagte Volkmann: «Politik ist meine Antwort auf die Sinnfrage. Mir macht es Spaß.» Er habe auf kommunaler Ebene den Eindruck gewonnen, etwas bewegen zu können. «Auf Bundesebene möchte ich gerne die Perspektiven meiner Generation einbringen.» So wolle er das Wohlstandsversprechen der sozialen Marktwirtschaft für seine Generation erneuern. Viele in seinem Alter wollten jetzt eine Familie gründen und ein eigenes Haus erwerben und stellten fest, dass sie sich das nicht leisten könnten. Das habe viel damit zu tun, dass in Deutschland mittlere Einkommen sehr hoch besteuert würden - und «dass wir immer noch eine Grunderwerbssteuer zum Beispiel für junge Familien haben». Dies müsse sich ändern. «Die CDU muss zum Anwalt junger Leute werden», forderte Volkmann.

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