Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD).
Arne Dedert/dpa/Archivbild
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD).
Landtag

«Pionierleistung»: Festakt zu 50 Jahren Datenschutzgesetz

Als das rheinland-pfälzische Datenschutzgesetz 1974 in Kraft tritt, sind Digitalisierung und soziale Netzwerke noch weit weg. Bei einem Festakt in Mainz wird zurück und nach vorn geblickt.

Zum 50. Geburtstag des rheinland-pfälzischen Datenschutzgesetzes - einst eines der ersten weltweit - haben Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) und der Landes-Datenschutzbeauftragte Dieter Kugelmann die Bedeutung des Themas in Zeiten der Digitalisierung hervorgehoben. Der Politikwissenschaftler und Autor Adrian Lobe verwies auf die Sorglosigkeit vieler Menschen bei der Weitergabe ihrer Daten.

«Datenschutz ist kein Selbstzweck», sagte Dreyer am Mittwoch bei einem Festakt im Landtag in Mainz. Es gehe darum, Bürgerinnen und Bürgern zu ihren Rechten zu verhelfen. Es gelte, einerseits den Schutz von Daten im Blick zu haben und gleichzeitig die Chancen von Daten zu nutzen. Dreyer verwies etwa auf das Potenzial von Patientendaten für klinische Studien bei der Entwicklung neuer Medikamente.

Rheinland-Pfalz war mit seinem 1974 in Kraft getretenen Landesdatenschutz einer der Vorreiter. Das Gesetz war das weltweit dritte nach denen in Hessen und Schweden. Kugelmann sprach am Mittwoch entsprechend von einer «Pionierleistung».

Die Vorsitzende des Europäischen Datenschutzausschusses, Anu Talus, betonte in einer Videobotschaft, wie wichtig die jahrzehntelange Erfahrung der rheinland-pfälzischen und weiteren deutschen Datenschutzaufsichtsbehörden für die Zusammenarbeit auf europäischer Ebene sei. Die Kooperation der deutschen Bundesländer sei «eine Inspiration».

Die Festrede hielt der Politikwissenschaftler und Autor Adrian Lobe, 2017 erster Träger des Journalistenpreises der Stiftung Datenschutz. «Im Jahr 11 nach der NSA-Affäre begegnen die meisten Bürger der Massenüberwachung mit dem biedermeierlichen Reflex «Ich habe nichts zu verbergen»», sagte er. «Wir sind schlafwandlerisch in eine Überwachungsgesellschaft geschlittert.»

Unter Überwachungsgegnern habe es immer die leise Hoffnung gegeben, dass Polizei und Geheimdienste das ganze Material gar nicht sichten können, sagte Lobe. «Die Fortschritte auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz scheinen diese Hoffnung zu zerstören.» KI könne sich als ein Katalysator der Kontrollgesellschaft entpuppen. Entsprechend groß seien die Herausforderungen für den Datenschutz.

Die sieht auch Kugelmann, vor allem bei großen Zukunftsthemen wie KI, der Biotechnologie oder der Digitalisierung der Verwaltung. Dass es beim Thema Datenschutz und Regulierung von Techniken immer weitergehe, zeige die kürzlich politisch beschlossene, aber erst in einigen Jahren geltende Regulierung von KI auf europäischer Ebene. «Ich halte das für eine wichtige Sache, für eine große Leistung», sagte Kugelmann der Deutschen Presse-Agentur.

Dass es in Rheinland-Pfalz und seiner Verwaltung seit nunmehr 50 Jahren ein Bewusstsein für Datenschutz gebe, sei gut, betonte Kugelmann. «Das sind 50 Jahre mit der Erfahrung, dass das kein kalter bürokratischer Monolith ist, der wie Thors Hammer in unsere Verwaltung hineinfährt.» Vielmehr hätten viele Stellen gemerkt, wie gut sich damit arbeiten lasse. Es müsse einerseits Innovation möglich sein, andererseits müssten Datenschutz und das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung beachtet werden.

«Ich vertrete die Auffassung, dass an einigen Stellen Datenschutz auch ein Wettbewerbsvorteil sein kann», meinte Kugelmann. So könne es für Nutzer bei der Wahl einer App zur Buchung eines Hotels von Belang sein, welche besonders datenschutzfreundlich ist. Auch für Lobe kann sich Datenschutz langfristig als Standortvorteil erweisen. Start-ups bastelten an KI-Systemen, die mit synthetischen, also computergenerierten Daten trainiert würden. Der Vorteil sei, dass keine Rechte Dritter verletzt würden. Der Datenschutz könne letztlich Innovationen zu schlankeren und energiesparsameren KI-Modellen fördern, sagte Lobe.

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