Nach den schlechten Ergebnissen deutscher Schülerinnen und Schüler bei der jüngsten Pisa-Studie muss nach Ansicht der rheinland-pfälzischen Bildungsministerin Stefanie Hubig der Fokus auf den Übergang von Kita zu Schule gelegt werden. «Das ist ein Thema, das wir erkannt haben», sagte die SPD-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur in Mainz. «Da prallen noch zwei Welten aufeinander, die Schulwelt und die Kitawelt. Diese beiden Systeme besser miteinander zu verzahnen und entsprechende Angebote zu machen, daran arbeiten wir.»
Aktuell arbeiteten einzelne Kitas noch sehr unterschiedlich, sagte Hubig. «Es gibt tolle Beispiele im Bereich MINT oder beim Spracherwerb, da lernen die Kinder vieles, was sie später für die Schule brauchen, zum Beispiel sich zu konzentrieren.» Das müsse in die Fläche getragen werden. «Unterschiedliche Schwerpunkte sind gut. Aber wir müssen gucken, dass es systematischer passiert und dass wir auch den Erzieherinnen und Erziehern stärkere Hilfestellung dabei geben.» MINT steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik.
Ein Schritt hin zu einer besseren Verzahnung von Kita und Schule sei jüngst die erste gemeinsame Konferenz der Kultusminister und der Jugend- und Familienminister gewesen, berichtete Hubig. Es gehe zentral um Fragen der frühen Förderung. «Kinder haben ganz unterschiedliche Fähigkeiten, wenn sie in die Schule kommen», sagte die Ministerin. «Wir haben nicht mehr die Alterskohorten, die alle ungefähr das Gleiche können.» Es gebe eine viel größere Spreizung als früher, das beanspruche Kitas und Schulen sehr.
«Ich glaube, wir müssen uns ganz stark auf Basis-Kompetenzen konzentrieren», sagte Hubig. Sprache etwa sei «fundamental für alles, nicht nur für Lesen, sondern auch für Mathematik, für alles andere». Gleichzeitig müsse aufgepasst werden, dass Schüler, die schon viel könnten, auch Angebote bekämen. «Das Denken in festen Klassen mit immer festen Settings, wo alle zur gleichen Zeit das Gleiche machen, das funktioniert einfach nicht mehr in dieser Zeit.»
Von der Debatte um strukturelle Veränderungen in der Bildungspolitik bis hin zur Forderung nach einer Grundgesetzänderung hält die rheinland-pfälzische Bildungsministerin nichts. «Ich bin nach wie vor eine Anhängerin des Bildungsföderalismus», sagte sie. Gleichwohl müsse die Zusammenarbeit der Länder noch effektiver werden, «dass wir uns nicht alle 16 Mal das Gleiche überlegen. Mit der Strukturreform der Kultusministerkonferenz gehen wir genau das an».
Es könne auch nicht alles der Schule überlassen werden. «Wir können nicht erwarten, dass Spracherwerb am Schultor beginnt und nach dem Schultor wieder endet», betonte die Sozialdemokratin. «Da gehören Familien dazu, da gehören Nachbarn dazu, da gehören Sportvereine mit dazu.» Kinder und Jugendliche hätten ein anderes Freizeitverhalten als früher. «Da, wo früher noch viele gesagt haben, Lesen ist mein liebstes Hobby, gibt es heute andere Freizeitmöglichkeiten - mit Filmchen, mit Social Media. Aber das gute alte Buch hilft halt mehr beim Lesen, als sich Filmchen anzugucken.»
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