Michael Ebling (SPD), Innenminister von Rheinland-Pfalz.
Andreas Arnold/dpa
Michael Ebling (SPD), Innenminister von Rheinland-Pfalz.
Regierung

Handy-Daddeln am Steuer soll überwacht werden dürfen

Bodycams, Fußfesseln und Handy-Daddlen am Steuer: Das neue Polizeigesetz sieht viele Änderungen vor.

Das rheinland-pfälzische Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (POG) soll moderner werden. Das Kabinett hat am Dienstag in Mainz den Entwurf des Innenministeriums gebilligt. «Die Weichen sind gestellt», sagte Minister Michael Ebling bei der Vorstellung. Der SPD-Politiker rechnet damit, dass die Novelle nach dem Anhörungsverfahren in der zweiten Jahreshälfte in den Landtag eingebracht und noch in diesem Jahr verabschiedet werden kann. Ein Überblick:

Mehr Möglichkeiten für den Einsatz von Bodycams

Bisher darf nur die Polizei Bodycams einsetzen, künftig sollen dies auch die kommunalen Vollzugsdienste dürfen, um sich oder Dritte zu schützen. Die Polizei darf dem Entwurf zufolge die Bodycams künftig auch in Wohnungen einsetzen - unter anderem eine Forderung der Polizeigewerkschaft GdP. 

Derzeit gibt es 590 solcher Bodycams, sie seien damit für jeden Streifenwagen verfügbar, sagte der Inspekteur der Polizei, Friedel Durben. Der Einsatz in Wohnungen sei hilfreich. Starke Gefühle wie Liebe, Eifersucht und Verlustängste begleiten diese Einsätze. Da kann es schnell zu Kurzschlusshandlungen können.» Die Beamten agierten zugleich in einem für sie unbekannten Raum und wüssten manchmal zunächst nicht, wer Opfer und wer Täter ist, auch nicht, wo Waffen seien. Zudem sei die deeskalierende Wirkung der Bodycams von «unschätzbarer Bedeutung».

Außerdem soll «Prerecording» ermöglicht werden, das sind Vorabaufnahmen in einem flüchtigen Speicher, die spätestens nach 30 Sekunden überschrieben werden müssen, wenn keine Straftat vorliegt. «Wir ermöglichen so eine umfassende Dokumentation des Geschehens, indem auch schon die Entstehung einer Gefahrensituation miterfasst wird», sagte Ebling zur Begründung. 

Elektronische Fußfessel  

Menschen, von denen nach Einschätzung der Behörden eine besonders hohe Gefahr für das Begehen einer Straftat ausgeht, auch nach Verbüßung einer Haftstrafe, soll eine elektronische Fußfessel angelegt werden können - und zwar notfalls auch mit mittelbarem Zwang. Dabei gehe es nicht nur um Terrorismus, sondern auch um Fälle häuslicher Gewalt, in denen eine Wohnungsverweisung oder ein Näherungsverbot nicht zum Erfolg geführt hätten, sagte Ebling. Der Weiße Ring fordert dies bereits seit Langem, um die tödliche Gewalt von Menschen an ihren Partnern oder Ex-Partnern zu bekämpfen. In Spanien sind dabei nach Darstellung der Opferschutzorganisation mit der elektronischen Fußfessel gute Erfahrungen gemacht worden. 

Zwar setze der Einsatz einer Fußfessel immer eine gewisse Art der Kooperationsbereitschaft voraus, denn eine lückenlose Überwachung sei nicht möglich, wenn der Betroffene die Fußfessel entferne oder nicht lade, sagte Ebling. Ziel sei es daher auch, dafür einen Straftatbestand zu schaffen. 

Mit dieser Regelung reagiert das Innenministerium auch auf den Missbrauchsfall im pfälzischen Edenkoben, bei dem ein mehrfach auch wegen Sexualstraftaten verurteilter Mann ein Mädchen auf dessen Schulweg entführt und missbraucht haben soll. Die Tat hatte unter anderem eine Diskussion über das zwangsweise Anlegen einer elektronischen Fußfessel ausgelöst, weil der Mann sich geweigert hatte, eine zu tragen. 

Daddeln am Steuer mit der Monocam erfassen 

Das neue Gesetz soll die rechtliche Grundlage schaffen, die sogenannte Monocam im Straßenverkehr dauerhaft einsetzen zu dürfen. Jedes der fünf Polizeipräsidien soll 2025 eine bekommen.  Rheinland-Pfalz hatte als erstes Bundesland in einem Pilotprojekt in Mainz und Trier Ablenkungsverstöße im Straßenverkehr mit diesen Spezialkameras erfasst und geahndet. Damit will das Land dem Ziel, die Zahl der Unfalltoten auf null zu bringen, näher kommen. 

In dem Pilotprojekt seien innerhalb kürzester Zeit 1300 Autofahrer mit Handys erfasst worden, sagte der Inspekteur der Polizei, Durben. Dazu sei mit der mit Schildern angekündigten Erfassung ein großer präventiver Erfolg einhergegangen: Die Ablenkungsverstöße seien halbiert worden.  Die Ordnungswidrigkeiten würden in der Regel mit einem Bußgeld in Höhe von 100 Euro und einem Punkt in Flensburg geahndet. Wenn Menschen im Straßenverkehr gefährdet würden, könnten es aber auch schnell bis zu 200 Euro, zwei Punkte oder sogar Fahrverbote sein.

Durch Ablenkung im Straßenverkehr seien in den vergangenen Jahren ein bis drei Menschen und 2023 noch mehr ums Leben gekommen. 2022 seien zudem bei diesen Unfällen 65 Menschen schwer und 234 leicht verletzt worden.   

Mehr Beamte und automatisierte Datenanalysen

Das Ziel von 10 000 Polizisten und Polizistinnen werde voraussichtlich in diesem Jahr erreicht, sagte Ebling. Das sind nach Berechnungen seines Hauses etwa 9500 Vollzeitstellen.

Das neue Polizeigesetz sieht auch eine Rechtsgrundlage für die automatisierte Datenanalyse im Bundesland vor, um noch unverbundene Datenbestände auf einer Analyseplattform zu vernetzen. Dies müssten die Beamten bisher händisch machen. Die automatisierte Analyse solle helfen, Zusammenhänge zwischen Personen und Handlungsmustern zu erkennen und so etwa Straftaten im Bereich der Organisierten Kriminalität auf die Spur zu kommen. 

E-Streifenwagen werden getestet

In einem einjährigen Pilotprojekt sollen zudem drei E-Streifenwagen in den Dienststellen Landau, Landstuhl und Trier auf ihre Tauglichkeit im Tages- und Ermittlungsdienst getestet werden. Ein viertes E-Auto soll so ausgestattet werden, dass es im 24-stündigen Einsatz erprobt werden kann. 

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