Habeck spricht mit Bauern: Protestaktion in Mainz
Dieses Mal gab es nicht nur Proteste, sondern auch einen Dialog. Bundeswirtschaftsminister Habeck hörte sich bei seinem Besuch in Mainz die Sorgen und Nöte der Landwirte an.
Dieses Mal gab es nicht nur Proteste, sondern auch einen Dialog. Bundeswirtschaftsminister Habeck hörte sich bei seinem Besuch in Mainz die Sorgen und Nöte der Landwirte an.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat in Mainz mit Vertretern von Landwirten über die Sorgen und Forderungen der Branche gesprochen. Die Bauern waren aus Ärger über die Agrarpolitik der Bundesregierung am Donnerstag mit einem Traktorkonvoi in die Landeshauptstadt gefahren. Die Polizei sprach von rund 90 Schleppern. Kurz vor dem Jahrestreffen der Wirtschaft gab es das Treffen mit Vertretern von Bauern und des Speditionsgewerbes, an dem auch Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) teilnahm.
«Wir waren uns in einigen Punkten einig, zum Beispiel, dass die auskömmlichen Preise in der Landwirtschaft fehlen», sagte Thilo Ruzycki vom Vorstand des Vereins Landwirtschaft verbindet, der die Protestaktion organisiert hatte. «Lösungen für dieses Problem hat er (Habeck) jetzt auch nicht in der Hosentasche gehabt.» Es gehe aber auch um ein sehr großes Problem.
«Herr Habeck hat einen sehr zugänglichen Eindruck gemacht. Wir konnten ihm die Probleme in unseren Sparten schildern, und er hat da auch ordentlich zugehört», sagte Ruzycki. Zu einem Durchbruch sei es erwartungsgemäß nicht gekommen. Der Ärger der Bauern richtet sich vor allem gegen die Pläne der Bundesregierung, die Steuerbegünstigung auf Agrardiesel schrittweise abzuschaffen.
Ein Sprecher des Vereins Landwirtschaft verbindet hatte angekündigt, dass Habeck ein konkretes Forderungspapier übergeben werden sollte. Darin wird die Regierung aufgefordert, die Sparmaßnahmen voll zurücknehmen. Denn diese würden einen Einkommensrückgang von fünf bis zehn Prozent in hart getroffenen Gebieten bedeuten, argumentieren die Bauern.
Die Landwirtschaft sei systemrelevant und stelle wertvolle und sichere Lebensmittel her. Es müsse im Interesse der Bevölkerung sein, eine leistungsfähige Landwirtschaft auf Dauer zu erhalten. Abhängigkeiten von Ausgleichszahlungen müssten schrittweise abgebaut und durch wirtschaftlich tragbare Rahmenbedingungen ersetzt werden, forderten die Landwirte.
Es sei aber gut, dass die Probleme in die Öffentlichkeit getragen würden, sagte Ruzycki nach dem Treffen mit Habeck. Nun müsse der Protest auf breitere Füße gestellt und geschaut werden, «dass wir zusammen mit allem möglichen Gewerken wie Speditionen, Lkw-Fahrern und Zimmerleuten zusammenstehen und der Politik sagen, dass am Ende des Tages das Geld nicht mehr reicht».
Habeck hatte sich zunächst mit Dreyer getroffen und Unternehmen besucht. Dabei hatte der Grünen-Politiker bereits Gesprächsbereitschaft mit den Landwirten signalisiert. «Die Bauern haben natürlich Sorgen und Nöte, die aus meiner Sicht über die Agrardiesel-Diskussion hinausgehen.»
Auf dem Jahresempfang der Wirtschaft äußerte sich Habeck in seiner Rede nicht zu den Protesten und dem Gespräch mit den Landwirten. Der Minister warnte in seiner Rede vor deutlich mehr als 1000 Gästen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Kultur vor Nationalismus. Er habe nichts gegen einen fröhlichen Patriotismus etwa bei großen Sportveranstaltungen, betonte der Grünen-Politiker. Ein engstirniger Nationalismus mit Abschottung, Ausgrenzung und hochgezogenen Grenzen sei aber das Gegenteil von Weltoffenheit.
Habeck verwies auf zwölf Millionen Arbeitnehmer mit Migrationshintergrund. Ohne die Migration gäbe es in diesem Jahr 50 000 Auszubildende weniger. 14 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten seien Menschen, die keine deutsche Staatsbürgerschaft hätten. Würden sie Deutschland verlassen, würde die Wirtschaft zusammenbrechen.
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