Der Beihilfe-Prozess um einen tödlichen Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim in Saarlouis ist mit einem Freispruch des Angeklagten zu Ende gegangen. Eine psychische Beihilfe des 55-Jährigen zu dem Brandanschlag vor 33 Jahren sei in der Beweisaufnahme nicht bewiesen worden, sagte der Vorsitzende Richter Konrad Leitges bei der Urteilsverkündung im Oberlandesgericht in Koblenz.
Wichtiger Satz am Vorabend der Tat
Dem Gericht zufolge bestärkte der Angeklagte den bereits verurteilten Täter zwar in dessen Entscheidung zur Tat. Ein Vorsatz, dass er ihn konkret zu einem Brandanschlag angestiftet habe, sei ihm indes nicht nachgewiesen worden.
In dem Verfahren war eine Aussage des Angeklagten am Vorabend des Brandanschlags entscheidend. Die Anklage hatte dem heute 55-Jährigen vorgeworfen, angesichts rassistischer Ausschreitungen in Ostdeutschland zum bereits verurteilten Täter und einem dritten Mitglied der damaligen Neonazi-Szene in Saarlouis gesagt zu haben: «Hier müsste auch mal so etwas brennen oder passieren.»
In verschiedenen Verhören habe der Hauptbelastungszeuge gesagt, dass der Angeklagte sinngemäß von «passieren» gesprochen habe, sagte der Vorsitzende Richter. Mehrfach, auch bei der Aussage vor Gericht, habe er zum Ausdruck gebracht, sich nicht an die Formulierung «brennen» erinnern zu können. Zudem habe er das Wort «brennen» aus Protokollen von Polizeiverhören gestrichen.
Für eine Beihilfe zum Mord müsse eine Aussage eine klare Angriffsrichtung vorgeben, so der Richter. Für eine vorsätzliche Anstiftung zu einem Brandanschlag sei der Satz dagegen kein Nachweis. Dass mit «so etwas» konkret ein Brandanschlag gemeint gewesen sei, sei nicht erwiesen. Der Hauptbelastungszeuge habe die Worte etwa als Bezug auf Randale und Ausschreitungen gegen Flüchtlingsheime interpretiert.
Der Freigesprochene soll laut Bundesanwaltschaft und diverser Zeugen damals eine führende Figur in der Neonazi-Szene von Saarlouis gewesen sein. Er sei bis heute von NS-Ideologie überzeugt, hieß es in der Erklärung des Vorsitzenden Richters.
Brandanschlag von 1991
Bei dem Brandanschlag im September 1991 starb der damals 27 Jahre alte Asylbewerber Samuel Yeboah aus dem westafrikanischen Ghana. Zwei andere Hausbewohner sprangen aus einem Fenster und verletzten sich. 18 weitere Bewohner konnten unverletzt fliehen. Der Täter wurde im vergangenen Oktober unter anderem wegen Mordes verurteilt. Das Urteil ist bisher nicht rechtskräftig.
Der 55-Jährige war unter anderem wegen Beihilfe zum Mord angeklagt. Seine Verteidigung hatte Freispruch gefordert, die Bundesanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von sechseinhalb Jahren. Strafverteidiger Wolfgang Stahl sagte nach dem Freispruch, dass die Grundlage für den Verdacht gegen seinen Mandanten von vornherein sehr dünn gewesen sei.
Reaktionen auf Freispruch
«Wir gehen fest davon aus, dass die Bundesanwaltschaft in Revision gehen wird», sagte derweil ein Vertreter der Nebenklage. Man werde das Urteil dann mit anfechten, hieß es weiter. Die Nebenklage sehe es nicht als erwiesen an, dass der Satz des Freigesprochen nicht auf Brandanschläge bezogen gewesen sei.
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