Ein Schild weist auf die Zentrale Notaufnahme hin.
Sebastian Gollnow/dpa
Ein Schild weist auf die Zentrale Notaufnahme hin.
Rettungsdienste

Experten drängen auf Reform in Notfallmedizin

Ärzte klagen über Einsätze in Bagatellfällen und mangelnde Digitalisierung. Auf einer Konferenz in Koblenz beraten Fachleute über eine Verbesserung des Systems.

Experten aus Notfallmedizin und Rettungswesen haben bei einem Treffen mit dem rheinland-pfälzischen Innenminister Michael Ebling einen dringenden bundesweiten Reformbedarf in beiden Bereichen betont. «Die Zeit drängt. Reformvorschläge liegen ausreichend vor. Es fehlt die Umsetzung», betonte der stellvertretende Sprecher der Sektion Notfall in der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V. (DGAI), Prof. Dr. Jörg Christian Brokmann, am Donnerstag am Rande einer Fachkonferenz in Koblenz.

Das deutsche Gesundheitssystem sei nicht mehr zeitgemäß, meinte Brokmann einer Mitteilung zufolge. Dabei gehe es auch darum, die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung zu stärken, um Strukturen zu entlasten und Notfälle zu vermeiden. «Und es geht auch um einen gesellschaftlichen Diskurs über die Frage, was notwendig und was eine nicht bezahlbare Vollversorgungsmentalität ist», unterstrich der Leiter der Zentralen Notaufnahme am Universitätsklinikum Aachen.

Minister Ebling bezeichnete Notfallversorgung als Team-Arbeit. «Das gilt auch für die Herausforderungen, die die aktuellen Bestrebungen zur Reform der Notfallversorgung mit sich bringen», meinte der SPD-Politiker. Rheinland-Pfalz habe sich «auf den Weg gemacht» und Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Notfallversorgung ergriffen. «Leitstellentechnik ist bereits vereinheitlicht, um größere Einsätze gemeinsam steuern zu können.»

Zentral sei dabei, nicht nur Regeln aufstellen, sondern auch die reale Situation zu messen. «So können wir simulieren, welche Vorteile eine neue Rettungswache konkret für die Notfallrettung vor Ort hätte. Diese Informationen der Versorgungsplanung helfen den zuständigen Rettungsdienstbehörden bei den Kreisen, Entscheidungen zu treffen.»

Jüngstes Beispiel einer Vereinheitlichung im Sinne von Patientinnen und Patienten sei die einheitliche Medikamentenausstattung der Rettungswagen, betonte Ebling. «Die Ergebnisse wurden gerade vergangene Woche vorgelegt. Das ist jetzt eine ganz neue Nachricht.»

Dr. David Häske, wissenschaftlicher Geschäftsführer des Zentrums für öffentliches Gesundheitswesen und Versorgungsforschung am Universitätsklinikum Tübingen, sprach vom «ganzheitlichen Verständnis» in der Notfallversorgung. «Wir müssen uns darauf konzentrieren, die Kernaufgaben des Rettungsdienstes und der Notaufnahmen zu stärken - indem wir Kompetenzen von Notfallpflegekräften, Notfallsanitätern und Ärzten weiterentwickeln.» Gleichzeitig müssten sich alle als Teil eines größeren Gesundheitssystems verstehen. «Es kann nur durch unsere gemeinsamen Anstrengungen verbessert werden.»

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