Ein AfD-Verbotsverfahren - ja oder nein?  Politikerinnen und Politiker anderer Parteien sind sich nicht einig.
Daniel Karmann/dpa
Ein AfD-Verbotsverfahren - ja oder nein? Politikerinnen und Politiker anderer Parteien sind sich nicht einig.
Mainz

Aus für große Versammlungen der AfD im «Zentrum Rheinhessen»

Das «Zentrum Rheinhessen» habe sich zu einer zentralen Örtlichkeit für die Vernetzung der AfD, der Jungen Alternative und Akteuren der «Neuen Rechten» entwickelt, mahnt der Innenminister.

Stadt schränkt Nutzung deutlich ein

Das «Zentrum Rheinhessen» habe sich zu einer zentralen Örtlichkeit für die Vernetzung der AfD, der Jungen Alternative und Akteuren der «Neuen Rechten» entwickelt, mahnt der Innenminister. Die Stadt Mainz schränkt die Nutzung des Treffpunkts nun deutlich ein.

Die AfD kann das «Zentrum Rheinhessen» nicht mehr für große Treffen und Versammlungen verwenden. Die Stadt Mainz untersagte die Nutzung des Gebäudes, das der Partei in Rheinland-Pfalz auch als wichtiges Schulungszentrum dient. Die Verantwortlichen in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt begründeten die Maßnahme am Donnerstag mit fehlenden Genehmigungen für große Veranstaltungen. Der Vorstand des AfD-nahen Vereins Zentrum Rheinhessen kündigt an, es würden rechtliche Schritte gegen das Vorgehen der Stadt geprüft.

Es gebe eine Baugenehmigung für ein Autohaus mit einer Ausstellungshalle, einer Aufbereitungshalle und Büroräumen, erklärte Baudezernentin Marianne Grosse (SPD) in der «Allgemeinen Zeitung Mainz» die Entscheidung der Stadt. Für eine andere Nutzung der Immobilie sei eine Genehmigung notwendig. Dies sei nicht der Fall. Die Anordnung ist nach Angaben der Stadt bereits in Kraft getreten.

Im «Zentrum Rheinhessen» hatte nach Angaben von Innenminister Michael Ebling (SPD) etwa die Jugendorganisation der AfD ihr zehnjähriges Bestehen mit über 100 Personen gefeiert. In den Räumen fand laut Ministerium auch zeitgleich zur Frankfurter Buchmesse eine alternative Buchmesse mit Autoren und Verlegern auch aus der rechtsextremen Szene statt. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die Jugendorganisation der AfD als gesichert rechtsextremistisch eingestuft.

Die AfD-Kreisverbände Mainz und Mainz-Bingen sowie die Landesgeschäftsstelle der Partei haben demnach im «Zentrum Rheinhessen» ihren Sitz. Der AfD-Landtagsabgeordnete Damian Lohr und der AfD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Münzenmaier nutzten die Räumlichkeiten für ihre Wahlkreisbüros.

Der Innenminister hatte jüngst im Landtag gesagt, das «Zentrum Rheinhessen» habe sich innerhalb kurzer Zeit zu einer zentralen Örtlichkeit der Vernetzung der AfD, der Jungen Alternative und Akteuren der «Neuen Rechten» entwickelt. Bei einer Veranstaltung sei unverhohlen der Nationalsozialismus verherrlicht und der Hitlergruß gezeigt worden. Die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz habe dazu Ermittlungen aufgenommen.

Nach früheren Angaben des Innenministeriums hat auch der Verfassungsschutz im Land das Zentrum im Blick. Der Leiter der Abteilung Verfassungsschutz im Innenministerium, Elmar May, schreibt dem Zentrum eine «enorme Vernetzungsfunktion» zu. Es habe innerhalb der Szene bundesweit an Bekanntheit und Bedeutung gewonnen.

Dem Eigentümer der Immobilie sei zunächst die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben worden, erklärte nun die Dezernentin. Anschließend habe man ihm seitens der Verwaltung nun die Anordnung zukommen lassen, die es untersage, das Anwesen Dritten zu anderen als in der Baugenehmigung festgeschriebenen Nutzungen zu überlassen. Sollte der Anordnung nicht nachgekommen werden, drohe in einem ersten Schritt ein sogenanntes Zwangsgeld in Höhe von 10.000 Euro.

Die Baudezernentin appellierte in dem von der Stadt bestätigten Interview an den Eigentümer, die Vermietung der Immobilie an die jetzigen Mieter zu beenden. Die AfD sei bereits in drei Bundesländern vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft.

Der AfD-Landesvorstand sowie die Abgeordneten Münzenmaier und Lohr kritisierten das Vorgehen der Stadt Mainz scharf. Staatliche Repression könne die Partei aber nicht bremsen. Der Vorsitzende des AfD-nahen Vereins Zentrum Rheinhessen, Carsten Propp, sprach von formalen Tricksereien, um die Nutzung der Immobilie zu verhindern. «Wir prüfen selbstverständlich rechtliche Schritte, haben davon abgesehen aber bereits weitere Alternativen vorliegen.» Ähnlich äußerte sich auch der AfD-Landesvorstand.

Das «Zentrum Rheinhessen» ist Teil eines landesweiten Netzes von Schulungszentren für AfD-Parteimitglieder in Rheinland-Pfalz, um diese auf Aufgaben in den Kommunalparlamenten und im Landesparlament vorzubereiten. Nach Angaben von Partei- und Fraktionschef Jan Bollinger gibt es insgesamt vier Schulungsregionen im Land. «Das machen wir über die AfD als Partei und den konservativen kommunalpolitischen Verein. Das ist ein Verein auf Landesebene», sagte Bollinger der Deutschen Presse-Agentur zur Struktur.

Das Schulungsprogramm sei dezentral organisiert, erklärte Bollinger. «Es wird in allen Bereichen geschult, die für die Mitglieder von Interesse sind.» Dabei gehe etwa darum, wofür die Kommunen verantwortlich sind, wie eine kommunale Sitzung abläuft und wie die kommunalen Haushalte aufgestellt sind. Schulungen gebe es auch für den Umgang mit den sozialen Medien, dem Internet, der Pressearbeit sowie in Rhetorik. Es gebe Kurse für Einsteiger, Fortgeschrittene und Profikurse. «Für jedes Themengebiet gibt es einen extra Kurs.»

Von Bernd Glebe, dpa
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