Selenskyj will Russland bei einem zweiten Friedensgipfel dabei haben. (Archivbild)
Sean Kilpatrick/Canadian Press via ZUMA Press/dpa
Selenskyj will Russland bei einem zweiten Friedensgipfel dabei haben. (Archivbild)
Die Lage im Überblick

USA unterstützen Vorschlag für Friedensgipfel mit Russland

Selenskyj will russische Vertreter bei dem nächsten Friedensgipfel sehen. Auch die USA sind dafür, Moskau weiter dagegen. In der EU ist man sich an anderer Stelle uneins.

Die USA unterstützen den Vorschlag des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, nun auch russische Vertreter zu einer zweiten Friedenskonferenz in dem seit mehr als zwei Jahren andauernden Krieg einzuladen. «Es ist an der Ukraine zu entscheiden, wann und wie und in welchem Zustand sie diplomatische Verhandlungen unternimmt», sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, in Washington. «Wir unterstützen die ukrainische Regierung.» Miller äußerte sich vor Journalisten zu der Frage, ob die USA den Vorschlag Selenskyjs guthießen, anders als beim ersten Friedensgipfel Mitte Juni in der Schweiz auch Russland zu dem Treffen einzuladen.

Entscheiden könne nur die Ukraine selbst, sagte Miller. Es brauche einen gerechten Frieden. «Die Ukraine ist hier das Opfer, die Ukraine sieht ihr Land überfallen.» Deshalb bestimme sie, ob und in welchem Format es Verhandlungen gebe. «Aber es ist nie klar gewesen, ob der Kreml zu tatsächlicher Diplomatie bereit ist», sagte Miller. Die USA hätten sich schon vor dem Krieg für eine diplomatische Lösung des Konflikts eingesetzt. Heute ist das Land größter Waffenlieferant für eine militärische Lösung.

Kiew: Plan für zweiten Friedensgipfel im November

Selenskyj hatte zuvor vor Journalisten in Kiew gesagt, dass russische Vertreter an einem zweiten Friedensgipfel teilnehmen sollten. «Ich habe die Aufgabe gestellt, dass wir im November einen völlig fertigen Plan haben. Wenn der Plan fertig ist, dann wird auch alles für den zweiten Gipfel bereit sein.»

Geplant seien bis dahin vorbereitende Verhandlungen in Katar, in der Türkei in diesem Sommer und im September in Kanada, sagte Selenskyj, der selbst einen Friedensplan vorgelegt hat. Ein Kernpunkt darin ist der vollständige Abzug der russischen Truppen aus den Ukraine. Moskau hatte das als realitätsfern zurückgewiesen.

Russland hatte zwar selbst immer wieder beteuert, bereit zu Verhandlungen zu sein – allerdings unter anderem unter der Bedingung, dass Kiew Gebiete abtritt. Das lehnt die Ukraine ab. Russland werde an einem solchen Gipfel Selenskyjs nicht teilnehmen, sagte der Chef des Auswärtigen Ausschusses der russischen Staatsduma, Leonid Sluzki. Er bezeichnete die ukrainische Führung als vom Westen gesteuerte «Marionetten», von denen sich Moskau keine Bedingungen diktieren lasse.

Sluzki betonte, dass eine Reihe von Staaten Friedensinitiativen und Kremlchef Wladimir Putin einen Plan vorgelegt haben. Er erinnerte zudem daran, dass Russland Selenskyj nach dem offiziellen Auslaufen seiner Amtszeit inzwischen nicht mehr als Präsidenten anerkenne. Selenskyj gilt aber wegen des Kriegsrechts weiter als rechtmäßiger Staatschef. Russland erkennt allerdings nur noch das Parlament und seinen Vorsitzenden als legitim an.

Wegen Orbans Alleingang: Boykott für Ungarn

In Europa zieht die EU-Kommission unterdessen Konsequenzen aus der Ukraine-Politik Ungarns. Unter anderem wegen einer Auslandsreise des ungarischen Regierungschefs Viktor Orban nach Moskau ordnete Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen Boykott an. An künftigen informellen Ministertreffen unter der Leitung der derzeitigen EU-Ratspräsidentschaft in Ungarn dürfen demnach keine Kommissarinnen oder Kommissare, sondern nur mehr ranghohe Beamte teilnehmen. 

Zudem verzichtet die EU-Kommission laut eines Sprechers auf den traditionellen Antrittsbesuch bei der ungarischen Präsidentschaft. Aus Budapest gab es zunächst eine entrüstete Reaktion vom Minister für Angelegenheiten der Europäischen Union, Janos Boka.

Washington gegen Schläge mit US-Waffen gegen Russland

Die USA bleiben auch bei ihrer Entscheidung, den Einsatz ihrer gelieferten Waffen nicht für Schläge auf Militärbasen im russischen Hinterland zuzulassen. Erlaubt seien Angriffe auf grenznahe russische Regionen, von denen aus Luftschläge gegen die Ukraine ausgeführt würden, sagte Ministeriumssprecher Miller. Weiter gehen wollten die USA demnach nicht. 

Selenskyj hatte immer wieder eine Freigabe der westlichen Waffen für Schläge gegen militärische Ziele auch weit im russischen Hinterland gefordert. Bisher nutzt das Land dafür eigene Drohnen und Raketen. Russland hatte den Westen davor gewarnt, die Waffen aus den Nato-Staaten für Angriffe auf sein Gebiet zuzulassen. Das Land wirft den USA und den anderen westlichen Verbündeten der Ukraine vor, schon jetzt tief in den Krieg verwickelt zu sein.

In Washington betonte Außenministeriumssprecher Miller, dass die USA die Ukraine seit mehr als zwei Jahren mit Waffen versorgen, um sich selbst gegen die russischen Angriffe zu verteidigen. Ziel sei es, das Land mit einer Flugabwehr und auch den angekündigten F-16-Kampfjets so auszustatten, dass es sich vor den russischen Luftangriffen schützen könne. Selenskyj hatte zuvor erneut auch mindestens 25 Flugabwehrsysteme vom Typ Patriot gefordert.

Seit Kriegsbeginn hat die Ukraine mindestens vier Patriot-Systeme erhalten, darunter drei allein aus Deutschland. Medienberichten zufolge sind aber mehrere Startrampen durch russische Luftschläge entweder zerstört oder beschädigt worden. Ein komplettes System aus Radar, Antennen, Feuerleit- und Gefechtsstand und mehreren Startrampen kostet umgerechnet mehrere Hundert Millionen Euro. Der Stückpreis für eine moderne Flugabwehrrakete liegt unterschiedlichen Angaben nach bei umgerechnet gut drei Millionen Euro.

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