Nach einer Attacke auf einen jüdischen Studenten der Freien Universität Berlin hat eine Initiative einen stillen Protest organisiert, um auf Ängste jüdischer Studierender hinzuweisen.
Monika Skolimowska/dpa
Nach einer Attacke auf einen jüdischen Studenten der Freien Universität Berlin hat eine Initiative einen stillen Protest organisiert, um auf Ängste jüdischer Studierender hinzuweisen.
Antisemitismus

Uni erteilt Hausverbot nach Angriff auf jüdischen Studenten

Die Attacke auf den FU-Studenten Lahav Shapira befeuert eine politische Debatte. Nun zieht die Universität Konsequenzen. Berlin stellt außerdem eine Reform des Hochschulgesetzes zur Debatte.

Berlin (dpa) Nach dem Angriff auf einen jüdischen Studenten hat die Freie Universität Berlin Konsequenzen gezogen. Die Universität erlasse nach dem mutmaßlich antisemitisch motivierten gewaltsamen Angriff in Berlin-Mitte gegen den Tatverdächtigen ein Hausverbot zum Schutz der Hochschul-Mitglieder auf dem Campus, teilte die Uni mit. Das Hausverbot gelte für drei Monate auf dem gesamten Campus und könne verlängert werden. Online-Lehrformate seien von der Entscheidung der Hochschule nicht berührt, hieß es.

Der jüdische FU-Student Lahav Shapira war vergangenes Wochenende mit Knochenbrüchen im Gesicht ins Krankenhaus gekommen. Ein 23-jähriger propalästinensischer Kommilitone soll ihn auf einer Straße in Berlin-Mitte geschlagen und getreten haben. Die Staatsanwaltschaft geht von einem gezielten Angriff und einem antisemitischen Hintergrund aus. Der Fall wühlt die Stadt seit Tagen auf und setzt auch die Leitung der FU unter Druck.

Reform des Hochschulgesetzes?

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) kündigten unterdessen eine gemeinsame Linie zum Schutz jüdischer Studierender an. Wenn die aktuellen rechtlichen Möglichkeiten nicht ausreichten, müssten den Hochschulen zusätzliche durchgreifende Instrumente an die Hand gegeben werden, um diesen Schutz sicherzustellen, erklärten sie nach einem gemeinsamen Gespräch. Das beinhalte auch eine mögliche Reform des geltenden Hochschulgesetzes.

Der Zentralrat der Juden hatte Berlins Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) den Rücktritt nahegelegt. Zentralratspräsident Josef Schuster sagte dem «Tagesspiegel»: «Ich bin der Überzeugung, dass Frau Czyborra für ihr Amt nicht mehr geeignet ist.» Schuster kritisierte, die Senatorin habe den Vorgang zunächst als Konflikt herunterspielt und sehe keinen Anlass für eine Änderung des Berliner Hochschulgesetzes.

Czyborra hatte nach dem Überfall auf Lahav Shapira ein Hausverbot an der FU Berlin für den Täter gefordert, was nach geltender Rechtslage möglich ist. Härtere Regeln oder eine Exmatrikulation hatte sie zunächst zurückgewiesen und Nüchternheit in der Debatte angemahnt.

Stiller Protest - Mahnwache mit Ricarda Lang

Wenige Tage nach dem Angriff ein stiller Protest an der Freien Universität Berlin auf Ängste jüdischer Studierender hingewiesen. Zu der Aktion der Gruppe Fridays for Israel kamen nach Polizeiangaben etwa 100 Menschen - darunter die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang, der frühere Grünen-Politiker Volker Beck und die CDU-Politikerin Ottilie Klein. Zwischenfälle oder Gegendemonstranten gab es nicht.

Grünen-Chefin Lang sagte am Rande der Mahnwache, diese sei «ein Signal gegen das Wegschauen». Es gelte, gegen jede Art von Antisemitismus konsequent und dauerhaft zu handeln. Beck, heute Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, forderte die Politik auf nachzusteuern. So müsse es gesetzlich möglich werden, Gewalttäter gegebenenfalls zu exmatrikulieren.

Die Gruppe Fridays for Israel weise seit Wochen auf die Sorgen jüdischer Studierender hin, sagte Sprecherin Clara von Nathusius der Deutschen Presse-Agentur. Die Leitung der Freien Universität habe «viel verschlafen». Erst seit dem Angriff auf Shapira «hat sich tatsächlich etwas verändert in der Tonalität der Universitäts-Leitung».

FU-Präsident Günter Ziegler sagte bei radioeins vom rbb, es sei nicht einfach, den derzeitigen Konflikt an der Universität in den Griff zu bekommen. Hass, Hetze und Gewalt seien nicht akzeptabel, gehörten nicht zur Universität und «natürlich auch nicht auf den Campus», sagte Ziegler in dem Interview. «Wir müssen mit allen Maßnahmen, die wir haben, primär auch die Sicherheit auf dem Campus im Blick haben.»

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