Die Gefechte zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah-Miliz werden immer härter. Bei zwei israelischen Luftangriffen wurden am Mittwochabend nach libanesischen Angaben mindestens neun Menschen getötet. Israels Armee teilte mit, Kampfjets hätten in Tajir Harfa eine Terrorzelle in einer Militäreinrichtung der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah getroffen. Eine weitere Zelle sei in der Nähe von Nakura beschossen worden.
Die Hisbollah setzte wiederum in der Nacht zum Donnerstag und am Morgen ihre Raketenangriffe auf israelische Grenzorte fort. Am Mittwoch war bei einem solchen Angriff ein 25 Jahre alter Israeli getötet worden.
Unterdessen laufen nach Angaben der US-Regierung Bemühungen, einen neuen Termin für einen Besuch einer israelischen Delegation in Washington zu finden. «Wir arbeiten daran, einen Termin festzulegen», sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre. Das Büro von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu habe zugestimmt, das Treffen neu anzusetzen. Auf Anfrage erklärte Netanjahus Büro, der Regierungschef habe die Abreise der Delegation nicht genehmigt. Dass Gespräche dazu geführt werden, wurde aber nicht dementiert.
Mit einer völkerrechtlich bindenden Resolution hatte der Weltsicherheitsrat am Montag erstmals seit Kriegsbeginn eine «sofortige Waffenruhe» im Gazastreifen gefordert. Zudem verlangte das UN-Gremium die umgehende und bedingungslose Freilassung aller von der Hamas festgehaltenen Geiseln.
Die USA verzichteten bei der Abstimmung auf ihr Vetorecht und verhalfen der Resolution, die den internationalen Druck auf Israel erhöht, dadurch zum Erfolg. Netanjahu sagte im Anschluss umgehend den geplanten Besuch einer israelischen Delegation in Washington ab. Der Schritt des israelischen Regierungschefs wurde weithin als erboste Reaktion auf das Abstimmungsverhalten der Amerikaner gewertet.
Netanjahu: Absage war Signal an Hamas
Offiziell begründete Netanjahu die Absage des Besuchs damit, eine Botschaft an die Hamas senden zu wollen. Die Islamistenorganisation sei nach der jüngsten Resolution des Weltsicherheitsrats überzeugt davon, dass internationaler Druck Israel daran hindern werde, die Geiseln zu befreien und die Hamas im Gazastreifen zu zerstören, sagte Netanjahu nach Angaben seines Büros. Er habe den Islamisten mit dem Schritt zeigen wollen, dass sie sich nicht auf diesen Druck verlassen sollten. Dies werde nicht funktionieren. «Ich hoffe, sie haben die Botschaft verstanden», sagte er.
Bei dem geplanten Besuch einer ranghohen israelischen Delegation wollten Regierungsvertreter der USA den Israelis Alternativen zu einer von Washington abgelehnten Bodenoffensive in der Stadt Rafah im Süden Gazas vorlegen. Sobald es einen neuen Besuchstermin gebe, werde dieser öffentlich mitgeteilt, sagte Jean-Pierre nun.
Israels Militär: 200 Terroristen in Schifa-Krankenhaus getötet
Die heftigen Kämpfe im Bereich des Schifa-Krankenhauses in Gaza gehen nach Angaben der israelischen Armee weiter. «Rund 200 Terroristen sind im Bereich des Krankenhauses seit Beginn der Aktivität ausgeschaltet worden», teilte das Militär mit. In den letzten 24 Stunden hätten «Terroristen von dem Notfallmedizin-Gebäude des Schifa-Krankenhauses aus und von außerhalb auf israelische Truppen geschossen».
Die von der Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde teilte mit, binnen 24 Stunden seien 62 Palästinenser im Gazastreifen getötet und 91 weitere verletzt worden. Damit sei die Zahl der seit Kriegsbeginn vor einem halben Jahr getöteten Palästinenser in dem Küstenstreifen auf 32.552 gestiegen, die Zahl der seitdem Verletzten betrage fast 75.000. Diese Angaben lassen sich bisher nicht unabhängig überprüfen.
Kirchenoberhäupter fordern zu Ostern Waffenruhe
Die Kirchenoberhäupter in Jerusalem haben unterdessen in ihrer Osterbotschaft zu einer sofortigen und anhaltenden Waffenruhe im Gaza-Krieg aufgerufen. In der Botschaft war die Rede von «intensivem Leid, das uns hier im Heiligen Land umgibt». Man verurteile «alle gewaltsamen Taten in dem gegenwärtigen verheerenden Krieg, vor allem jene, die sich gegen unschuldige Zivilisten richten». Die Kirchenoberhäupter riefen zur raschen Verteilung humanitärer Hilfe in Gaza, der «Freilassung aller Gefangenen» und zu uneingeschränktem Zugang ärztlicher Teams zu Kranken und Verletzten auf.
Sie forderten außerdem die Aufnahme von Verhandlungen mit internationaler Hilfe zur «Beendigung und Überwindung des gegenwärtigen Gewaltkreislaufs». Nur so könne «eine umfassende Lösung für einen gerechten und dauerhaften Frieden hier in dem Land vorangebracht werden, in dem unser Herr sein Leben geopfert hat». Am Karfreitag tragen Christen in Jerusalem traditionell bei einer Prozession auf der Via Dolorosa (deutsch: Leidensweg) Kreuze aus Holz, während sie zur Grabeskirche gehen, wo Jesus nach dem Glauben vieler Christen gekreuzigt und begraben wurde und von den Toten auferstanden ist. In diesem Jahr fällt Ostern mit dem muslimischen Fastenmonat Ramadan zusammen.
Militärischer Hamas-Arm ruft zu Marsch auf Jerusalem auf
Unterdessen veröffentlichte der militärische Arm der Hamas eine Botschaft, mit der Muslime auf der ganzen Welt zur «Befreiung» der Al-Aksa-Moschee in Jerusalem aufgerufen werden. Darauf soll die Stimme des Anführers Mohammed Deif zu hören sein. Weder die Authentizität noch das genaue Datum der Aufnahme, die im Telegram-Kanal der Al-Aksa-Brigaden veröffentlicht wurde, ließen sich zunächst klären.
Muslime in verschiedenen arabischen Ländern wurden darin aufgerufen, «in Richtung Palästinas zu marschieren, jetzt, nicht morgen». Sie sollten sich nicht von Grenzen, Staatsgebilden und Restriktionen daran hindern lassen, «an der Befreiung von Al-Aksa teilzunehmen», hieß es in der 35 Sekunden langen Aufnahme.
Deif gilt gemeinsam mit dem Hamas-Chef im Gazastreifen, Jihia al-Sinwar, als Planer des beispiellosen Massakers in Israel am 7. Oktober. In einer seltenen Botschaft hatte Deif an jenem Tag eine «Militäroperation» gegen Israel angekündigt.
Die Al-Aksa-Moschee steht auf dem Tempelberg (Al-Haram al-Scharif) in Jerusalem, der drittheiligsten Stätte im Islam. Die Anlage ist aber auch Juden heilig, weil dort früher zwei jüdische Tempel standen. Zehntausende von Muslimen beten dort während des Fastenmonats Ramadan. Es war befürchtet worden, dass es dabei wegen des Gaza-Kriegs zu neuer Gewalt kommen könnte. Die Hamas hatte zu Protesten aufgerufen. Bisher verliefen die Gebete aber weitgehend friedlich.
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