Supreme Court: Trump darf an Vorwahlen teilnehmen
Der Sturm auf das US-Kapitol war eine Zäsur. Trumps Gegner argumentieren, dass dieser deswegen nicht noch einmal Präsident werden kann. Der Supreme Court macht ihnen einen Strich durch die Rechnung.
Der Sturm auf das US-Kapitol war eine Zäsur. Trumps Gegner argumentieren, dass dieser deswegen nicht noch einmal Präsident werden kann. Der Supreme Court macht ihnen einen Strich durch die Rechnung.
Bedeutender Sieg für den früheren US-Präsidenten Donald Trump vor dem obersten Gericht der USA: Der Republikaner hat erfolgreich Versuche seiner Gegner abgewehrt, ihn aus dem Rennen um die Präsidentschaft auszuschließen. Der Supreme Court entschied einstimmig, dass Colorado und andere Bundesstaaten keine Befugnis haben, den Republikaner vom Wahlzettel der parteiinternen Vorwahlen zu streichen.
Diese liege stattdessen beim US-Kongress. Damit schaffte das Gericht kurz vor dem wichtigen Vorwahltag «Super Tuesday» Klarheit. An diesem Dienstag stimmen Republikaner und Demokraten in mehr als einem Dutzend Bundesstaaten über ihre Kandidaten für die Präsidentschaftskandidatur ab - darunter auch in Colorado.
Urteil von großer Tragweite
Die Entscheidung ist zwar keine Überraschung - aber dennoch von großer Tragweite. Bei einer Anhörung Anfang Februar hatte sich bereits angedeutet, dass die neun Richterinnen und Richter in Trumps Sinne entscheiden werden. Für viele Fachleute hatte die Entscheidung des Supreme Courts bereits vor dem eigentlichen Urteil eine historische Dimension, weil der Richterspruch unmittelbaren Einfluss auf den Verlauf der Präsidentenwahl hat. Trump feierte den Sieg auf der von ihm mitbegründeten Plattform «Truth Social» und schrieb in Versalien: «Großer Sieg für Amerika!!!»
Trump will bei der US-Präsidentenwahl Anfang November erneut für die Republikaner kandidieren. Wer als Präsidentschaftskandidat antreten will, muss sich in parteiinternen Vorwahlen durchsetzen. Kläger versuchen seit einiger Zeit in verschiedenen Bundesstaaten, Trumps Teilnahme an den Vorwahlen zu verhindern und den Namen des 77-Jährigen von Wahlzetteln streichen zu lassen.
Hintergrund der Auseinandersetzung ist der beispiellose Angriff auf den US-Parlamentssitz vor fast genau drei Jahren. Anhänger Trumps hatten am 6. Januar 2021 gewaltsam das Kapitol in Washington gestürmt. Dort war der Kongress zusammengekommen, um den Sieg des Demokraten Joe Biden bei der Präsidentenwahl von 2020 formal zu bestätigen.
Gegner argumentieren mit Trumps Rolle beim Sturm aufs Kapitol
Trump hatte seine Anhänger zuvor bei einer Rede durch unbelegte Behauptungen aufgewiegelt, dass ihm der Wahlsieg durch massiven Betrug gestohlen worden sei. Trumps Gegner sind der Auffassung, dass Trump wegen seines Verhaltens nach der Wahl 2020 nicht noch einmal ins Weiße Haus einziehen darf.
Sie argumentieren mit der sogenannten Aufstandsklausel in der Verfassung. Sie besagt sinngemäß, dass niemand ein höheres Amt im Staat bekleiden darf, der sich zuvor als Amtsträger an einem Aufstand gegen den Staat beteiligt hat. Zwar werden in der Passage für solche höheren Ämter einige Beispiele genannt, nicht explizit aufgeführt wird aber das Amt des Präsidenten.
Den Stein ins Rollen gebracht hatte ein explosives Urteil im Dezember. Das höchste Gericht des Bundesstaats Colorado entschied, dass Ex-Präsident Trump sich wegen seiner Rolle beim Sturm auf das US-Kapitol für die Vorwahl der Republikaner für die Präsidentschaftskandidatur in dem Bundesstaat disqualifiziert habe. Trump legte Berufung ein. Das Urteil wurde so lange ausgesetzt, bis die Frage endgültig geklärt ist. So landete der Fall schließlich beim höchsten Gericht der USA.
In den Bundesstaaten Maine und Illinois fielen ähnliche Entscheidungen. Die oberste Wahlaufseherin von Colorado, Jena Griswold, äußerte sich enttäuscht über die Entscheidung des Obersten Gerichts. Sie schrieb, Colorado sollte in der Lage sein, «eidbrüchige Aufrührer» vom dortigen Wahlzettel streichen.
Supreme Court äußert sich nicht inhaltlich zum Kapitol-Sturm
Der Supreme Court machte nun deutlich, dass Bundesstaaten keine Befugnis haben, Präsidentschaftskandidaten unter Bezug auf die Aufstandsklausel vom Wahlzettel zu streichen. Stattdessen liege diese Befugnis beim US-Kongress, so das Gericht. Daher könne das Urteil des höchsten Gerichts von Colorado keinen Bestand haben. Auch die Entscheidungen anderer Bundesstaaten sind damit hinfällig. Das Gericht warnte vor Chaos, sollten in unterschiedlichen Staaten Kandidaten vom Wahlzettel gestrichen werden.
Bereits vor der Entscheidung hatte sich angedeutet, dass der Supreme Court dem Kongress die Verantwortung zuschieben könnte. Der Gerichtshof hat damit nicht inhaltlich dazu Stellung bezogen, ob es sich bei dem Sturm auf das Kapitol um einen Aufstand handelt oder nicht. Einige Juristinnen und Juristen hatten vorab davor gewarnt, dass der Supreme Court urteilen könnte, dass erst der Kongress handeln muss, bevor die Aufstandsklausel auf eine bestimmte Person angewendet werden kann.
Sie hatten stattdessen darauf gesetzt, dass die Richterinnen und Richter eine inhaltliche Entscheidung treffen. Einige befürchten gar eine Verfassungskrise bei künftigen Wahlen mit Blick auf die Befugnis des Kongresses.
Alle Augen auf den «Super Tuesday»
Es wurde erwartet, dass der Supreme Court noch vor dem «Super Tuesday» Stellung bezieht. Der Wahltag ist der nächste große Meilenstein im Wahljahr. Bei den Republikanern liefert sich Trump derzeit noch ein Duell mit der ehemaligen US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley, um die Nominierung der Partei um die Kandidatur für die Präsidentschaftswahl Anfang November. Der Nominierungsparteitag der Republikaner findet Mitte Juli in Milwaukee im Bundesstaat Wisconsin statt.
Trump liegt dabei haushoch in Führung. Haley hatte am Sonntag zwar erstmals eine der Vorwahlen für sich entschieden - allerdings lediglich im Hauptstadtdistrikt Washington, der als Hochburg von Trump-Gegnern gilt und zahlenmäßig in dem Rennen nicht sehr ins Gewicht fällt. Für die Demokraten möchte Amtsinhaber Biden für eine weitere Amtszeit kandidieren. Er hat in dem internen Rennen seiner Partei keine ernstzunehmende Konkurrenz. Derzeit deutet also alles darauf hin, dass am Ende erneut Biden und Trump gegeneinander antreten dürften.
Der Supreme Court beschäftigt sich derzeit noch mit einem anderen Fall, der aber nichts mit der Frage nach dem Wahlzettel zu tun hat. Das Gericht will klären, ob ehemalige Präsidenten vor Strafverfolgungen für Handlungen im Amt geschützt sind. Hintergrund ist der Strafprozess gegen Trump in Washington wegen versuchten Wahlbetrugs. Eine Anhörung vor dem obersten US-Gericht ist für Ende April angesetzt.
Von Julia Naue und Christiane Jacke, dpa
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