Spitzenverbände der Wirtschaft warnen vor AfD-Wahlerfolgen
2024 stehen wichtige Landtagswahlen an. Die AfD führt in Umfragen. Wirtschaftsverbände finden klare Worte.
2024 stehen wichtige Landtagswahlen an. Die AfD führt in Umfragen. Wirtschaftsverbände finden klare Worte.
Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft haben vor AfD-Wahlerfolgen im kommenden Jahr gewarnt. «Wer erwägt, die AfD zu wählen, muss wissen: Diese Partei richtet großen Schaden an», sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Siegfried Russwurm, der Deutschen Presse-Agentur. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger sagte der dpa: «Der zunehmende Zuspruch, den die AfD erhält, besorgt mich als Unternehmer und als Arbeitgeberpräsident sehr, wirklich sehr.»
Im Juni findet die Europawahl statt. Im September werden die Landtage in Sachsen, Thüringen und Brandenburg neu gewählt. In allen drei Ländern lag die AfD in Umfragen zuletzt vorn. Der AfD-Landesverband Sachsen wurde kürzlich vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextremistische Bestrebung eingestuft, in Thüringen ist die Landes-AfD schon länger so eingestuft.
Russwurm sagte mit Blick auf die Wahlen in den drei ostdeutschen Bundesländern: «Da habe ich große Sorgen. Vieles, von dem die Bundesregierung sagt, wir haben doch geliefert, trifft in weiten Teilen der Bevölkerung auf große Skepsis und mangelnde Akzeptanz. In dieser Lage fischt die AfD Stimmen mit vermeintlich einfachen Lösungen, die keine sind. Ich treffe fast ausschließlich Unternehmerinnen und Unternehmer, die klare Kante zeigen: Das Programm der AfD schadet unserem Land. Es schadet der Wirtschaft und dem gesellschaftlichen Zusammenhalt.»
Dulger: Deutschland profitiert von Weltoffenheit
Die AfD sei laut Verfassungsschutz in Teilen eine rechtsextreme Partei, sagte Dulger. «Sie leitet viele ihrer Positionen aus dem Nationalismus ab. Damit kann ich nichts anfangen. Wir haben unseren Wohlstand in Deutschland nicht mit Nationalismus aufgebaut, sondern wir waren und sind eine weltoffene und liberale Industrie- und Handelsnation. Wir haben mit allen ausländischen Freunden und Partnern wirtschaftlich gut zusammengearbeitet und Handel betrieben. Das ist der Ursprung unseres Wohlstands, und diesen Wohlstand möchte ich gern weiter festigen. Deutschland profitiert wie wenig andere Länder von seiner Weltoffenheit. Ich habe von der AfD auch noch keine Antwort auf die Frage gesehen, wie wir die Fachkräftelücke füllen wollen, die uns die Alterung der Gesellschaft bringt.»
Ihn störe auch die antieuropäische Einstellung, sagte der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. «Wir dürfen nicht vergessen, dass das Modell der Europäischen Union, eines vereinten Europas, nicht nur der Grund und die Ursache eines dauerhaften, mehr als 70 Jahre währenden Friedens in Europa ist, sondern auch der Garant für den Wohlstand, den wir heute alle genießen. Wir können über Landesgrenzen hinweg arbeiten, ohne Zölle mit einer einheitlichen Währung einkaufen, Handel treiben, Existenzen aufbauen - und das alles in Frieden und Freiheit. Das ist doch das Erfolgsmodell Europa, das wir wollen. Und das alles steht bei der AfD so nicht auf der Agenda - die destruktive Anti-Haltung macht mir einfach große Sorge.»
Viele AfD-Wähler seien enttäuscht von den großen Volksparteien, so Dulger weiter. «Die sagen: Es reicht. Dem sollte die Politik mehr Sorge tragen. Dazu gehört, dass die Bundesregierung nun liefert und sich nicht wieder in Debatten mit sich selbst verstrickt. Viele Parteien wollen bestimmte Themen auch nicht anfassen. Das ist falsch. Hier entsteht ein Vakuum, das die AfD gerne füllt.»
Blick auf Europawahl
Russwurm forderte mehr Engagement für Europa. Bis zur Europawahl seien es nur noch sechs Monate. «Ich würde mir schon längst eine Kampagne der demokratischen Parteien wünschen, möglichst viele Wählerinnen und Wähler davon zu überzeugen, wie sinnvoll, wie wichtig Europa für uns ist. Aus der Industrie hören Sie das an allen Ecken und Enden. Wir wollen mehr Europa und ein stärkeres Europa. Manche Dinge, die wir in Europa noch nicht angegangen sind, müssen jetzt angepackt werden, zum Beispiel eine Kapitalmarktunion, eine vertiefte Energiezusammenarbeit, und ein digitaler Binnenmarkt mit gleicher Umsetzung in der ganzen EU.»
Von Andreas Hoenig, dpa
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