Der Bundesrat hat zwei weitere Bausteine der neuen Migrationspolitik der Ampel-Koalition gebilligt. Während die von Anfang an umstrittene Reform des Staatsangehörigkeitsrechts auch in der Länderkammer noch zu einem Schlagabtausch führte, wurden gegen die Verfahrenserleichterungen für Abschiebungen lediglich Bedenken geäußert, was die Praxistauglichkeit der neuen Bestimmungen angeht.
Die Neuerungen
Der Bundesrat verzichtete zum Staatsbürgerschaftsrecht auf die Anrufung des Vermittlungsausschusses. Das neue Gesetz sieht vor, dass Zuwanderer bereits nach fünf Jahren Aufenthalt in Deutschland Staatsbürger werden können, vorausgesetzt sie können ihren Lebensunterhalt ohne staatliche Hilfe bestreiten.
Bisher müssen sie mindestens acht Jahre im Land leben. Bei guten Leistungen in Schule oder im Job, guten Sprachkenntnissen oder ehrenamtlichem Engagement soll die Einbürgerung schon nach drei Jahren möglich sein. Wer einen deutschen Pass haben möchte, soll seinen alten dafür nicht mehr aufgeben müssen.
Das gilt jetzt schon für EU-Bürger und einige Sonderfälle, aber beispielsweise nicht für Menschen aus der Türkei. Die Reform betrifft auch Deutsche, die Bürger eines weiteren Staats werden möchten. Sie benötigen dafür keine spezielle Genehmigung der deutschen Behörden mehr. Ohne diese Erlaubnis verlor man bisher die deutsche Staatsbürgerschaft beim Erwerb einer weiteren.
Stimmen aus der Politik
Die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD), warb im Bundesrat für die Reform. Dagegen erklärte Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) als Stellvertreter des Ministerpräsidenten, es werde mit den Plänen der falsche Weg beschritten.
Er sagte, dass Einbürgerungen derzeit im Schnitt erst nach 16,3 Jahren erfolgten, liege erstens daran, dass eine echte Integration inklusive Spracherwerb Zeit brauche. Zweitens fehlten in den zuständigen Behörden jetzt schon die Kapazitäten. Das habe zur Folge, dass Ausländer, die alle Kriterien erfüllten, von der Antragstellung bis zur Einbürgerung oft sehr lange warten müssten.
Wer als «Gastarbeiter» in die Bundesrepublik gekommen ist oder als Vertragsarbeiter in die DDR, muss zur Einbürgerung künftig nur mündliche Deutschkenntnisse nachweisen. Für Menschen aus diesen beiden Gruppen wird zudem kein Einbürgerungstest mehr verlangt. Wer den deutschen Pass möchte, muss den eigenen Lebensunterhalt und den unterhaltspflichtiger Angehöriger selbst bestreiten können. Wer unverschuldet doch auf Sozialhilfe oder Grundsicherung angewiesen war, für den galt bislang eine Ausnahmeregelung - diese soll es künftig aber nur noch für bestimmte Gruppen und Fälle geben.
Die Grünen-Migrationsexpertin, Filiz Polat, sagte nach der Entscheidung: «Der Doppel-Pass kommt. Auch der letzte Versuch der Union ist gescheitert, mit einem Antrag aus Bayern das Gesetz im Bundesrat noch aufzuhalten. CDU und CSU seien offenbar noch immer nicht «in der modernen Einwanderungsgesellschaft angekommen, die es in Deutschland längst gibt», sagte die Bundestagsabgeordnete.
Die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Andrea Lindholz, sagte: «Im Falle eines Regierungswechsels würde ich im Bereich der Migrationspolitik als Erstes das Ampel-Gesetz zur Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts rückgängig machen.» Die CSU-Politikerin kritisierte: «Wenn wir sehen, welche inakzeptablen Einstellungen man bei einigen der Menschen findet, die in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten eingebürgert wurden, kann die Antwort doch nicht sein, die Hürden für die Einbürgerung zu senken.»
Bundesrat billigt Gesetz für effektivere Abschiebepraxis
Auch das sogenannte Rückführungsverbesserungsgesetz fand die nötige Unterstützung. Das vom Bundestag im Januar beschlossene Gesetz hat zum Ziel, dass insbesondere Straftäter, Gefährder und Schleuser schneller abgeschoben werden.
Es enthält eine Reihe von Maßnahmen, um den Vollzug der Abschiebung effektiver zu machen und die Ausreisepflicht von Menschen ohne Bleiberecht besser durchsetzen zu können. So erhalten Behörden mehr Möglichkeiten, Ausreisepflichtige aufzufinden, ihre Identität anhand von Dokumenten zu klären und ein Untertauchen zu verhindern.
Beispielsweise wird die Höchstdauer des Ausreisegewahrsams von bislang 10 Tagen auf 28 Tage verlängert. Außerdem sollen Behördenvertreter in Gemeinschaftsunterkünften auch andere Räume als das Zimmer des Abzuschiebenden betreten dürfen.
Eine dringende Bitte gab die Länderkammer der Bundesregierung zu dem Gesetz mit auf den Weg. Sie wünscht sich eine Klarstellung dazu, wann genau die Berufung eines Anwalts für Menschen vorgesehen ist, die von einer Rückführungsmaßnahme betroffen sind.
Denn eine Mehrheit der Länder befürchtet, dass - wenn dies noch vor der richterlichen Anordnung von Abschiebungshaft oder Ausreisegewahrsam passieren sollte - die Rückführung nicht vereinfacht, sondern sogar erschwert oder verhindert werden könnte, weil die Betroffenen dadurch praktisch gewarnt würden. Das Gesetz sieht vor, dass bei Abschiebungshaft oder Ausreisegewahrsam dann, wenn es im betreffenden Fall noch keinen Rechtsbeistand gab, ein Anwalt beigeordnet werden kann.
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