Putin zum fünften Mal als Präsident eingeschworen
Kremlchef Putin wird für weitere sechs Jahre in sein Amt eingeführt. Während er den Russen den Sieg verspricht, kommt scharfe Kritik von der ins Exil getriebenen Opposition.
Kremlchef Putin wird für weitere sechs Jahre in sein Amt eingeführt. Während er den Russen den Sieg verspricht, kommt scharfe Kritik von der ins Exil getriebenen Opposition.
Im goldüberladenen Thronsaal des Großen Kremlpalasts hat sich Russlands Präsident Wladimir Putin mit einer pompösen Zeremonie zum fünften Mal in sein Amt einführen lassen. In seiner vom russischen Fernsehen übertragenen Rede vor rund 2600 Zuschauern gab sich der Kremlchef siegessicher. Auf den Angriffskrieg gegen die Ukraine ging er zwar nur am Rande mit einem Dank an die von ihm an die Front geschickten Soldaten ein. Doch seine Rede schloss er mit den Worten: «Wir sind ein einiges und großes Volk. Gemeinsam werden wir siegen.»
Dabei bot er dem Westen Gespräche an. «Russland verweigert sich dem Dialog nicht», sagte der Kremlchef vor Vertretern der Regierung, beider Kammern des Parlaments und weiteren hochrangigen Gästen. Der Westen habe die Wahl, ob er Russland weiter aggressiv begegnen und es eindämmen wolle. Zugleich betonte Putin, dass Russland seinen Weg selbstbestimmt weitergehen werde. Die wenigen Meter von seinem Büro im Kreml zum Thronsaal hatte er sich in einem neuen Modell der russischen Auto-Luxusmarke Aurus kutschieren lassen. Damit wollte Moskau auch äußerlich ein Zeichen seiner Unabhängigkeit vom Westen senden.
Russlands Interessen und Sicherheit ständen für ihn an erster Stelle, betonte Putin. Seine Wiederwahl bezeichnete er auch als Bestätigung des von ihm eingeschlagenen Kurses und damit auch des vor zwei Jahren begonnenen Kriegs gegen die Ukraine. Der Kremlchef zeigte sich optimistisch, dass Russland die bestehenden Probleme überwinden werde. Nötig dafür seien Einigkeit und Geschlossenheit.
Im Amtseid hatte er zuvor unter anderem geschworen, als Präsident die Bürgerrechte und die Verfassung zu schützen. Dabei legte Putin seine Hand auf eine neue Ausgabe der Verfassung. Die alte hatte er vor vier Jahren extra umschreiben lassen, um sich eine weitere Amtszeit zu sichern. Insbesondere seit Kriegsbeginn geht Russlands Machtapparat allerdings äußerst repressiv gegen Oppositionelle, Andersdenkende und kritische Medien vor.
Der 71 Jahre alte Putin, der die russische Politik seit 24 Jahren beherrscht, hatte sich bei der Präsidentenwahl im März ein Rekordergebnis von mehr als 87 Prozent der Stimmen bescheinigen lassen. Überschattet wurde die Wahl von Betrugs- und Manipulationsvorwürfen. Kritik gab es auch, weil kein einziger echter Oppositionskandidat zugelassen war.
Nawalnaja nennt Putin einen Lügner
Kritik gab es auch am Tag der Amtseinführung. Die im Exil lebende Oppositionelle Julia Nawalnaja warf Putin Lüge vor und erinnerte an gebrochene Versprechen seiner bisherigen Herrschaft. «Seine Versprechen sind nicht nur leer, sondern verlogen», sagte die Witwe des im Februar unter ungeklärten Umständen in einem russischen Straflager ums Leben gekommenen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny. Auch diesmal werde er seine Versprechen brechen. Solange Putin an der Macht bleibe, werde Russland weder Frieden noch Entwicklung oder Freiheit erleben, sagte Nawalnaja in einem Video.
In dem Video wurden Ausschnitte aus Putins Rede zum Antritt seiner vierten Amtszeit 2018 gezeigt. Darin hatte er unter anderem gesagt, wichtigstes Ziel seiner Präsidentschaft sei eine friedliche und blühende Zukunft Russlands. Dagegen stellte Nawalnaja Bilder aus dem Angriffskrieg, den Putin im Februar 2022 gegen die Ukraine begonnen hatte.
Er habe sozialen Frieden und mehr Freiheiten für Unternehmer und Wissenschaftler versprochen. Stattdessen habe er die - in Russland extrem unpopuläre - Erhöhung des Rentenalters durchgesetzt, die Verfolgung Andersdenkender weiter verschärft und Russland international isoliert, sagte die im Exil lebende Russin. Selbst Sicherheitsgarantien für die Bürger seien gebrochen worden, sagte sie mit Blick auf den jüngsten Terroranschlag mit mehr als 140 Toten bei Moskau.
Segen vom Patriarchen
In Russland muss Putin hingegen trotz Schneeregens und eines scharfen Winds, der ihm bei der Abnahme einer Parade des Präsidentenregiments entgegen pfiff, keinen Widerstand befürchten. Die Opposition ist kalt gestellt, und aus seiner Umgebung gibt es schon lange keine Kritik mehr an seinem Vorgehen.
So hat das Oberhaupt der orthodoxen Gläubigen in Russland, Patriarch Kirill, nach einem Dankgebet zur Amtseinführung Putins ihm die bedingungslose Unterstützung der Kirche für seinen Kriegskurs zugesagt. «Schwierige Entscheidungen zum Wohle des Volkes wurden niemals von der Kirche oder dem Volk verurteilt», sagte Kirill in der Mariä-Verkündigungs-Kathedrale im Kreml. Darüber hinaus wünschte das Kirchenoberhaupt dem Staatschef, bis ans Lebensende zu regieren. Kirill, der schon lange als treuer Anhänger Putins und Unterstützer seines Kriegskurses gilt, schenkte Putin zudem eine Marien-Ikone. Der Gottesdienst war Teil der pompösen Zeremonie.
Traditionell trat die russische Regierung nach der Amtseinführung des Präsidenten zurück, um ihm freie Hand bei der Neubesetzung des Kabinetts zu lassen. Seine Rede deutete allerdings nicht auf anstehende große Veränderungen hin. Erwartet wurde, dass er Regierungschef Michail Mischustin im Amt lässt.
Von André Ballin
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