Polizei auf dem UCLA-Campus in der Nähe eines von pro-palästinensischen Demonstranten errichteten Lagers.
Ryan Sun/AP/dpa
Polizei auf dem UCLA-Campus in der Nähe eines von pro-palästinensischen Demonstranten errichteten Lagers.
Gaza-Konflikt

Propalästinensisches Uni-Protestcamp in Los Angeles geräumt

Die US-Unis sind Epizentren der erbitterten amerikanischen Debatte über den Gaza-Krieg. Auf die Räumung eines Camps in New York folgt ein Polizeieinsatz in Los Angeles. Auch der Präsident meldet sich.

US-Präsident Joe Biden hat nach der Räumung eines weiteren propalästinensischen Zeltlagers auf dem Campus einer Elite-Universität Gewalt bei den Protesten aufs Schärfste verurteilt. «Es gibt das Recht zu protestieren, aber nicht das Recht, Chaos zu verursachen», sagte Biden in einer kurzfristig anberaumten Rede im Weißen Haus. Es müsse Ordnung herrschen, die USA seien kein gesetzloses Land. Der Demokrat machte gleichzeitig deutlich, dass ihn die Proteste nicht dazu veranlassen, seine Nahost-Politik zu überdenken. Wenige Stunden vor Bidens Rede hatte die Polizei in Los Angeles ein Protestlager auf dem Campus der renommierten University of California in Los Angeles (UCLA) geräumt.

Polizei nimmt Demonstranten fest

Proteste gegen das Vorgehen Israels im Gaza-Krieg und für eine Solidarität mit den Palästinensern sind in den vergangenen Wochen an diversen US-Hochschulstandorten hochgekocht. Meist geht es dabei um die Forderung an Hochschulen und Unternehmen, finanzielle Beziehungen zu Israel zu kappen. Während einige jüdische Studierende an diesen Protesten teilnehmen, fühlen sich andere bedroht und bleiben den Unis fern. Weit über 1000 Demonstranten waren landesweit festgenommen worden. Vor wenigen Tagen hatte die Polizei an der Elite-Universität Columbia in New York ein von Studierenden besetztes Hochschulgebäude geräumt

In der Nacht ging die Polizei auch gegen ein Zeltlager auf dem Campus der UCLA in Los Angeles vor. Über Stunden standen sich Demonstrierende und Polizei gegenüber. Schließlich räumte die Polizei das Lager in den frühen Morgenstunden. Die Beamten rissen aufgestellte Barrikaden nieder. US-Medien berichteten von mehr als 100 Festnahmen. Videos zeigten Rangeleien zwischen Polizei und Demonstranten.

Die Behörden hatten das Camp auf dem UCLA-Gelände als «rechtswidrige Versammlung» eingestuft. Um das verbarrikadierte Zeltlager hatten sich nach Angaben der «Los Angeles Times» in der Folge mehrere Tausend Protestierende eingefunden, die sich den Einsatzkräften entgegenstellten und sie zunächst von dem Camp zurückgedrängt hatten. Schon in der vorangegangenen Nacht war es zu Gewalt gekommen, als Anhänger der Gegenseite versucht hatten, das Protestcamp einzureißen.

Biden: Gewalt ist kein friedlicher Protest

Biden fand kurz nach der Räumung deutliche Worte. Der 81-Jährige steht wegen seiner Unterstützung für Israels Militäreinsatz gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen in den USA unter Druck. Er machte deutlich, dass es für Antisemitismus oder Gewaltandrohungen gegen jüdische Studenten keinen Raum geben dürfe. Das gelte auch für Islamophobie.

Er betonte zudem, dass Gewalt, Vandalismus oder Hausfriedensbruch kein friedlicher Protest seien. «Menschen zu bedrohen, einzuschüchtern, Menschen Angst einzujagen ist kein friedlicher Protest. Es ist gegen das Gesetz.» Auf die Frage der Presse, ob sich die Nationalgarde einschalten sollte, sagte Biden: «Nein.» Dieselbe Antwort gab der Demokrat auf die Frage, ob ihn die Proteste dazu veranlassten, seine Nahost-Politik zu überdenken.

Kritiker werfen insbesondere dem radikalen Teil der Protestbewegung Antisemitismus und die Verharmlosung der Hamas vor - die Islamistenorganisation spricht Israel das Existenzrecht ab und hat den Gaza-Krieg mit einem beispiellosen Massaker am 7. Oktober ausgelöst. Ihnen gegenüber stehen vielerorts Proteste, die sich mit der israelischen Seite solidarisieren und eine Freilassung der von der Hamas noch immer gefangen gehaltenen Geiseln fordern. Antisemitische Taten waren seit dem 7. Oktober an den Universitäten angestiegen. Islamophobe Übergriffe ebenfalls.

Ausnahmezustand auch an anderen Universitäten

Auch an anderen US-Hochschulen kam es erneut zu Polizeieinsätzen. Am Dartmouth College im Bundesstaat New Hampshire wurden nach Angaben der Polizei der Stadt Hanover 90 Personen festgenommen. Ihnen wurde Hausfriedensbruch und Widerstand gegen die Staatsgewalt vorgeworfen, nachdem unerlaubterweise Zelte auf dem Gelände errichtet worden waren. Bei den Festgenommenen handelte es sich laut Polizei nur zum Teil um Dartmouth-Studierende oder Lehrende.

In Dallas nahm die Polizei bei der Räumung eines Protestcamps auf dem Gelände der Universität von Texas mindestens 20 Menschen in Gewahrsam, die die Nacht im Gefängnis verbringen sollten, wie der Sender Fox4 berichtete. Eine zunächst friedlich begonnene Demonstration auf ihrem Gelände sei ausgeartet, teilte auch die Stony Brook Universität in New York mit. Zelte seien errichtet, andere Studierende eingeschüchtert und belästigt worden. 29 Protestler seien daraufhin festgenommen worden, darunter neben Studierenden und Mitarbeitern demnach auch Nicht-Angehörige der Hochschule.

Vor mehr als zwei Wochen begann die Welle an Campus-Protesten auf der New Yorker Elite-Uni Columbia mit einem Zeltlager, das schnell von der Polizei aufgelöst wurde. Das als besonders hart wahrgenommene Vorgehen stachelte die Studierenden an, sodass ein größeres Camp entstand. Die Spannungen führten die weitgehend friedlichen Proteste schließlich zur gewaltsamen Besetzung der Hamilton Hall auf dem Columbia-Gelände. Ein Großaufgebot des NYPD hatte den Campus daraufhin geräumt und mehr als 200 Studierende vorläufig festgenommen.

Neue Protest-Camps in Großbritannien

An einigen Universitäten in Großbritannien finden ebenfalls propalästinensische Protestaktionen statt. Studenten in den Städten Leeds, Newcastle und Bristol hätten aus Protest gegen den Krieg im Gazastreifen Zelte vor Universitätsgebäuden aufgebaut, meldete die britische Nachrichtenagentur PA.Fotos aus Manchester zeigen ebenfalls einige Zelte mit palästinensischen Flaggen.

Die für Parlamentsfragen zuständige Ministerin Penny Mordaunt forderte die Polizei zu «äußerst strengen Maßnahmen» auf, falls Studierende in Großbritannien zu Gewalt griffen. Der Sprecher von Premierminister Rishi Sunak betonte das Recht auf friedlichen Protest. Dies dürfe aber nicht missbraucht werden, um andere einzuschüchtern oder Unruhen zu verursachen. «Natürlich verfügt die Polizei bereits über weitreichende Befugnisse zur Wahrung der öffentlichen Ordnung, um Unruhen bei Protesten vorzubeugen, und wird dabei, falls nötig, auch weiterhin unsere volle Unterstützung haben», sagte er.

Die Zeitung «Times» berichtete, die Camps in Großbritannien hätten nur einen Bruchteil des Umfangs wie die an den US-Universitäten Yale und Columbia. In Großbritannien kommt es immer wieder zu Protesten, seit der Terrorangriff der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober den Militäreinsatz Israels im Gazastreifen ausgelöst hatte.

Der «Times» zufolge sollen die Protestaktionen schon vor der Demonstrationswelle in den USA geplant gewesen sein, nun aber neuen Schwung bekommen haben. Eine jüdische Studierendenvereinigung in Großbritannien forderte Universitäten auf, jüdische Studierende zu schützen. «Studenten haben das Recht zu protestieren, aber diese Lager führen zu einer feindseligen und toxischen Atmosphäre auf dem Campus für jüdische Studenten», teilte die Union of Jewish Students auf der Plattform X (früher Twitter) mit.

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