Nahe am Ukraine-Krieg: Luftwaffe sichert Nato-Südostflanke
In Rumänien sind mehrfach von Russland eingesetzte Drohnen oder Überreste davon auf Nato-Gebiet niedergegangen. Das Bündnis zeigt Flagge, aber eine Eskalation soll vermieden werden.
In Rumänien sind mehrfach von Russland eingesetzte Drohnen oder Überreste davon auf Nato-Gebiet niedergegangen. Das Bündnis zeigt Flagge, aber eine Eskalation soll vermieden werden.
Vier Eurofighter und für den Selbstschutz ein neues Abwehrsystem gegen Drohnen: Die Luftwaffe beteiligt sich mit bewaffneten Schutzflügen an der Sicherung der Südostflanke der Nato.
Damit reagiert das Bündnis auch auf Zwischenfälle, bei denen unbemannte Luftfahrzeuge russischer Herkunft oder Reste davon im Donaudelta eingeschlagen sind. Mit dem Einsatz unterstütze Deutschland Rumänien, sagte Oberstleutnant Markus Kuchenbaur, der das bis zu 150 Männer und Frauen zählende Kontingent der Bundeswehr führt, auf dem Militärflugplatz Mihail Kogălniceanu bei Constanta.
Auf rumänischer Seite der Grenze zur Ukraine gab es vier Vorfälle, bei denen der Luftraum verletzt wurde. Sie standen allesamt im Zusammenhang mit russischen Angriffen auf ukrainische Donauhäfen. Eine sehr genaue Analyse habe gezeigt, dass diese Zwischenfälle von russischer Seite wohl nicht beabsichtigt waren, wie erklärt wurde. Allerdings gab es über dem Schwarzen Meer auch schon Konfrontationen. Schlagzeilen machte es, als eine US-Drohne durch ein russisches Kampfflugzeug offenkundig zum Absturz gebracht wurde.
Krieg in Sichtweite
Der Raum ist geografisch eng und der Ukraine-Krieg findet aus fliegerischer Sicht praktisch in Sichtweite statt. So sind es von dem Militärflugplatz bis an die ukrainische Grenze fünf bis acht Flugminuten. Praktisch vor der Nase liegt auch die Schwarzmeerküste. Dort beginnt die rumänische Zwölf-Meilen-Zone bis zum internationalen Luftraum, der auch von russischen Militärflugzeugen genutzt wird.
«Wir sind sehr nahe», sagt Kuchenbaur. Und: «Meine Piloten sind instruiert, defensiv zu agieren.» So verlassen die deutschen Piloten mit ihren Eurofightern die Zwölf-Meilen-Zone vor der rumänischen Küste nicht, wird erklärt, fliegen also nicht weiter in Richtung des Konfliktgebietes und signalisieren damit den Verteidigungsauftrag.
In das von der Bundeswehr genutzte Camp auf dem Militärstützpunkt wurde auch das 2022 eingeführte «Abwehrsystem gegen unbemannte Luftfahrzeuge» (Asul) verlegt, ein Anti-Drohnen-Gerät. Wesentliche Teile sind ein Bediencontainer und Antennenanlagen sowie ein beweglicher Störsender («Jammer»).
Defensive im Fokus
«Wir sind eingesetzt, um Material und Personal zu schützen», sagt Kommandoführer Dominik, ein Leutnant. In bis zu 40 Kilometer Entfernung können Drohnen erkannt werden. Ein Störsender kann die Verbindung zur Fernsteuerung des Flugkörpers unterbrechen. Das System war auch schon in Mali und in Estland im Einsatz.
«Enhanced Air Policing South (eAPS)» lautet die offizielle Bezeichnung des Nato-Einsatzes, der Teil der militärischen Abschreckung ist. Innerhalb des Bündnisses werden Staaten im Osten und Südosten Fähigkeiten zur Verfügung gestellt, die sie nicht haben oder von denen sie mehr benötigen.
Binnen 15 Minuten muss die Alarmrotte aus Eurofightern dazu nach Nato-Standards in der Luft sein, was mit einem Trainungsstart («tango scramble») demonstriert wurde. «Alpha scramble» ist der scharfe Einsatz nach einer Alarmierung. An welchem Zeitpunkt ein bewaffneter Angreifer bekämpft würde, werde auf Ebene der Nato entschieden, wird erklärt. Dass eine nach Rumänien eindringende Drohne abgeschossen wird, ist nicht vorgesehen - schon weil der Waffeneinsatz wieder eigene Gefahren mit sich bringt.
Für die Bundeswehr ist es der dritte Einsatz dieser Art in Rumänien, nachdem dort schon 2021 und 2022 Eurofighter im Einsatz waren. Neben dem Taktischen Luftwaffengeschwader 31 «Boelcke» und den Fachleuten der Flugabwehrraketentruppe mit der Asul-Technik ist sind auch Soldaten des Objektschutzregimentes «Friesland» der Luftwaffe auf dem Flugplatz. Sie sichern den Standort vermummt und mit Sturmgewehren am Boden ab, auch wenn er sich in Freundesland befindet.
Von Carsten Hoffmann, dpa
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