Kann die CDU mit dem BSW? Merz auf Distanz zu Wagenknecht
In drei ostdeutschen Ländern stehen schwierige Wahlen an - und das Bündnis Wagenknecht hat gute Chancen. Kann es auch zu einem Machtfaktor werden? CDU-Chef Merz macht eine politische Ansage.
In drei ostdeutschen Ländern stehen schwierige Wahlen an - und das Bündnis Wagenknecht hat gute Chancen. Kann es auch zu einem Machtfaktor werden? CDU-Chef Merz macht eine politische Ansage.
CDU-Chef Friedrich Merz hat die inhaltlichen Differenzen seiner Partei zum Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) herausgestellt und eine Debatte über die Machtoptionen bei den kommenden Landtagswahlen ausgelöst.
Er sehe «überhaupt keine Überschneidungen in der Politik mit dieser Gruppierung, vorausgesetzt, sie bekommt irgendwann überhaupt eine Relevanz», sagte Merz in Berlin. «Alles andere werden wir uns dann im Lichte von Wahlergebnissen anzusehen haben.» Ähnliche vorherige Interviewäußerungen von Merz konterte Wagenknecht mit Kritik. Die CDU in Thüringen signalisierte Offenheit für Gespräche mit dem BSW.
In Thüringen stehen wie in Sachsen und Brandenburg im September Wahlen an. Weil in allen drei Ländern zuletzt die AfD stärkste Kraft war, wird eine schwierige Regierungsbildung erwartet. Das BSW hat in allen drei Ländern bei der Europawahl aus dem Stand zweistellige Ergebnisse eingefahren. Kann die erst im Januar gegründete Partei dies im Herbst wiederholen, könnte sie zum Machtfaktor werden.
Merz war in der ARD gefragt worden, ob er bereit sei, über eine Zusammenarbeit oder Koalition mit dem BSW nachzudenken, um im Osten AfD-Ministerpräsidenten zu verhindern. Darauf sagte der CDU-Chef: «Das ist völlig klar, das haben wir auch immer gesagt. Wir arbeiten mit solchen rechtsextremen und linksextremen Parteien nicht zusammen.» Für Wagenknecht gelte beides: «Sie ist in einigen Themen rechtsextrem, in anderen wiederum linksextrem.»
«Politischer Kindergarten»
Parteigründerin Wagenknecht sagte: «Was Friedrich Merz aufführt, ist politischer Kindergarten und wird die CDU im Osten weiter schwächen.» Die BSW-Vorsitzende teilte ihrerseits gegen Merz aus: «Olaf Scholz ist der schlechteste Bundeskanzler in der Geschichte der Bundesrepublik, aber Friedrich Merz wäre - vor allem mit den Grünen als Koalitionspartner - keine Verbesserung.» BSW-Generalsekretär Christian Leye sagte der «Welt»: «Es ist ja nicht so, dass wir uns verzweifelt eine Regierungskonstellation mit der CDU wünschen würden.» Doch müsse auch Merz die politischen Realitäten in Ostdeutschland anerkennen.
Merz sagte vor einer Fraktionssitzung in Berlin, er habe darauf hingewiesen, «dass wir in den politischen Fragen mit dieser Gruppierung wirklich an keiner Stelle irgendeine Übereinstimmung haben». Wagenknechts Positionen in der Außen- und Wirtschaftspolitik seien «wirklich vollkommen unvereinbar mit unseren Positionen». Er habe darauf hingewiesen, dass das BSW «offensichtlich in einigen Themen rechts außen steht, in anderen Themen links außen».
Er habe zu inhaltlichen Fragen «aus der Sicht der Bundespolitik» etwas gesagt, sagte Merz. «Mehr müssen wir uns mit dieser Frage nicht beschäftigen. Wir werden das tun, wenn es andere Ergebnisse gibt.» Dann werde er natürlich auch mit den CDU-Landesvorsitzenden über die Frage sprechen und ob es andere Sichtweisen gebe.
CDU-Landeschef Voigt lobt BSW-Landeschefin Wolf
Der Thüringer CDU-Chef Mario Voigt, der im Herbst Ministerpräsident werden möchte und dafür Koalitionspartner braucht, sagte: «Friedrich Merz hat für die Bundesebene gesprochen.» Im Freistaat wolle man den politischen Wechsel und schaue als erstes darauf, welche konkreten Themen die Menschen bewegten. «Dann führen wir Gespräche darüber, mit wem wir die Probleme gemeinsam lösen können.»
Für die BSW-Landesvorsitzende Katja Wolf fand Voigt im «Stern» lobende Worte: «Ich habe einen vernünftigen Gesprächsfaden zu Katja Wolf, die ich immer als pragmatische Kommunalpolitikerin wahrgenommen habe». Wolf und der BSW-Co-Vorsitzende Steffen Schütz kritisierten: «Nachdem Friedrich Merz sein Versprechen, die AfD nennenswert zu schwächen, bisher bekanntermaßen nicht wahr gemacht hat, errichtet er nun eine weitere Brandmauer.» Thüringen brauche keine Ratschläge aus Berlin, sondern vernünftige und verlässliche Politik.
Linke und rechte Positionen
Wagenknecht vertritt sozial- und wirtschaftspolitisch eher linke Positionen, so etwa die Forderung nach höheren Renten, höheren Mindestlöhnen und Umverteilung. Andererseits tritt sie beim Klimaschutz auf die Bremse und fordert die Begrenzung von Migration und Sozialleistungen für Zuwanderer. In der Außenpolitik will das BSW ein Ende deutscher Militärhilfen für die Ukraine und Verhandlungen mit Russland.
Ob Wagenknecht mit der CDU koalieren würde, hat sie bisher offen gelassen. Sie sagt dazu, entscheidend sei, dass das BSW kein «Weiter so» mittragen werde. Die CDU hat Koalitionen oder ähnliche Formen der Zusammenarbeit mit der AfD und der Linkspartei vor Jahren per Parteitagsbeschluss ausgeschlossen.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt nannte es nicht überraschend zu sagen, dass eine Partei wie das BSW, die sich erkennbar auf Russland, Präsident Putin und den Kommunismus berufe, kein Koalitionspartner für die Union sein könne. Generell rate er der Union, in anstehenden Wahlkämpfen maximal auf eigene Stärke zu setzen.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sagte: «Wir suchen keine Zusammenarbeit mit Sahra Wagenknecht, weil Sahra Wagenknecht und ihre Partei überhaupt gar keine Anknüpfungspunkte ins demokratische Lager hat.» Leider setze das BSW mehr auf Spaltung als ein Zusammenspiel unterschiedlicher Kräfte.
Wulff contra Merz
Der frühere Bundespräsident Christian Wulff hat dem CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz davon abgeraten, Koalitionen mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) grundsätzlich auszuschließen. Er halte es «für falsch und auch nicht für hilfreich, wenn das von der Bundespartei kommt», sagte Wulf in der ARD-Talksendung «Maischberger».
Die «Landesparteien müssen in ihren Ländern ganz wesentlich autonom entscheiden», sagte der ehemalige CDU-Ministerpräsident von Niedersachsen. «So wie sich Herr Merz ja nicht reinreden lassen wird, wenn er morgen mit den Grünen und der FDP eine neue Regierungsmehrheit zimmern will.»
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