Heusgen hofft weiter auf Taurus-Lieferung an Ukraine
Nach monatelangen Debatten über eine Lieferung von Taurus-Raketen hat Bundeskanzler Scholz sein Schweigen gebrochen. Doch nicht alle glauben, dass er das letzte Wort gesprochen hat.
Nach monatelangen Debatten über eine Lieferung von Taurus-Raketen hat Bundeskanzler Scholz sein Schweigen gebrochen. Doch nicht alle glauben, dass er das letzte Wort gesprochen hat.
Trotz des klaren Neins von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hofft der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, weiter auf eine deutsche Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine. «Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass dieses "Nein" nicht endgültig ist, zumal die vorgetragenen Argumente nicht stichhaltig sind: Südkorea hat den Taurus im Einsatz ohne Bundeswehrsoldaten und auch die Ukrainer können mit modernen Waffen umgehen», sagte Heusgen dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Die Ukrainer hätten sich bisher strikt daran gehalten, russische Stellungen nur auf ukrainischem Gebiet anzugreifen. Sie wüssten, dass ein Verstoß schwersten Schaden anrichten würde, «nämlich den Verlust des Vertrauens ihres nach den USA zweitwichtigsten Partners, Deutschland».
Scholz hatte seine Weigerung mit dem Risiko einer Verwicklung Deutschlands in den Krieg begründet. «Deutsche Soldaten dürfen an keiner Stelle und an keinem Ort mit den Zielen, die dieses System erreicht, verknüpft sein. Auch nicht in Deutschland», sagte er am Montag bei der dpa-Chefredaktionskonferenz.
Klares Nein auch zu Bodentruppen
Seine Haltung zur Entsendung von Bodentruppen in die Ukraine machte Scholz am Abend in einer Videobotschaft erneut deutlich. Der Bundeswehr und der deutschen Bevölkerung versprach er, dass sein Nein zu Bodentruppen eine unverrückbare rote Linie sei. «Um es klipp und klar zu sagen: Als deutscher Bundeskanzler werde ich keine Soldaten unserer Bundeswehr in die Ukraine entsenden.» Das gelte. «Darauf können sich unsere Soldatinnen und Soldaten verlassen. Und darauf können Sie sich verlassen.»
Am Montag hatte der französische Präsident Emmanuel Macron nach einem Treffen von etwa 20 Staats- und Regierungschefs in Paris den Einsatz von Bodentruppen nicht ausgeschlossen. Scholz hatte das schon am Dienstag umgehend zurückgewiesen. Man habe sich auch für die Zukunft darauf verständigt, «dass es keine Bodentruppen, keine Soldaten auf ukrainischem Boden geben wird, die von europäischen Staaten oder von Nato-Staaten dort hingeschickt werden».
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich lobte die klare Haltung des Kanzlers sowohl zur Taurus-Entscheidung als auch seine Reaktion auf Macrons Vorstoß. «Es ist gut, dass alle anderen Staats- und Regierungschefs den Vorschlag des französischen Präsidenten, zu überlegen, möglicherweise auch mit Bodentruppen in den Krieg in der Ukraine einzugreifen, abgelehnt haben», sagte Mützenich in einem Video, das die SPD-Fraktion am Abend auf der Plattform X, früher Twitter, verbreitete. «Der Bundeskanzler steht mit seiner Haltung eben nicht alleine. Aber dass Olaf Scholz so deutlich sich dagegen positioniert hat, ist gut und findet die Unterstützung der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion.»
Strack-Zimmermann: Zukunft Moldaus hängt an Ukraine
Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, mahnte mit Blick auf die Lage in der abtrünnigen Region Transnistrien in der Republik Moldau, dass auch die Zukunft dieses Landes an der westlichen Unterstützung für die Ukraine hänge. Russlands Präsident Wladimir Putin provoziere jetzt an allen geografischen Ecken und Enden, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. «Umso wichtiger ist es, dass wir besonders in der Ukraine nicht nur Position beziehen, sondern den Worten Taten folgen lassen und wirklich alles tun, damit die Ukraine den Krieg gewinnt.»
Auch der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen warnte vor einer Ausweitung des Kriegs in der Ukraine. «Umso schwächer der Westen in seiner Unterstützung der Ukraine auftritt, desto sicherer fühlt sich Putin in seinen imperialistischen Bestrebungen», sagte er der «Rheinischen Post».
Die prorussischen Machthaber der abtrünnigen Region Transnistrien in der Republik Moldau haben Medienberichten zufolge Russland um «Schutz» gebeten. Ein Kongress des international nicht anerkannten Separatistengebiets, das an die Ukraine grenzt, stimmte für eine entsprechende Resolution, aus der moldauische Medien zitierten. Transnistrien wolle sich demnach an den russischen Föderationsrat sowie die Staatsduma wenden «mit der Bitte über die Realisierung von Maßnahmen zum Schutz Transnistriens angesichts des zunehmenden Drucks durch Moldau». Was genau die prorussischen Machthaber von Russland erwarten, war zunächst nicht klar.
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