Kirsten Fehrs, Vorsitzende des Rates der EKD, spricht bei einer Pressekonferenz zur Vorstellung einer Studie zum Missbrauch in der evangelischen Kirche.
Julian Stratenschulte/dpa
Kirsten Fehrs, Vorsitzende des Rates der EKD, spricht bei einer Pressekonferenz zur Vorstellung einer Studie zum Missbrauch in der evangelischen Kirche.
Sexualisierte Gewalt

Evangelische Kirche: «Wir übernehmen die Verantwortung»

Viele Opfer, viele Täter: Die jüngst veröffentlichte Studie zu sexualisierter Gewalt erschüttert die evangelische Kirche. Diakonie und Kirche wollen die Gewalt aufarbeiten - und zeigen Selbstkritik.

Die evangelische Kirche, alle 20 Landeskirchen sowie die Diakonie sehen sich mit Blick auf eine Studie zur sexualisierten Gewalt in die Pflicht genommen. «Sexualisierte Gewalt gehört zur Realität unserer Kirche und unserer Diakonie», heißt es in einer bekannt gewordenen Stellungnahme der Landeskirchen, des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland sowie des Bundesvorstands der Diakonie Deutschland. «Wir übernehmen die Verantwortung», kündigen die Beteiligten an. Die Ergebnisse der Forum-Studie legten ein jahrzehntelanges Versagen auf allen Ebenen und in allen Landeskirchen offen. Betroffene seien nicht gehört, Taten nicht aufgearbeitet, Täter geschützt und Verantwortung nicht übernommen worden.

Die Ende Januar vorgelegte Untersuchung zu sexualisierter Gewalt in der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Diakonie hatte mindestens 2225 Betroffene und 1259 mutmaßliche Täter für die vergangenen Jahrzehnte dokumentiert. Studienleiter Martin Wazlawik sprach von der «Spitze der Spitze des Eisbergs». Denn die in der Studie ermittelten Fallzahlen basieren vor allem auf Disziplinarakten. Die Wissenschaftler konnten aber nicht die Personalakten aller Pfarrer und Diakone auswerten. Das sorgte für Kritik.

Mitte Februar wird der Stellungnahme zufolge das Beteiligungsforum zusammen mit Forschern die Ergebnisse und Empfehlungen erstmals beraten. «Im Beteiligungsforum, in unseren Landessynoden und vor Ort in den Kirchenkreisen und Gemeinden sowie auf allen Ebenen der Diakonie werden wir uns mit den Ergebnissen der Forum-Studie und ihrer Bedeutung für unsere Kirche und Diakonie transparent und offen auseinandersetzen», kündigten die amtierende EKD-Ratsvorsitzende Kirsten Fehrs und Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch an.

Es sei richtig, dass Vertreterinnen und Vertreter der Betroffenen sowie kirchliche und diakonische Beauftragte im Beteiligungsforum «einen klaren Maßnahmenplan für die evangelische Kirche und Diakonie insgesamt entwickeln», heißt es in der Erklärung. Man verpflichte sich zudem zu «einheitlichen Standards der Prävention und Transparenz, einheitlichen Anerkennungsverfahren und einem einheitlichen Prozess der weiteren Aufarbeitung sexualisierter Gewalt». Derzeit würden in Verbünden von Landeskirchen und Landesverbänden regionale, unabhängige Aufarbeitungskommissionen aufgebaut, um die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in evangelischer Kirche und Diakonie fortzusetzen.

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