Die Deutsche Bischofskonferenz sucht bei ihrer Frühjahrskonferenz in Augsburg einen Weg mit dem Gegenwind aus Rom umzugehen.
Karl-Josef Hildenbrand/dpa
Die Deutsche Bischofskonferenz sucht bei ihrer Frühjahrskonferenz in Augsburg einen Weg mit dem Gegenwind aus Rom umzugehen.
Katholische Kirche

Deutsche Bischöfe vor Zerreißprobe

Nach dem Missbrauchsskandal haben die deutschen Bischöfe Reformen versprochen - doch nun werden sie von Rom zurückgepfiffen. Sollen sie sich fügen oder ihren Weg weitergehen?

Nach einer Maßregelung durch den Vatikan stehen die deutschen Bischöfe vor einer Zerreißprobe. Entweder stellen sie sich gegen Rom oder sie begraben die Pläne für ein Reformgremium, in dem Bischöfe und Laien gleichberechtigt entscheiden, und riskieren damit den Bruch mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), der Vertretung ebendieser Laien.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, äußerte sich zu Beginn der Frühjahrsvollversammlung der Bischöfe in Augsburg «verwundert» über den von drei hohen Kurienkardinälen verfassten Brandbrief aus Rom. «Jetzt muss geredet werden», forderte der Limburger Bischof.

Der Vatikan hatte die Bischofskonferenz aufgefordert, eine geplante Abstimmung über die Satzung des angestrebten Reformgremiums Synodaler Ausschuss von der Tagesordnung der Frühjahrsvollversammlung zu nehmen. Die Pläne stünden im Widerspruch zu den Anweisungen des Papstes, so die Kritik aus Rom. Bätzing hat der Bitte entsprochen und die Abstimmung gestrichen. Dies sei eine «Selbstverständlichkeit» aus Respekt vor Rom, sagte er in Augsburg. Der Synodale Ausschuss soll einen Synodalen Rat vorbereiten, in dem die Bischöfe und die Laien - die Gläubigen aus den Pfarrgemeinden - gleichberechtigt Entscheidungen treffen sollen.

Bätzing sagte, der Brief mache deutlich, dass es in Rom «wirkliche Sorgen» hinsichtlich des deutschen Weges gebe. Er habe aber den Eindruck, dass diese Bedenken großenteils entkräftet werden könnten. Es sei von deutscher Seite nicht geplant, das Bischofsamt zu schwächen, es solle vielmehr auf eine neue Grundlage gestellt und dadurch gestärkt werden. Die Autorität des Bischofsamts und des Papstes sei aber angezählt durch den Missbrauchsskandal. «Und deswegen brauchen wir neue, verbindliche, transparente Beratung, die auch wirklich dann in die Entscheidungen einfließt.» Der Synodale Ausschuss sei bereits konstituiert und müsse arbeiten.

Wichtig sei jetzt der Dialog. In diesem Zusammenhang warf Bätzing dem Vatikan jedoch eine Verzögerungstaktik vor: «Ich möchte aber betonen, dass wir, die Delegation der deutschen Bischöfe, oft monatelang, über ein halbes Jahr lang auf die Festlegung von Terminen warten. Ich sage das hier ehrlich: Wir könnten schon viel weiter sein, die Gespräche könnten längst geführt sein, und für die Verzögerung liegt die Verantwortung klar auf der Seite Roms.»

Das Wort Roms gilt

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) äußerte sich irritiert über die Intervention des Vatikans. «Das ZdK erwartet, dass der Synodale Ausschuss bei seiner nächsten Sitzung im Juni voll arbeitsfähig ist», sagte die ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp. Mehrere führende Theologen kritisierten den Vatikan scharf. Das Eingreifen von höchster Stelle belege die «panische Angst Roms, dass in Deutschland zukünftig Bischöfe den verbindlichen Rat der Gläubigen einholen müssen», sagte der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller der Deutschen Presse-Agentur.

Für Bätzing und andere Reformer sei es ein «Schlag in die Magengrube». «Der Papst misstraut abgrundtief der deutschen Kirche und ihren Bischöfen», sagte Schüller, der selbst Mitglied im Synodalen Ausschuss ist. Wie willkürlich die Entscheidung von Franziskus sei, zeige sich darin, dass er für das Amazonasgebiet durchaus ein Statut genehmigt habe, bei dem Bischöfe und Laien gleichberechtigt und stimmberechtigt seien. «Damit wird deutlich: In der katholischen Kirche entscheidet allein der Papst, was aus seiner Sicht synodal bedeutet und wem er es gestattet und wem nicht.» Im Ergebnis bedeute dieses Machtwort das Ende des Synodalen Ausschusses.

Der Theologe Daniel Bogner warnte die deutschen Bischöfe davor, jetzt einzuknicken und das Reformversprechen zurückzunehmen. «Beugen sie sich der römischen Forderung, wird das vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken, der Vertretung der Laien, als Verrat an der gegebenen Zusage empfunden werden, eine verbindliche Antwort auf die Missbrauchskrise zu geben», sagte Bogner der dpa. «Von Rom her wird die Situation momentan derart zugespitzt, dass die Bischöfe um diese Güterabwägung nicht länger herumkommen.»

Spaltet sich die Kirche?

Ähnlich äußerte sich die Erfurter Theologin Julia Knop. Die Bischöfe müssen klären, ob sie sich den Gläubigen in Deutschland verpflichtet fühlten «oder ob sie sich von der haltlosen Unterstellung aus Rom einschüchtern lassen, sie würden die katholische Kirche in Deutschland ins Schisma führen», sagte Knop dem «Kölner Stadt-Anzeiger». Die Gefahr eines Schismas - einer Kirchenspaltung - wird auch von konservativen deutschen Bischöfen wie dem Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki immer wieder ins Feld geführt. 

Die breitere Verteilung der Macht und andere Reformprojekte sind Ergebnisse des Reformprozesses «Synodaler Weg», mit dem die katholische Kirche in Deutschland unter anderem auf den massenhaften sexuellen Missbrauch von Kindern durch Priester reagiert hat. Als Konsequenz daraus sollen Strukturen, die den Missbrauch begünstigt haben, geändert werden. Dazu gehört nach Überzeugung der Mehrheit der Bischöfe auch, dass wichtige Entscheidungen nicht nur von ihnen, sondern auch von normalen Gläubigen ohne Weihe - den sogenannten Laien - getroffen werden.

Von Kathrin Zeilmann und Christoph Driessen, dpa
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