Präsident Abdel Fattah al-Sisi gibt in einem Wahllokal in Kairo seine Stimme ab.
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Präsident Abdel Fattah al-Sisi gibt in einem Wahllokal in Kairo seine Stimme ab.
Staatsoberhaupt

Ägypten für Al-Sisi: Sichere Wahl in unsicheren Zeiten

Ein Klima der Angst ist in Ägypten Alltag geworden. Auch der Gaza-Krieg spielt Präsident Al-Sisi auf dem Weg zur Wiederwahl in die Hände. Überraschungen dürfte es bei der Wahl nicht geben. Unklarer ist, was danach kommt.

Der Blick in die Ferne, das zufriedene Lächeln - auf seinen großen Porträts über den Schnellstraßen von Kairo gibt Abdel Fattah al-Sisi ganz den Eindruck des zuversichtlichen Landesvaters. Ein Staatschef, der Ägypten auch durch unsichere Zeiten lenkt, der auch während eines sehr schweren Kriegs im benachbarten Gazastreifen für Stabilität sorgt diesseits der Grenze. Der Krieg spielt Al-Sisi in die Hände bei der dreitägigen Präsidentschaftswahl, die in Ägypten am Sonntag begonnen hat, und die der Amtsinhaber sehr sicher für sich entscheiden wird.

Den Auftakt macht der 69 Jahre alte Ex-General am Sonntagfrüh in Heliopolis im Osten Kairos. Al-Sisi erscheint im dunklen Anzug mit Pilotenbrille, macht kleine Scherze mit der Dame im Wahllokal und setzt in der Kabine dann sein Kreuz auf den Wahlzettel. Auch die Wahltinte am kleinen Finger lässt er nicht aus, dann rollt sein schwarzer Wagen wieder ab. Der TV-Sender Al-Kahira News zeigt die Momente kurz darauf zu patriotischer Musik.

Womöglich in einer Lehre aus der Wahl 2018, die Kritiker als «Farce» bezeichneten, soll diesmal etwas mehr Anschein einer demokratischen Wahl erweckt werden. Drei Gegenkandidaten - statt zuvor nur einer - sind zur Wahl zugelassen, der Staatsinformationsdienst spricht von einem «ernsthaften Weg zu echtem politischen Pluralismus» und von einer «demokratischen Transformation». Es herrsche bei der Wahl eine «Atmosphäre der Offenheit und des vollen Wettbewerbs». 67 von 109 Millionen Einwohnern sind aufgerufen, ihre Stimme abzugeben.

Klima der Angst ist Normalität

Ein Jahrzehnt ist Al-Sisi inzwischen an der Macht, die er 2013 nach einem Putsch des Militärs übernahm. Das Klima der Angst, in dem jede ernsthafte Opposition laut Kritikern erstickt wird, ist seitdem zur Normalität geworden. Die Unterdrückung etwa durch Festnahmen habe vor der Wahl noch zugenommen, teilt die Menschenrechtsorganisation Amnesty International mit. Proteste sind im Land faktisch verboten.

Sichtbar wurde das auch am einzig ernsthaften Gegenkandidaten Ahmed al-Tantaui. Er zog sich aus dem Rennen zurück, nachdem er nicht die nötigen Unterschriften sammeln konnte und von Festnahmen und Gewalt gegen seine Unterstützer berichtet hatte. Die Behörden bestreiten die Vorwürfe. Al-Tantaui ist samt 21 Mitarbeitern inzwischen selbst inhaftiert und wartet auf einen Gerichtsprozess. Vorwurf: Verbreitung von Unterstützer-Papieren ohne Genehmigung der Wahlbehörde.

Der Faktor Gaza

Die Wahl wird aber ohnehin vom Gaza-Krieg überlagert. Ägyptens Regierung hat große Sorge, dass der Krieg über die Grenze wandert und massenhaft palästinensische Flüchtlinge in den Nord-Sinai treibt, die Schutz suchen vor Israels Bombardements. Al-Sisi wird in diesen Tagen gelobt als der Mann, der angebliche Pläne Israels, große Zahlen von Palästinensern nach Ägypten umzusiedeln, verhindert. Als derjenige, der humanitäre Hilfe nach Gaza schickt und als Chef einer Regierung, die zusammen mit Katar die Freilassung von Geiseln aus Gewalt der islamistischen Hamas möglich machte.

2008 hatten militante Palästinenser einen Teil der Grenzmauer gesprengt, woraufhin Hunderttausende Palästinenser über die Grenze nach Ägypten strömten. Sie kauften ein, was wegen der 2007 verschärften Blockade des Gazastreifens nicht mehr verfügbar war, kamen aber nur bis zum Küstenort Al-Arisch. Sicherheitskräfte versuchten mit Hilfe von Wasserwerfern, die Menschen zurückzudrängen und die Löcher in der Grenzmauer zu schließen. Die Wiederholung solcher Bilder will die Regierung in Kairo unbedingt vermeiden.

Nimmt Al-Sisi die vielen Toten in Kauf?

Inzwischen hat das Militär um Rafah und die Grenze eine Pufferzone errichtet, das Szenario einer gewaltsamen Stürmung scheint heute viel unwahrscheinlicher als 2008. Palästinenser befürchten zudem, im Fall einer Flucht etwa nach Ägypten nicht wieder zurückkehren zu können zu ihren Familien in Gaza. Entsprechend gibt es auch kritische Stimmen, die Al-Sisi vorwerfen, zu wenig zu tun zum Schutz der Palästinenser und die vielen Todesopfer in Gaza in Kauf zu nehmen.

«Ich liebe unseren Präsidenten. Jedes Mal, wenn ich ihn im Fernsehen sehe, bete ich für ihn», sagt die 67 Jahre alte Faisa Abdel Misih, die mit ihrem am Krückstock gehenden Mann in ein Kairoer Wahllokal gekommen ist. «Wenn Al-Sisi wollte, würden mein Mann und ich unsere Pension stiften, um sie den Palästinenser zu geben. Wir werden ihn immer unterstützen, denn er ist ein guter Mann. Ich wünschte, ich könnte ihn treffen, bevor ich sterbe.»

Beliebt trotz Inflation und hoher Arbeitslosigkeit

Ähnliche Sätze hört man am Sonntag häufig - trotz der hohen Arbeitslosigkeit, trotz rasant steigender Preise. Die Inflationsrate liegt bei 38 Prozent. Trotz der Vorwürfe, dass öffentliche Gelder verschwendet werden etwa zum Bau einer neuen Hauptstadt östlich von Kairo. Gerüchte gehen um, dass die Währung nach der Wahl erneut entwertet wird, was noch mehr der Geringverdiener in Armut abstürzen lassen würde. Während klar scheint, wer die Wahl gewinnt, ist unklar, worauf Ägypten zusteuert nach der Wahl und nach dem Krieg.

Eine Fortsetzung der jetzigen Regierung könne zu «Unsicherheit» führen, sagt Farid Sahran, der wohl bekannteste der Gegenkandidaten, nachdem er seine Stimme im Bezirk Mukattam abgegeben hat. Die Wahlen seien ein «Schritt zu einem demokratischen Übergang, auf den wir hoffen und für den wir kämpfen.» Über den Journalisten, zu denen Sahran spricht, hängt - entgegen der Vorschriften für Wahllokale - ein Foto von Präsident Abdel Fattah al-Sisi.

Von Johannes Sadek, dpa
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