Blick auf die teilweise unter Wasser stehende Altstadt von Verden an der Aller. In weiten Teilen Niedersachsens bleibt die Hochwasserlage angespannt.
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Blick auf die teilweise unter Wasser stehende Altstadt von Verden an der Aller. In weiten Teilen Niedersachsens bleibt die Hochwasserlage angespannt.
Unwetter

Keine Entwarnung in Hochwasser-Gebieten

In Niedersachsen hat sich die Hochwasserlage kaum entspannt, aber örtlich verschoben. Auch für Nordrhein-Westfalen gibt es noch keine Entwarnung. Aus Sachsen und Thüringen kommen hingegen gute Neuigkeiten.

Kaum Entwarnung in den Hochwassergebieten: In Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen bleibt die Lage angespannt, in Sachsen ist die Hochwassergefahr hingegen größtenteils gebannt.

Doch der Deutsche Wetterdienst (DWD) sagt weitere Regenfälle voraus. «Es kommt bis Samstag noch mal ein ordentlicher Schwung rein, allerdings regnet es nicht mehr in so großen Mengen», so der Meteorologe Christian Herold vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Offenbach. Danach schwäche es ein wenig ab. Die größten Regenmengen werden am Freitag und Samstag laut Herold im Norden von Nordrhein-Westfalen erwartet. Im Norden im Raum Bremen und Hamburg erwartet der Meteorologe weniger Niederschläge.

Doch noch ist die Lage in Niedersachsen angespannt. Zwar hätten sich Befürchtungen einer Sturmflut bislang nicht bestätigt und die Hochwassersituation sei regional unterschiedlich - für ganz Niedersachsen könne aber noch keine Entwarnung gegeben werden, sagte Landesbranddirektor Dieter Rohrberg in Hannover. Demnach verschiebt sich die Lage örtlich etwas vom Harz in Richtung der Landkreise Celle und Oldenburg.

«Große Hochwasserlage» in NRW

Für Nordrhein-Westfalen gibt das Umweltministerium trotz stagnierender oder sinkender Pegelstände ebenfalls keine Entwarnung. «Wir haben nach wie vor eine große Hochwasserlage», sagte NRW-Umweltminister Oliver Krischer (Grüne) in Düsseldorf. Bisher seien die Folgen überschaubar geblieben, keine Opfer zu beklagen. An den Talsperren drohe keine Dammbruchgefahr, auch kein unkontrollierter Überlauf. Die Hochwasserschutzanlagen hätten gehalten.

In Sachsen erreichte das Elbe-Hochwasser am Freitag seinen Höchststand. Dabei blieb der maximale Wasserstand niedriger als zunächst prognostiziert. Für die anderen Flüsse in Sachsen sei die Hochwassergefahr aber mittlerweile komplett gebannt, teilte das Landesumweltamt mit. Die Stadt Dresden begann mit dem Abbau eines Flutschutztores. In der Landeshauptstadt stieg der Wasserstand der Elbe auf 5,95 Meter - und blieb damit unter der Sechs-Meter-Marke, ab der die zweithöchste Alarmstufe 3 ausgerufen worden wäre. Normal sind zwei Meter. Auch flussabwärts in Riesa werde der Richtwert für die Alarmstufe 3 nicht erreicht.

Schwerpunkt des Hochwassers im Nordwesten Niedersachsens

Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) sagte, die Schwerpunkte des Hochwassers hätten sich in den vergangenen Tagen mit den Wassermassen vom Südosten in den Nordwesten des Landes verschoben. In sechs Landkreisen sowie der Stadt Oldenburg ist Landesbranddirektor Rohrberg zufolge weiterhin ein sogenanntes außergewöhnliches Ereignis festgestellt worden. Dadurch können Landkreise beispielsweise einfacher auf Hilfskräfte zugreifen.

Das Hochwasser sorgt an zahlreichen Orten in Niedersachsen weiterhin für hohe Pegelstände. Das geht aus einem Lagebild des Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) von Freitagmorgen hervor. Der um 7.00 Uhr gemessene Pegelstand überstieg in zahlreichen Gebieten die höchste Meldestufe. Das betraf mehrere Orte an der Weser, Aller und Leine. Flussabwärts der Weser würden die Pegelstände noch weiter ansteigen. Insbesondere im unteren Verlauf der Mittelweser könne daher noch nicht von einer Entspannung gesprochen werden.

Geräte von Bundeswehr und Bundespolizei sind im Einsatz

Mit je einem Hubschrauber sind die Bundespolizei und die Marine im vom Hochwasser betroffenen Hatten im niedersächsischen Oldenburg im Einsatz. «Das Land Niedersachsen hat einen unserer Hubschrauber angefragt», sagte eine Sprecherin der Bundespolizei in Berlin am Freitag. Der Bundespolizeihelikopter bringe besonders große Sandsäcke zu den Deichen, um diese zu sichern, sagte ein Sprecher der Freiwilligen Feuerwehr. Der Marinehubschrauber sei aufgestiegen, um sich ein Lagebild zu verschaffen, sagte ein Sprecher des Territorialen Führungskommandos der Bundeswehr.

Ein direkt an der Ems liegendes Altenheim in Meppen musste aufgrund des Hochwassers vorsorglich evakuiert worden. Insgesamt 52 Bewohnerinnen und Bewohner seien am Donnerstagabend mit Unterstützung des Deutschen Roten Kreuzes aus dem Haus gebracht worden, sagte die Pressesprecherin der Stadt, Petra Büter.

Mit einem Notfallplan bereitete sich der Serengeti-Park Hodenhagen auf weitere Evakuierungen von Tieren vor. Sorgen bereite vor allem das von Wasser umschlossene Haus der Antilopen und Giraffen, sagte eine Sprecherin des Tierparks. «Diese Tiere müssten für eine Evakuierung narkotisiert werden, das ist ein großes Risiko.»

Solche Wetter-Extreme kann es künftig häufiger geben

Der extreme Jahresausklang passe zum Gesamtjahr 2023 - dem regenreichsten und wärmsten Jahr in NRW seit Beginn der Aufzeichnungen, sagte NRW-Umweltminister Krischer. Angesichts des Klimawandels ist nach seiner Einschätzung künftig häufiger mit solchen Extremlagen zu rechnen.

Um vor neuen Regenfällen eine «Vor-Entlastung» zu erreichen, also Stauraum zu schaffen, lassen in NRW derzeit viele Talsperren verstärkt Wasser ab, wie Experte Matthias Börger aus dem Umweltministerium berichtete. Er sehe bei keiner Anlage eine Gefahr, dass es zu einer Überlastung kommen könne.

Nach wie vor ist am Niederrhein ein kleiner Ortsteil von Kleve vom Wasser umschlossen - und wurde so vor ein paar Tagen zur Insel. Ein Fährboot sorgt dafür, dass die Bewohnerinnen und Bewohner von Schenkenschanz über den Rhein gelangen. Im Kreis Soest geht der sorgenvolle Blick des Krisenstabs auf die Lippe, deren Pegelstand auf hohem Niveau verharrt. Vor allem für die Gemeinde Lippetal wurden vorsorglich mehrere tausend Sandsäcke gefüllt.

Normalisierung an Hochwasser-Krisenpunkten in Thüringen

In Thüringen brachte die Öffnung eines Helme-Deichs dem Ort Mönchpfiffel-Nikolausrieth im Kyffhäuserkreis Erleichterung in der Hochwassersituation. Die seit dem Donnerstag kritische Lage in dem 300-Einwohner-Dorf direkt an der Grenze zu Sachsen-Anhalt habe sich entspannt, sagte ein Sprecher des Landratsamtes. Der Deich in der Nähe des Ortes war am Donnerstagabend kontrolliert geöffnet worden, um das Wasser aus dem Fluss auf Felder abzuleiten.

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