Daniel Günther (CDU) bekommt den Orden wider den tierischen Ernst.
Thomas Banneyer/dpa
Daniel Günther (CDU) bekommt den Orden wider den tierischen Ernst.
Auszeichnungen

«Ehrlich statt fies» - Günther bekommt Karnevalsorden

Bei der Verleihung des Orden wider den tierischen Ernst können Politiker zeigen, dass sie auch die diffizile Kunst der Büttenrede beherrschen. In diesem Jahr ging die Auszeichnung an Daniel Günther.

Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hat in Aachen den Orden wider den tierischen Ernst erhalten - und dabei einen politischen Appell mit einer karnevalistischen Gesangseinlage verbunden.

In seiner Antrittsrede forderte der 50-Jährige Mut von den Deutschen. «Wir leben in einer Zeit, wo wir wieder Heldinnen und Helden brauchen, in Europa, in Deutschland. Und wir alle, die auch hier sind, müssen wieder Heldinnen und Helden sein», sagte Günther. Und wenn man ihn frage, wann der Zeitpunkt dafür gekommen sei - dann antworte er mit einem Lied. Zur Überraschung des Publikums sang der norddeutsche Regierungschef dann tatsächlich - den Schunkler «Wenn nicht jetzt, wann dann?» der rheinischen Karnevalsband Höhner.

Applaus für Günther

Der Orden wider den tierischen Ernst wird seit 1950 verliehen und soll Persönlichkeiten ehren, die «Humor und Menschlichkeit im Amt beweisen.» Vergeben wird er vom Aachener Karnevalsverein. Bei der Verleihung treten Politikerinnen und Politiker als Karnevalsredner auf, was eine durchaus heikle Angelegenheit sein kann - ein guter Vortrag im Bundestag ist etwas anderes als eine Büttenrede.

Günther aber bekam am Ende ordentlichen Applaus von den mehr als 1000 Gästen im Festsaal. Auch wenn ihm immer wieder die sogenannte Rittermütze vom Kopf zu gleiten drohte. «Mein Kopf ist zu dick», stellte er fest. Neben der Mütze erhielt er auch noch eine sogenannte Edelprinte, eine lokale Spezialität, mit seinem Konterfei, das er selbst zunächst aber offenbar nicht als solches erkannte («Ich dachte, das wäre Karl Lauterbach»).

Spitze an Merz, Lauterbach und Habeck

Günther brachte nicht nur Pathos mit, sondern auch die ein oder andere Stichelei gegen Kollegen. Etwa gegen Friedrich Merz, der 2006 den Orden bekommen hatte. «Friedrich Merz hat den Orden lange vor mir bekommen», stellte Günther trocken fest. «Soweit ich gehört habe, hat er dafür ausnahmsweise auch keine drei Anläufe gebraucht.» Merz war 2022 im dritten Anlauf zum CDU-Parteichef gewählt worden.

Eine andere Spitze traf Karl Lauterbach (SPD). Günther verwies auf die neue Beziehung des Bundesgesundheitsministers, die dieser kürzlich bestätigt hatte. «Oder wie Karl Lauterbach sagen würde: Ich habe mich mit dem Liebesvirus infiziert», ahmte Günther ihn nach. «Ich mache mir aber an dieser Stelle tatsächlich ein bisschen Sorgen um Markus Lanz. Wie der wohl damit umgehen wird, wenn er zukünftig nicht mehr jeden Abend zusammen mit Karl Lauterbach verbringen kann?»

Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bekam etwas ab. Günther bedankte sich bei Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne), die bei der Ordensverleihung die Laudatio auf Günther gehalten und dabei die Worte «spröde und ehrlich statt fies und gefährlich» gewählt hatte. Ihr Parteikollege Habeck kenne ihn aus dem Norden ja gut, sagte Günther. «Ich glaube, viel beraten hat er dich nicht, denn dafür war deine Rede eben viel zu verständlich.»

Baerbock hält Laudatio

Baerbock hatte die Auszeichnung im Jahr zuvor erhalten - daher hielt sie nun die Laudatio. Ganz kurz vor dem Auftritt im Karneval hatte sie noch in Jordanien über die humanitäre Krise im Gazastreifen gesprochen. Eine fast unwirkliche Diskrepanz der Themen.

Baerbock nutzte die Rede auch, um in die CDU zu piksen. Über den Orden für Günther habe sie sich «auch als Grüne» gefreut, sagte sie. «Weil ich gedacht habe: Mensch, noch mal ein Grüner, das hätte ich dem Karnevalsverein gar nicht zugetraut. Denn Daniel Günther ist schließlich einer der profiliertesten Kritiker der aktuellen CDU-Parteiführung.» Er stehe etwa für Umweltschutz «und vor allen Dingen für Vernunft.» Sie denke schon «an die traurigen Augen der vielen Menschen in unserem Land, die im nächsten Jahr bei der K-Frage der Union einen Günther erwarten und einen Söder bekommen.»

Weitere Politiker auf der Bühne

Eine weitere Rednerin war CDU-Politikerin Julia Klöckner, die sich an den Ampel-Parteien abarbeitete. «Hat jemand mal in jüngster Zeit eigentlich den Olaf Scholz gesehen?», fragte die ehemalige Bundeslandwirtschaftsministerin. «Also man hat ja richtig den Eindruck, der trainiert heimlich für seinen zweiten Jogging-Unfall», sagte sie. «Und diesmal möchte er aber zwei Augenklappen haben. Dann muss er das ganze Elend gar nicht mehr sehen.» Scholz hatte nach einem Jogging-Unfall 2023 zeitweise eine Augenklappe getragen.

FDP-Vize Wolfgang Kubicki, ebenfalls auf der Bühne, nutzte derweil Kreuzfahrt-Metaphern und sprach über die «MS Berlin», «mit ihrem Kapitän Olaf, ihrem ersten Offizier Robert und der Eventmanagerin Annalena und dem Finanzoffizier Christian.» Die Hoffnung steige, «dass die MS Berlin entweder auf Grund läuft oder doch noch einen Hafen findet, in dem man das Schiff verlassen kann», sagte Kubicki. An anderer Stelle sagte er: «Das ist unser Kapitän Olaf. Aus einem modernen Kreuzfahrtschiff mal eben eine marode Galeere gemacht.» Nicht bei jeder Pointe brandete tosender Applaus auf.

Als ihn Moderatorin Jessy Wellmer danach fragte, ob er sauer sei, verneinte das Kubicki. Wie es gewesen sei, fragte Wellmer. «Wie im Deutschen Bundestag», sagte er. «Keiner hört zu.»

Von Jonas-Erik Schmidt, dpa
© dpa-infocom, dpa:240128-99-779866/2
Copyright 2024, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten