Playmobil-Figuren der Vespa-Garage aus der Kidult-Reihe von Playmobil.
Daniel Karmann/dpa
Playmobil-Figuren der Vespa-Garage aus der Kidult-Reihe von Playmobil.
Spielwaren

50 Jahre Playmobil - Vom Kinderzimmer zum Sammlerstück

So gut wie jedes Kind kennt Playmobil. Nun werden die Spielfiguren 50 Jahre alt - und wollen sich nach einer «Midlife Crisis» teilweise neu erfinden.

Punkt, Punkt, gebogener Strich - fertig ist das Gesicht, dazu obendrauf Zick-Zack-Haare. Würde man ein Kind eine Spielzeugfigur entwerfen lassen, würde diese wahrscheinlich ähnlich aussehen. Ein einfach gehaltenes Design, aber man erkennt sofort: Das ist eine Playmobil-Figur.

Vor 50 Jahren kamen die ersten dieser Spielzeugfiguren auf den Markt und eroberten in den nächsten Jahrzehnten die Kinderzimmer in vielen Ländern weltweit. Wer mit Playmobil groß geworden ist, hat inzwischen meist selbst Kinder, die ebenfalls damit spielen oder gespielt haben. Was heute eine Selbstverständlichkeit ist, war damals jedoch eine kleine Revolution.

Ein 7,5 Zentimeter großer Ritter, ein Bauarbeiter und ein Indianer - das waren die ersten Figuren, die der Spielzeugproduzent Horst Brandstätter am 2. Februar 1974 auf der Spielwarenmesse in Nürnberg vorstellte. Genau dort feiert die Spielzeugmarke aus dem mittelfränkischen Zirndorf das runde Jubiläum und will zugleich ein neues Kapitel in seiner wechselvollen Geschichte aufschlagen, wie Playmobil-Vorstand Bahri Kurter ankündigt. «Wir stellen uns jetzt strategisch neu auf.»

Neustart mit neuen Zielgruppen

3,8 Milliarden Playmobil-Figuren wurden in den vergangenen 50 Jahren gefertigt, in mehr als 100 Ländern sind diese erhältlich. Trotzdem lief es zuletzt nicht mehr so gut für die Traditionsmarke. Der Mutterkonzern, die Horst Brandstätter Group, streicht nach zwei wirtschaftlich schwierigen Jahren mit Einbußen bei Umsatz und Gewinn 700 Stellen weltweit. Genaue Geschäftszahlen nennt die Gruppe generell nicht.

Offen spricht Kurter dagegen über die Probleme von Playmobil, die aus seiner Sicht zum Teil hausgemacht sind. In den vergangenen Jahren sei die ursprüngliche Zielgruppe der vier bis zehn Jahre alten Kinder um ein Drittel geschrumpft, weil sich die älteren zunehmend mit digitalen Medien beschäftigten, sagt er. Man habe aber versucht, diese neuen Probleme mit alten Konzepten zu beheben. «Und das hat nicht so funktioniert, wie wir das wollten.» Eine Neuausrichtung, die Kleinkinder und die Sammelleidenschaft von Jugendlichen und Erwachsenen anspricht, soll nun neue Käuferinnen und Käufer bringen.

Mit einer Neuausrichtung begann auch die Geschichte von Playmobil: Einst stellte der Spielzeugproduzent Horst Brandstätter Hula-Hoop-Reifen, Trettraktoren und andere große Kunststoff-Artikel her. Bereits 1971 hatte Entwickler Hans Beck die Idee für die ersten Playmobil-Figuren. Als dann im Zuge der Ölkrise die Preise für Kunststoffe enorm stiegen, erkannte Brandstätter darin eine Chance, neue Spielzeuge zu fertigen, für die man weniger Kunststoff brauchte.

Heute weit bekannt, damals revolutionär neu

Zu den ersten Playmobil-Männern gesellten sich bald Frauen, Kinder und Tiere. Es entstanden ganze Themenwelten wie Ritterburg, Bauernhof oder Piratenschiff, die sich erweitern und kombinieren ließen. «Es war perfekt durchkomponiert, das hatte etwas verblüffend Neues», sagt Karin Falkenberg vom Spielzeugmuseum in Nürnberg. Kinder konnten sich dadurch mit ihren Playmobil-Sachen zum Spielen verabreden.

«Neu war auch die Alltagsbezogenheit», sagt die Expertin. Man könne die Arme der Figuren bewegen, diese auf Stühle oder in Fahrzeuge setzen, ihnen Schals umlegen und diesen etwas in die Hände stecken. Auch die Größenverhältnisse zwischen Figuren, Häuser, Tieren oder Bäumen seien realistisch, was bei früheren Spielzeugen nicht der Fall gewesen sei.

Ein freundliches Lächeln

Mit der Zeit wurden die Figuren diverser mit verschiedenen Frisuren, Haut- und Augenfarben, zum Teil kamen Wimpern oder rote Wangen dazu. Auch die Themenspanne wurde größer: Heute bevölkern unter anderem Feen, Pferde mit kämmbaren Haaren, Dinos und Ninja-Kämpfer die Playmobil-Welt.

Jahrzehntelang blieb der Gesichtsausdruck der Figuren dagegen immer derselbe: ein freundliches Lächeln. Selbst fiese Piraten und böse Krieger blickten bei Playmobil gut gelaunt drein. Doch auch das ändere sich jetzt, sagt Kurter.

«Die Zeit, in der Kinder hemmungslos mit Spielzeug spielen, wird immer kürzer», sagt Falkenberg. Das Credo vieler Hersteller lautet deshalb: Zielgruppe erweitern. Dabei nehmen sie inzwischen sogar Jugendliche und Erwachsene in den Blick, die eigentlich längst aus dem Spielalter heraus sein sollten. Produkte für «Kidults» - eine Wortschöpfung aus kid (Kind) und adults (Erwachsene) - sind nach Ansicht der Spielwarenmesse einer der wichtigsten Trends der Branche.

Der dänische Weltmarktführer Lego macht das schon länger erfolgreich. Sets mit vielen Tausend Steinen, mit denen man zum Beispiel die Titanic oder den Eiffelturm nachbauen kann, richten sich gezielt an die Altersgruppe 18+. Dazu kommen erfolgreiche Lizenzen wie «Star Wars» und «Harry Potter». Lego sei vor 20 Jahren vor einem Scheidepunkt gewesen wie jetzt Playmobil, sagt Kurter. Statt auf Lego und andere Konkurrenten zu schauen, wolle er aber mehr an den Stärken von Playmobil arbeiten.

Promis und Fußballer als Sammelfiguren?

Welche das sind, kann Spielwarenhändler Matthias Wiedmann aus dem baden-württembergischen Backnang aus der Praxis beantworten. «Ich denke, dass die klassischen Themen die Stärke von Playmobil sind.» Das merke er auch an der Reaktion der Kundinnen und Kunden in den 15 Geschäften, die die Familie Wiedmann nördlich von Stuttgart betreibt. Das Piratenschiff und der Bauernhof seien zum Beispiel immer gefragt.

Den Playmobil-Rekord allerdings hält eine Sonderfigur: Martin Luther verkaufte sich bisher 1,2 Millionen Mal weltweit. Und an diesen Erfolg will Kurter anknüpfen. Künftig werde es Sammelfiguren von verschiedenen Prominenten geben, sagt er. Welche, wollte er noch nicht verraten. Außerdem werde es eine Zusammenarbeit mit der Fußball-Nationalmannschaft zur Europameisterschaft im Sommer geben.

Von Irena Güttel, dpa
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