«Es knallt aus den Lautsprechern, und ich werde davon mitgerissen» - mit diesen Worten beschreibt Nick Cave das neue Album, das er zusammen mit seinen Bad Seeds aufgenommen hat. Knapp fünf Jahre mussten Fans warten, bis sie wieder eine Platte mit neuen Liedern dieser Kombination in den Händen halten durften. Mit «Wild God» ist es nun so weit.
Hinter dem Frontmann der australischen Band liegt eine schwere Zeit. 2016, ein Jahr nach dem Tod seines 15 Jahre alten Sohnes Arthur, erschien die Platte «Skeleton Tree», 2019 folgte «Ghosteen». 2022 gab Cave den Tod seines Sohnes Jethro bekannt. Mit dem ambientartigen Trauerklang, der sich wie zäher Nebel über die jüngsten Alben gelegt hatte, scheint es bei «Wild God» vorbei zu sein - der Beat ist zurück.
Der 66 Jahre alte Sänger sagte über die gemeinsame Produktion mit seinem musikalischen Partner Warren Ellis, es sei ein kompliziertes Album, aber auch mit Freude ansteckend. «Wenn ich mir das hier anhöre, scheint es mir, als wären wir glücklich», so der Songpoet.
«Wild God» umfasst zehn Songs. Eine biblische Zahl, die neben den zehn Plagen und zehn Geboten, auch für Vollkommenheit steht. Passend zur Wiedervereinigung. Cave nahm die Arbeit für das Album, das nach Neustart klingt, passenderweise am Neujahrstag 2023 auf.
Kaltes Wasser gegen die Trauer
Die Platte startet ruhig, aber kraftvoll, mit morgenfrischen Tönen und einem kostbaren Moment: In «Song of the Lake» badet eine Frau im See, ein Mann beobachtet sie dabei. Er weiß, dass er den Himmel gefunden hat, während die Hölle noch an ihm zerrt. Neben den religiösen Bezügen fließt auch das Element Wasser immer wieder in Caves Texte ein.
Das ist kein Zufall. In einem Eintrag auf seiner Internetseite «The Red Hand Files», wo der Australier meist ausführlich Fragen seiner Fans beantwortet, gibt er einen Einblick, was ihm das Wasser bedeutet. «Ich habe hin und wieder gehört, dass es Menschen gibt, die morgens glücklich aufwachen. Leider kann ich mich nicht dazu zählen», schreibt der Singer-Songwriter auf die Frage, was ihn glücklich mache.
«Aber ich habe etwas gefunden, was ich tun kann, um diesen traurigen Zustand deutlich zu verbessern - wildes Schwimmen, oder genauer gesagt, Kaltwasserschwimmen.» Nach dem Tod seines Sohnes Arthur habe er festgestellt, dass es unmöglich sei, in Eiswasser zu trauern. «Mit dieser Enthüllung begann meine Liebesaffäre mit dem Kaltwasserschwimmen», schreibt er weiter.
Von Göttern, Fröschen und Zimtpferden
Und auch in zweiten Song «Wild God», der vorab als Single ausgekoppelt wurde, schwimmt der besungene Protagonist. «Dieser wilde Gott befindet sich in einem Zustand der Not», sagte Nick Cave dem Magazin «Musikexpress». «Er hat etwas verloren, das er unbedingt zurückhaben will. Er sucht nach jemandem, der noch an ihn glaubt.» Der Sound in Kombination mit der tiefen Stimme klingt mächtig, erzählt eine tragische Geschichte, die sich an einem Punkt plötzlich erhebt und beinahe eine hoffnungsvolle Energie ausstrahlt.