Ein Radfahrer steht neben einem Auto von Mercedes mit Dieselantrieb.
Marijan Murat/dpa
Ein Radfahrer steht neben einem Auto von Mercedes mit Dieselantrieb.
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Mercedes ruft Zehntausende Diesel-Fahrzeuge zurück

Vor mehr als acht Jahre ist der Diesel-Skandal aufgeflogen. Nun muss Mercedes erneut Autos in die Werkstätten beordern. Betroffen sind wohl mehr als 100.000 Fahrzeuge. Grund ist eine umstrittene Technik.

Mercedes-Benz muss allein in Deutschland Zehntausende Diesel-Autos wegen des erneuten Vorwurfs einer illegalen Abgastechnik zurückrufen. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) habe einen entsprechenden Bescheid erlassen, teilte der Stuttgarter Autobauer am Mittwoch auf Anfrage mit. Betroffen sei voraussichtlich eine untere sechsstellige Zahl von Fahrzeugen. Das KBA war für eine Stellungnahme zunächst nicht erreichbar. Zuvor hatten «Spiegel» und Bayerischer Rundfunk über den Bescheid berichtet.

Die Anordnung bezieht sich nach Hersteller-Angaben auf verschiedene Diesel-Modelle der Abgasnorm Euro 5 und Euro 6b. Die Autos benötigen demnach ein Softwareupdate. Kundinnen und Kunden würden schriftlich informiert, wenn ihr Fahrzeug Teil der KBA-Anordnung sei und ein Update aufgespielt werden müsse, hieß es.

Grund für den Rückruf: Thermofenster

Der Grund für den Rückruf sind sogenannte Thermofenster, die auch von anderen Herstellern standardmäßig eingesetzt wurden. Normalerweise wird ein Teil der Abgase direkt wieder im Motor verbrannt - zum Beispiel um weniger giftige Stickoxide auszustoßen. Je nach Außentemperatur wird dieser Mechanismus allerdings automatisch gedrosselt - um den Motor zu schützen, wie die Hersteller sagen.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte 2022 in einem Urteil aber klargestellt, dass eine Software, die «einen überwiegenden Teil des Jahres» einen höheren Ausstoß von Schadstoffen zulasse, grundsätzlich unzulässig sei. Thermofenster zum Schutz des Motors seien nur dann rechtens, wenn keine andere Lösung Risiken abwenden könne.

Mercedes: Umfängliche Kooperation mit dem KBA

Nach dem EuGH-Urteil habe das KBA seine Rechtsauffassung in diesem Zusammenhang weiterentwickelt und Mercedes-Benz nunmehr aufgefordert, die entsprechenden Kalibrierungen in der Motorsteuerung bestimmter Fahrzeugvarianten zu ändern, teilte eine Sprecherin des Autobauers mit. Und weiter: «Noch bis zu dem EuGH-Urteil haben die europäischen Typgenehmigungsbehörden entsprechende Temperatursteuerungen der Abgasrückführung generell für zulässig gehalten». Man kooperiere vollumfänglich mit dem KBA.

Mercedes muss sich seit Jahren mit Abgas-Vorwürfen auseinandersetzen. Das KBA hat seit 2018 bereits mehrere Rückruf-Bescheide wegen einer unzulässigen Abgastechnik gegen den Hersteller erlassen. Betroffen waren allein in der Bundesrepublik Hunderttausende Fahrzeuge. Seit Bekanntwerden des Skandals muss der Stuttgarter Autobauer auch immer wieder vor Gericht. In Deutschland klagten bislang mehr als 30.000 Verbraucherinnen und Verbraucher. Darüber hinaus wird seit September über eine Musterklage von Anlegern und Investoren verhandelt, die für entstandene Verluste Hunderte Millionen Euro Schadenersatz fordern.

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