Einsatzkräfte der Polizei stehen vor einem Veranstaltungsgelände.
Jason Tschepljakow/dpa
Einsatzkräfte der Polizei stehen vor einem Veranstaltungsgelände.
Polizeieinsatz

Großeinsatz mit Wasserwerfer: Eritrea-Festival friedlich

Diesmal wollte die Polizei vorbereitet sein: Nach massiven Ausschreitungen bei einer Eritrea-Veranstaltung im September ist sie diesmal bei einem ähnlichen Festival in Stuttgart mit einem Großaufgebot vor Ort. Es bleibt friedlich.

Mit einem Großaufgebot an Einsatzkräften, Wasserwerfern und einem gepanzerten Räumfahrzeug hat die Polizei in Stuttgart am Samstag ein Eritrea-Festival begleitet. Die Veranstaltung war laut Ankündigungsplakat vom Eritreischen Verein für Körperbehinderte organisiert worden, der dazu in eine Sporthalle im Stadtteil Zuffenhausen geladen hatte. Rund 300 Menschen haben dort Platz - es seien allerdings weniger gekommen, teilte die Polizei mit.

Zwischenfälle gab es bis zum frühen Abend nicht. Auch Kontrollen der Besucher, von der Polizei bereits im Vorfeld angekündigt, hatten nach Worten eines Sprechers keine Auffälligkeiten ergeben. Die Beamten hatten unter anderem überprüft, ob gegen Teilnehmer etwa Einreiseverbote bestanden. Die Beamten wollten bis zum Ende der Veranstaltung gegen 23 Uhr noch in unveränderter Stärke vor Ort bleiben, wie eine Polizeisprecherin am Abend sagte.

Die Polizei hatte sich für einen Großeinsatz entschieden, nachdem es im September in Stuttgart bei einem ähnlichen Eritrea-Festival zu massiven Ausschreitungen gekommen war. Damals mussten die Beamten eine Veranstaltung der regimefreundlichen Eritrea-Vereine gegen heftig randalierende Demonstranten verteidigen. Teilnehmer der Veranstaltung, die laut Polizei dem diktatorischen Regime in Afrika nahestanden, sowie Polizeibeamte waren mit Latten, Stangen, Steinen und Flaschen angegriffen und mindestens 34 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte verletzt worden. Gegen mehr als 232 Beschuldigte wurde ermittelt. Im Juli war es bereits in der hessischen Stadt Gießen zu Ausschreitungen bei einem Eritrea-Festival gekommen.

Für die aktuelle, als Benefiz-Festival geführte Veranstaltung in Stuttgart-Zuffenhausen war befürchtet worden, dass sie ebenfalls Gegner der herrschenden Regierung des afrikanischen Landes auf den Plan rufen könnte. Denn eine Vielzahl der eritreischen Vereine in Deutschland gilt als regierungsnah. Eine eigentlich geplante Gegendemonstration eritreischer Regimegegner war aber zuvor abgesagt worden.

Der Eritreische Verein für Körperbehinderte veranstaltete am Samstag auch noch ein ganztägiges Hallenfußball-Turnier im Stuttgarter Westen, das bereits um 8 Uhr morgens begonnen hatte. Auch dort war nach Angaben der Polizei alles ruhig geblieben.

Die zunehmend gewaltsameren Auseinandersetzungen auch in Deutschland zwischen Gegnern und Befürwortern des Regimes werden von Experten als Stellvertreter-Kriege gesehen: Nach 30 Jahren bewaffneten Widerstands hatte sich Eritrea 1993 von Äthiopien getrennt. Seither wird es von Staatspräsident Isaias Afewerki in einer Ein-Parteien-Diktatur regiert. Opposition ist verboten, auch gibt es keine Verfassung, Gewaltenteilung oder Wahlen. Zudem herrscht ein strenges Wehrdienst- und Zwangsarbeitssystem, vor dem viele Menschen ins Ausland fliehen. Eritrea gehört zu den ärmsten Ländern der Welt. Wegen politischer Verfolgung und der Menschenrechtslage sind Abschiebungen nach Eritrea aktuell nicht möglich.

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