Fußball: Bundesliga, VfL Bochum - VfB Stuttgart, 18. Spieltag, Vonovia Ruhrstadion: Bochums Ivan Ordets (l) lacht nach dem Schlusspunkt, Stuttgarts Deniz Undav ist enttäuscht.
David Inderlied/dpa
Fußball: Bundesliga, VfL Bochum - VfB Stuttgart, 18. Spieltag, Vonovia Ruhrstadion: Bochums Ivan Ordets (l) lacht nach dem Schlusspunkt, Stuttgarts Deniz Undav ist enttäuscht.
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Fahnen-Posse: Spiel in Bochum vor dem Abbruch

Weil Zaunfahnen Fluchttore versperren, dauert die Pause im Spiel zwischen Bochum und Stuttgart fast eine Stunde. Es droht gar ein Spielabbruch. Für den VfB nicht der einzige Grund, gefrustet zu sein.

Sebastian Hoeneß war sichtlich bedient. Die Fahnen-Posse von Bochum und der Fehlstart seiner Mannschaft ins neue Jahr drückten dem Stuttgarter Fußball-Trainer mächtig auf die Stimmung. «Keiner schaut gut aus, wenn so eine Situation entsteht. Da haben wir alle - wir, die andere Seite - einfach kein gutes Bild abgegeben», kommentierte der 41-Jährige nach dem unglücklichen 0:1 (0:0) der Schwaben mit Blick auf das Chaos, das die Geduld aller Beteiligten vor Beginn der zweiten Halbzeit auf eine harte Probe stellte.

Zum Ärger vieler anderer Zuschauer weigerten sich VfB-Fans, eine Zaunfahne zu entfernen, die ein Fluchttor blockierte. Diese war nach Angaben des VfL Bochum «regelwidrig» angebracht worden. Auch die Versuche von Hoeneß und einigen Spielern, die Ultras zum Einlenken zu bewegen, blieben lange Zeit erfolglos. Erst rund eine Stunde nach dem Halbzeitpfiff ging es weiter, nachdem die Ösen des Banners gelockert worden waren und die Fluchttore im Notfall wieder hätten geöffnet werden können.

Währenddessen hielten sich die Profis auf dem Rasen bei eisiger Kälte mit Trainingsübungen warm. «Das war das längste Spiel, das ich je gespielt habe», klagte Bochums Kapitän Anthony Losilla. Zwischenzeitlich drohte sogar ein Spielabbruch. «Wir standen kurz davor», verriet VfL-Sportdirektor Marc Lettau. Für Bochums Trainer Thomas Letsch wäre das ein unwürdiges Szenario gewesen: «Ich möchte mir nicht vorstellen, dass solch ein Spiel abgebrochen wird wegen so einer unnötigen Geschichte.»

Für Schiedsrichter Bastian Dankert war die lange Verzögerung jedoch unvermeidlich. «Das Regelwerk besagt, dass man nach 30 Minuten sagt: Sehen wir noch ein bisschen Licht am Ende des Tunnels oder nicht. Wir wurden nach 30 Minuten darüber informiert, dass es schon eine Möglichkeit gebe, dass wir das Spiel wieder fortsetzen können», sagte der Referee der ARD: «Dementsprechend haben wir diesen Moment auch ausgereizt.»

Einen ähnlichen Vorfall hatte es bereits beim Heimspiel der Bochumer Ende September gegen Mönchengladbach gegeben, als erst mit Verspätung angepfiffen wurde. Kritik an der Vorgehensweise, die Zaunfahne nicht eigenmächtig zu entfernen, wies der VfL Bochum in einer Mitteilung zurück: «Ein Entfernen der Banner durch Ordnungskräfte des VfL stellte keine Option dar, um die angespannte Situation nicht weiter eskalieren zu lassen.»

Fabian Wohlgemuth stellte eine Aufarbeitung des Vorfalls in Aussicht, der auch lange nach dem Schlusspfiff für Diskussionen sorgte. «Grundsätzlich muss man die Situation analysieren - mit unseren Fans, mit dem Veranstalter», sagte der Stuttgarter Sportdirektor. Auch der Revierclub sieht noch Gesprächsbedarf. «Der VfL Bochum 1848 wird die Vorkommnisse erneut zum Anlass nehmen, um über weitere zukünftige Maßnahmen zu beraten», hieß es in der Vereinsmitteilung.

Mehr noch als die rund einstündige Halbzeitpause machte den Stuttgartern die erneute Niederlage zu schaffen. Auch im vierten Saisonspiel ohne Torjäger Serhou Guirassy gab es keinen Punkt. Zwar bot die Mannschaft in Bochum eine bessere Leistung als bei der Schlappe eine Woche zuvor in Mönchengladbach, ließ aber trotz spielerischer Dominanz viele Torchancen ungenutzt.

Der vor der Winterpause noch üppige Sieben-Punkte-Vorsprung des Tabellendritten auf den Fünften BVB ist binnen kürzester Zeit auf einen Zähler zusammengeschrumpft. «Den Start ins neue Jahr hatten wir uns anders erhofft als mit zwei bitteren Niederlagen», klagte Sportdirektor Wohlgemuth. «Dennoch kann man der Mannschaft nicht allzu viel vorwerfen. Wir haben es mit allem versucht, was wir hatten - nachher mit der Brechstange.» Auch Hoeneß verzichtete auf harsche Kritik an seinen Profis: «Gegen Gladbach waren wir mehr schlecht als gut. Heute sehe ich das anders. Wir haben über 90 Minuten viel richtig gemacht.»

Der VfB-Trainer ist zuversichtlich, dass sich die aktuelle Schwächephase nicht zum Dauertrend entwickeln wird: «Diese Phasen gibt es. Jetzt ist es wichtig, dass wir eine gute Balance finden aus cool bleiben, aus zusammenbleiben. Aber auch ein Bewusstsein schaffen, dass man diese Phasen nicht einfach so übersteht, ohne etwas zu machen.»

Von Heinz Büse, dpa
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